„Das Ziel von Markenpositionierung: eine vertrauensvolle und stabile Beziehung zum Spender.“

Carsten FuchsCarsten Fuchs, geschäftsführender Gesellschafter von Gute Botschafter, erklärt, warum es für Hilfsorganisationen so wichtig ist, ein gutes Markenimage zu entwickeln. © HeidenreichEine Marke sein, von Spendern immer wieder­erkannt zu werden, welche Organisation möchte das nicht von sich behaupten? Der Aufbau eines un­miss­ver­ständ­lichen Images ist grund­legend für eine lang­fristige erfolg­reiche Beziehung. Schafft die Organi­sation es, klare Bilder und Vorstel­lungen über ihre Tätigkeit hervorzurufen, sich im Vergleich mit anderen Non-Profit-Organi­sationen zu differen­zieren und ein glaub­haftes Leistungs­versprechen abzugeben, wird sie eine einzig­artige Stel­lung in den Köpfen der Spender erreichen. Wie man es schafft, eine gut aufge­stellte Marke zu sein, zu der auch Mut sowie Ecken und Kanten gehören, erklärt Carsten Fuchs, geschäfts­führender Gesell­schafter von Gute Botschafter, im Gespräch mit Claudia Wohlert.

Fundraising-Echo: Herr Fuchs, die Landschaft der gemeinnützigen Organisationen in Deutschland ist vielfältig. Wie viele davon würden Sie als Marke bezeichnen?

Carsten Fuchs: Im Prinzip ist jede Organisation eine Marke. Rein technisch gesehen, auch wenn sie nicht gut aufgestellt ist. Die Frage müsste eher lauten: Wie viele Organisationen sind eine gut aufgestellte Marke? Das sind schätzungsweise 25 Prozent im Non-Profit-Bereich.

Fundraising-Echo: Könnten Sie kurz darstellen, was Sie unter einer Marke verstehen?

Fuchs: Eine Marke ist das Zusammenspiel von allen markenbildenden Eigenschaften, die eine Organisation, ein Produkt und natürlich eine Person haben kann. Dazu gehört nicht nur das äußere Erscheinungsbild, also zum Beispiel das Markenzeichen, die Bildsprache, das Corporate Design, sondern auch, was Marke sonst noch ausmacht. Da wären der Markencharakter, die Markentonalität und die ausgestrahlten Botschaften. Denkt man an eine Organisation, so spielen die Mitarbeiter eine zentrale Rolle für die Markenbildung. Was erlebe ich dort, wenn ich anrufe? In welcher Art und Weise wird mit mir umgegangen, wenn ich Post von der Organisation bekomme? Wie spricht man mich an? Alles zusammen ergibt die Marke, wie ein großes Mosaik.

Fundraising-Echo: Demnach spielt die Kommunikation der Organisation eine zentrale Rolle bei der Markenpositionierung nach innen und außen?

Fuchs: Die Kommunikation ist das, woran man Marke letztlich erleben kann. Durch die Kommunikation wird die Marke sichtbar, hörbar, erlebbar. Das heißt, eine Marke, die nicht kommuniziert, die gibt es im Prinzip nicht. Ohne Kommunikation keine Wahrnehmung. Deshalb reden viele über die Kommunikation, wenn sie über eine Marke reden. Aber ich kann nur das kommunizieren, was vorher gut gebaut worden ist.

Fundraising-Echo: Sie sagen, dass Positionierung so klar wie möglich sein muss, um in unseren Köpfen hängen zu bleiben. Warum? Was genau passiert in unseren Köpfen?

Fuchs: In unseren Köpfen gibt es eine natürlich Selektion. Der erste Schritt ist, dass ich nur für mich attraktive Dinge wahrnehme. Das kann auch etwas Negatives sein, wichtig ist, dass es meine Aufmerksamkeit gewonnen hat. Im nächsten Schritt selektiert unser Gehirn unbewusst, ob es relevant für mich ist. Ein Beispiel: Bin ich gerade Vater geworden, sehe ich viel Werbung, die sich um Babyprodukte dreht. Die Werbung war auch vorher da, nur ich habe sie nicht wahrgenommen, weil sie für mich keine Bedeutung hatte. Das, was in den Köpfen übrig bleibt, ist das Bild, was letztlich eine Marke ausstrahlt. Für Non-Profit-Organisationen bedeutet das, will ein Mensch sich für Kinder in ärmeren Ländern engagieren, dann wird ihn die Kommunikation der Marken ansprechen, die das klar kommunizieren.

Fundraising-Echo: Demnach muss erst der Wunsch bei mir da sein, bevor die Selektion stattfindet? Oder kann die Selektion auch durch eine Marke hervorgerufen werden?

Fuchs: Beides. Wobei der Wunsch der bessere Weg ist. Überall dort, wo vorher ein Wunsch, ein Bedürfnis, eine Notwendigkeit da ist, hat alles, was Kommunikation beziehungsweise Werbung im weitesten Sinne angeht, es viel leichter. Wenn ich Hunger habe, nehme ich alle Schilder von Bäckereien sofort wahr. Das Zweite funktioniert natürlich auch, sonst würden ganz viele Marken überhaupt nicht überleben. Sie versuchen mit ihren Botschaften, bei mir Bedürfnisse zu wecken. Im schlimmsten Fall Dinge, die ich nicht brauche.

