Anlass-Spenden gelten dem Anlass, nicht dem guten Zweck

Dr. Christoph MüllerleileDr. Christoph Müllerleile     Foto: © Dr. Christoph Müllerleile Von Dr. Christoph Müllerleile

Wer auf Geschenke zugunsten guter Zwecke verzichtet, hat ein Recht darauf zu erfahren, wer spendet und wie wertvoll das Geschenk gewesen wäre, hätte man es angenommen. Wer jemanden beschenken will, der auf das Geschenk zugunsten eines bedürftigen Dritten verzichtet, hat ein Recht darauf, dass der Verzichtende von dem Geschenk und dessen Wert Kenntnis erhält.

Der Schenkende spendet nicht um des guten Zwecks willen, sondern weil der Verzichtende darum gebeten hat und ihm keine andere Möglichkeit bleibt, seine Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. Auch die Höhe des Verzichts bemisst sich weniger an dem guten Zweck, sondern an dem, was der Verzichtende erwarten darf.

Das klingt etwas kompliziert, trifft aber genau die Umstände, unter denen Anlassspenden zu sehen sind. Geschenke werden nicht selbstlos gewährt, sondern haben Tauschcharakter. Man gibt etwas zurück von dem, was man vom anderen empfangen hat. Oder man stellt eine Imparität her, die der andere durch Gegenleistung wettmachen soll. Das Geschenk, auf das verzichtet wird, gilt jedenfalls nicht in erster Linie der gemeinnützigen Organisation, der es durch Verzicht zugutekommt.

Gerne werden solche Tauschbeziehungen auch öffentlich gemacht. Aus dem Verzicht auf Weihnachtsgeschenke werden Schecks für Arme, aus traurigen Anlässen durch Verzicht auf Blumen und Kränze Hilfen für die Lebenden, aus Geburtstagen des langjährigen Präsidenten der Handelskammer Geschenklawinen für das örtliche Behindertenturnen. Und das nicht selbstlos, sondern eher in der Erwartung öffentlicher Anerkennung, im besten Falle zur Vermeidung eines rasch welkenden Blumenmeeres.

Kürzlich feierte ich einen runden Geburtstag und verzichtete wie üblich auf Geschenke zugunsten einer lokalen Organisation, die ich besonders schätze, die aber auswärtige Gäste überhaupt nicht kannten. Selbstverständlich habe ich mir von der Organisation alle Namen und Beträge nennen lassen, die Anschriften für die Spendenquittungen ergänzt und mich bei jedem Spendenden schriftlich bedankt. Wer bei der Feier bar spendete, bekam seinen Dank von mir persönlich und ebenfalls eine Bestätigung seiner Zuwendung. Ich selbst hätte mich gewundert, wäre ich einer der Spender gewesen und hätte von dem Jubilar nichts mehr gehört.

Das scheint vielen Organisationen nicht bewusst zu sein, denn was im lokalen Bereich üblich ist, gilt selbstverständlich auch für Anlassspenden an überregionale Organisationen. Da lese ich auf einschlägigen Internetseiten und in Mailings, dass „auf Wunsch“ die Gesamthöhe der eingegangenen Anlassspenden mitgeteilt wird, aus Datenschutzgründen aber keine einzelnen Spender und Spendenhöhen genannt werden können. Hier werden Spender vor etwas geschützt, was ihre Spende entwertet, nämlich vor der Anerkennung ihrer guten Gabe durch den eigentlich Beschenkten. Solche Organisationen dürfen sich nicht wundern, wenn sie wenig Anlassspenden bekommen, weil dann doch lieber die örtliche Obdachlosenhilfe oder die Umweltinitiative, denen solche Bedenken fremd sind, berücksichtigt werden. Anlassspenden gelten dem Veranlasser, nicht der guten Tat.

Es wäre nützlich, wenn Fundraiserinnen und Fundraiser sich mehr mit den Motiven ihrer Förderer beschäftigen würden. Besuchern einer Benefizgala ist es ja auch ziemlich egal, wem der Erlös zugutekommt, wenn der Zweck nicht gerade anrüchig ist. Die meisten wollen in erster Linie dabei sein, gesehen werde, sich gut unterhalten, zwanglos Geschäfte anbahnen und erst in zweiter Linie Gutes tun. Die guten Werke sind hier nur Stellvertreter.

Dass auch Motive mit Tauschcharakter gut fürs Fundraising sind, wissen viele. Sie sollten sich aber auch darauf einlassen.
 

Dr. Christoph Müllerleile ist freier Fachautor für Fundraising und Philanthropie. Der Kommentar stellt seine persönliche Meinung dar. Kontakt: info@fundraising-buero.de

 

Publikation: