Der Preis-Dschungel

Keine Übersicht bei Auszeichnungen und Preisen für gemeinnützige Projekte, aber vielfältiger Nutzen für Gewinner, Bewerber und Geber

Von Christiane Sadtler
 
„Patenschaftsmodell Offenbach erhält CITOYENNE 2014“, „Jakob-Muth-Preis für inklusive Schule verliehen“, „REFUGIO ist erster Preisträger des Karl Kübel Preises 2013“ – so oder so ähnlich lauten die Schlagzeilen, wenn in den Medien von Preisverleihungen für soziale Projekte, gemeinnützige Initiativen und bürgerschaftliches Engagement berichtet wird. Zwar ist es für eine Bewerbung für den jeweiligen Preis dann bereits zu spät, aber eine solche Meldung kann Anstoß sein, sich rechtzeitig nach den Ausschreibungsmodalitäten für das kommende Jahr zu erkundigen.
 
Unsere – längst nicht abschließende – Recherche hat eine Flut von Ausschreibungen und Auszeichnungen zutage gefördert. Was wir nicht finden konnten, ist eine Datenbank, die all diese Preise mit Terminen und weiteren Informationen übersichtlich auflistet. Wie wir vom Bundesverband Deutscher Stiftungen auf Anfrage erfuhren, war eine entsprechende Idee dort vor einiger Zeit geprüft, dann jedoch nicht umgesetzt worden; denn, so Pia Elisabeth Liehr, Mitglied der Geschäftsleitung: „Der Rechercheaufwand stieg ins Unermessliche“. Eine Einschätzung, die wir bereits nach wenigen Stunden Recherche gern teilen.
 
Wer Preise auslobt …
Auszeichnungen werden sowohl von staatlichen Instanzen – Bund, Ländern, Städten – als auch von Stiftungen, Unternehmen, Verbänden unter anderem verliehen. Nicht nur die Gewinner, sondern auch die auslobenden Institutionen profitieren von den Preisen, bieten sie doch gleich mehrere Anlässe für die eigene Öffentlichkeitsarbeit, zum Bespiel die Ankündigung des Preises, die Nominierungen und die Preisverleihung. Zudem verbindet sich etwa die auslobende Stiftung mit den besten Projekten ihrer Region, die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger profitieren von den nominierten zivilgesellschaftlichen Initiativen und Unternehmen können ihr gesellschaftliches Engagement öffentlich machen. Dr. Marita Haibach, stellvertretende Vorsitzende der Stiftung CITOYEN, bringt es so auf den Punkt: „Die Ausschreibung und Vergabe des Stiftungspreises CITOYENNE hat sich als hervorragendes Vehikel erwiesen, um die Arbeit der Stiftung CITOYEN einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln und das Spektrum der geförderten Organisationen zu erweitern.“
 
… und wer sich bewerben kann
Die meisten Ausschreibungen richten sich – je nach thematischer Vorgabe – an eine Vielzahl von Adressaten: private Initiativen, gemeinnützige Organisationen, soziale und kirchliche Einrichtungen, Vereine, Verbände, Universitäten, Kunst- und Kultureinrichtungen, Kommunen, Städte und Unternehmen. Manche Ausschreibung lässt nur Bewerbungen oder Nominierungen von Privatpersonen zu, so zum Beispiel, wenn langjähriges ehrenamtliches Engagement gewürdigt werden soll. Freilich können Non-Profit-Organisationen selbst etwas dafür tun, dass ihre langjährigen Freiwilligen ausgezeichnet werden, indem sie sie selbst benennen oder von befreundeten Personen vorschlagen lassen.
 
Imagegewinn, Knowhow-Transfer und erstaunlich hohe Preisgelder winken
Die Vorteile, die eine Auszeichnung für die Gewinner mit sich bringt, können vielfältig sein: Die eigene Öffentlichkeitsarbeit und die der auslobenden Institution steigern das Image und die Bekanntheit, das Netzwerk wird erweitert, die Spenderbindung wird gestärkt und nicht zuletzt werden zum Teil beachtliche Preisgelder gezahlt. So erhielt zum Beispiel die Gewinnerin des 2013 von der Robert-Bosch-Stiftung vergebenen Deutschen Alterspreises 60.000 Euro, der zweitplatzierte Verein 40.000 Euro und das drittplatzierte Projekt immerhin noch 20.000 Euro.
 