Fundraising-Echo: Wie könnte eine Non-Profit-Organisation dieses Bedürfnis hervorrufen?

Fuchs: Im besten Falle, und das machen viele Organisationen, bestimmen sie die Zielgruppe. Wen möchte ich erreichen? Sind das alte, junge, christliche oder nicht-christliche Menschen? Anschließend unterhalten sie sich mit ihnen, um herauszufinden, was interessiert diese Menschen? In welcher Welt leben sie? Welche Bedürfnisse haben sie? Möchten sie Bilder von weinenden Kindern sehen oder lieber die Früchte der Arbeit, dass das Kind in der Schule sitzt? Wichtig ist, dass man herausfindet, was die Zielgruppe will. Denn je besser ich darauf eingehen kann, desto besser und leichter gelingt es, meine Botschaften zu positionieren. Das ist das Ziel von Markenpositionierung, eine vertrauensvolle und stabile Beziehung zum Spender.

Fundraising-Echo: Herr Fuchs, Ihrer Meinung nach sollte jede Organisation vier zentrale Fragen beantworten:

  1. Wer bin ich?
  2. Was treibt mich an?
  3. Was unterscheidet mich von den anderen?
  4. Warum soll gerade uns jemand unterstützen?

Führt mich die Beantwortung der W-Fragen zum Erfolg?

Fuchs: Es ist auf jeden Fall die Basis für den Erfolg. Wenn ich die W-Fragen beantwortet habe, muss die Kommunikation dazu gut sein. Stellen Sie sich vor, Sie bekommen einen Spendenbrief einer Ihnen unbekannten Organisation. Wenn der Brief es nicht schafft, Ihnen die W-Fragen in Kürze zu beantworten, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie für diese Organisation spenden, verschwindend gering.

Fundraising-Echo: Sie haben bei Gute Botschafter ein Spiel mit dem Namen „Eigenland“ entwickelt. Wie setzen Sie es im Positionierungsprozess ein?

Fuchs: „Eigenland“ ist die Möglichkeit, auf spielerische Art und Weise die kollektive Intuition eines Teams oder einer Organisation in nur einem Tag besprechbar und visualisierbar zu machen. Zahlen, Daten und Fakten, die die Organisation hat, ergänzen wir durch das Unbewusste, das in den Köpfen und Herzen der Mitarbeiter steckt. Das machen wir für alle sichtbar. Viele erkennen da zum ersten Mal, welche Potenziale in ihnen schlummern, über die sie noch nie gesprochen haben. „Eigenland“ schafft spielerisch den Zugang zu wichtigen Themen, die für die Positionierung elementar sind.

Fundraising-Echo: Zu welchem Zeitpunkt setzen Sie das Spiel ein?

Fuchs: Ganz am Anfang. Es ist der Schritt in die Analyse und der Start in den Prozess. Und ganz am Ende, nach zirka 18 Monaten, um das, was man über lange Zeit gebaut hat, zu evaluieren. Die gleichen Fragen noch einmal zu stellen, macht sichtbar, ob die Organisation sich verbessert hat. Es ist eine subjektive Einschätzung. Nur die einzelnen Mitglieder des Teams sehen, wie sie sich in dieser Zeit verändert und verbessert haben.

Fundraising-Echo: Ist die Arbeit beendet, wenn eine klare Positionierung gefunden wurde?

Fuchs: Ich würde es in zwei Phasen teilen. Die eine ist die Positionierung. Diese Phase ist irgendwann beendet. Anschließend geht es darum, kontinuierlich alles daran stringent auszurichten. Das heißt, alles, was man entscheidet, was neu entwickelt wird, was man kommuniziert, muss an der gefundenen Positionierung ausgerichtet sein. In der Wirtschaft gibt es dafür extra Brandmanager, die nur darauf achten, dass alles, was im Unternehmen stattfindet, sich an der Positionierung ausrichtet. Bei Non-Profit-Organisationen übernehmen wir von außen diese Tätigkeit. Unser Team guckt genau, ob das, was gerade in der Organisation geschieht, noch im Sinne von der gemeinsam erarbeiteten Positionierung ist.

Fundraising-Echo: Was würden Sie einer Organisation raten, die ganz am Anfang einer Markenpositionierung steht?

Fuchs: Für die Positionierung ist zu allererst wichtig, dass sie gewollt ist und zwar von der Leitung einer Organisation. Und zweitens muss man bei einer Positionierung mutig sein. Positionierung heißt Ecken und Kanten zu haben. Wenn ich es allen recht machen will, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Positionierung gut wird, sehr gering. Ich muss mutig sein und ich muss entscheidungsfreudig sein. Positionierung heißt, sich immer wieder für etwas zu entscheiden und damit gleichzeitig auch gegen etwas. Das fällt ganz vielen Organisationen schwer. Aus diesem Grund gelingt eine Positionierung oft nicht. Sie haben Angst, Menschen zu verlieren. Dabei übersehen die Organisationen, dass sie mit einer klaren Entscheidung für andere Menschen zur ersten Option werden, wo sie vorher gar keine Option waren. Sie können auf dem neuen Weg viel mehr Menschen gewinnen.

 

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