Zudem bekommen die nominierten oder prämierten Initiativen bei einigen Preisen organisatorische oder anderweitige Unterstützung bei der Projektplanung und -umsetzung. Bekanntes Beispiel dafür ist startsocial: Der gleichnamige Verein lobt bundesweit 100 Beratungsstipendien aus. In einer Kooperation von Wirtschaft, öffentlichem Sektor und sozialen Institutionen werden die ausgewählten Initiativen zusammen mit den Projektverantwortlichen weiterentwickelt und optimiert. Die 25 überzeugendsten Projekte werden prämiert und die besten sieben erhalten Preisgelder von insgesamt 35.000 Euro.
 
Anforderungen an die Bewerbung sehr unterschiedlich
Viele ausschreibende Stellen halten auf ihrer Website neben einer detaillierten Ausschreibung auch gleich ein Bewerbungsformular bereit. Andere lassen formlose Bewerbungen zu, geben jedoch Eckpunkte vor. So wird regelmäßig nach dem Konzept des Projektes, einem Kosten- und Finanzierungsplan, einem Zeitplan für die Umsetzung und einer Kurzvorstellung der bewerbenden Organisation gefragt – ganz ähnliche Informationen also, die auch für einen regulären Stiftungsantrag notwendig wären. Überhaupt lassen sich manche Förderprogramme kaum von Auszeichnungen unterscheiden. Zum Beispiel hat die Stiftung Niedersachsen 2014 ein eigenes Programm für Soziokultur ausgeschrieben, bei dem eine Jury insgesamt 150.000 Euro an fünf Einzelprojekte vergibt, ohne dass in diesem Zusammenhang von einem Preis die Rede wäre. In der Regel wird besonderer Wert darauf gelegt, dass die bewerbenden Projekte Modellcharakter haben, innovativ und originell, nachhaltig und auf andere Regionen übertragbar sind. Für Projektverantwortliche dürfte dies eine Herausforderung sein, denn nicht immer wird Neues geplant, und vorrangig müssen erst einmal die bewährten, etablierten Projekte ohne Regelförderung finanziert werden. Ist jedoch ein neues Projekt in der Pipeline, kann es sich lohnen, die Bewerbung für eine Auszeichnung gleich „mitzudenken“. Außerdem kann allein eine Bewerbung schon dabei helfen, das Projekt innovativ, wirksam und kostenbewusst zu planen.
 
Ausschreibungen werden nicht immer mit Bewerbungen überflutet
Die Resonanz auf Ausschreibungen dürfte sehr unterschiedlich sein. So bewarben sich zum Beispiel für den Karl Kübel Preis 2013 insgesamt 137 Initiativen, von denen drei prämiert wurden. Andere Preise hingegen scheinen zunächst keine ausreichende Anzahl von (qualifizierten) Bewerbungen zu erhalten, was die hier und da beobachtete Verlängerung von Bewerbungsfristen nahelegt.
 
Bewerbungsfristen boomen im Frühjahr
Auffallend ist, dass die allermeisten ausschreibenden Institutionen das Bewerbungsfenster für ihren Preis auf das erste Halbjahr – und hier vor allem auf das zweite Quartal – legen. Dies lässt sich mit einer mehrmonatigen Bearbeitungszeit der Bewerbungen erklären. Da die meisten Auszeichnungen die aktuelle Jahreszahl im Titel tragen und demzufolge im selben Jahr verliehen werden müssen, braucht es den entsprechenden Vorlauf. Den braucht es auch bei den Bewerbern. Deshalb regen wir mit diesem Beitrag bereits jetzt an, sich zum Zeitpunkt der Jahresplanung 2015 mit der Möglichkeit einer Bewerbung zu befassen.
 
Aktuell laufende Bewerbungsfristen
Wenn auch die meisten Bewerbungsfristen für diesjährige Preise bereits verstrichen sind oder demnächst verstreichen, so möchten wir doch wenigstens drei, vier Auszeichnungen nennen, für die Sie sich gegebenenfalls noch bewerben können: Bereits am 1. Juli endet die Nominierungsfrist für den Deutschen Engagementpreis 2014, für den man sich nicht selbst bewerben kann. Unter dem Motto „23 Millionen Menschen tun Gutes – und sind dabei nicht zu sehen. Zeigt sie uns!“ sind alle Bürgerinnen und Bürger „dazu aufgerufen, ihre persönlichen Favoriten für den Deutschen Engagementpreis zu nominieren“. Neben der diesjährigen Schwerpunktkategorie „Miteinander der Generationen“ gibt es fünf weitere Kategorien. (Quelle: www.deutscher-engagementpreis.de/Träger: Bündnis für Gemeinnützigkeit, ein Zusammenschluss von Dachverbänden, Organisationen, Experten und Wissenschaftlern) Bis zum 15. Juli läuft noch die Frist bei der Stiftung help and hope. Sie schreibt „Förderpreise für gemeinnützige Organisationen in Nordrhein-Westfalen aus. Auch in diesem Jahr stehen 30.000 Euro zur Vergabe bereit – je 10.000 Euro in den Kategorien Betreuung, Bildung und Beschäftigung.“ (Quelle: www.helpandhope-stiftung.com/Stiftung help and hope)
 
Bewerbungen für den Kommunkationspreis KOMPASS 2014 des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen sind noch bis zum 8. August möglich. „Teilnehmen können Stiftungen aller Rechtsformen mit Sitz in Deutschland in den Kategorien: Gesamtauftritt der Stiftung, Projektkommunikation/Kampagnen und Einzelne Kommunikations­maßnahme. Der Sonderpreis wird in diesem Jahr für den besten Jahresbericht einer Stiftung verliehen.“ (Quelle: www.stiftungen.org/Bundesverband Deutscher Stiftungen)
 
Das Land Hessen kürt jeden Monat die Stiftung des Monats. „Stiftungen, die ausgewählt wurden, erhalten 500 Euro, die dem Stiftungskapital zufließen sollen. Teilnahmeberechtigt sind nur anerkannte gemeinnützige Stiftungen, die ihren Sitz in Hessen haben. Die Stiftung sollte bereits einige Zeit aktiv sein und erfolgreich abgeschlossene Förderprojekte o. a. vorzuweisen haben.“ (Quelle: www.stiftung-hessen.de/Land Hessen) Aus den zwölf Stiftungen des Monats wird im jeweils folgenden Jahr die Stiftung des Jahres gewählt. Sie erhält ein Preisgeld von 10.000 Euro (so war es jedenfalls in den letzten Jahren).
 
Liste ausgewählter Auszeichnungen und Preise – kostenfrei zum Anfordern
Interessierte Leserinnen und Leser können bei der Redaktion eine Liste mit einer aus unserer Recherche entstandenen kleinen Auswahl von Preisen und den entsprechenden Links anfordern bzw. PDF Icon hier direkt abrufen. Wir planen, dieses Thema im Herbst nochmals aufzugreifen und sind dankbar, wenn Sie uns Ihrerseits Preise und Auszeichnungen nennen, für die Sie sich bereits (erfolgreich) beworben haben. Dies würde sehr helfen, unsere jetzige Liste zu erweitern. Schreiben Sie einfach an fundraising-echo@filantro.org.
 

PDF Icon Liste abrufen 
 

Fünf Tipps für Ihre Bewerbung

  • Lesen Sie die Ausschreibung sorgfältig. Sie sagt Ihnen, was der ausschreibenden Stelle besonders wichtig ist.
  • Stellen Sie das Innovative Ihres Projektes heraus. Was ist besonders mutig und einzigartig daran?
  • Weisen Sie besonders auf die Mitarbeit von Freiwilligen hin.
  • Denken Sie bereits in der Planungsphase von neuen Projekten an die Möglichkeit einer Bewerbung.
  • Lokal und regional tätige Organisationen und Einrichtungen sollten im regionalen Umfeld die Augen offenhalten, zum Beispiel nach Ausschreibungen der Sparkassen.

 

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