Deutsche Stiftungen im digitalen Wandel

Von Claudia Wohlert

Europas größter Stiftungskongress, der Deutsche StiftungsTag 2018, stand dieses Jahr in Nürnberg ganz und gar unter dem Motto „Update! Stiftungen und Digitalisierung“. Ein Thema, das die Arbeits- und Realitätswelt von Stiftungen grundlegend verändern wird. Eine zuvor durchgeführte Studie der Stiftung WHU und betterplace lab sieht bei Stiftungen und Non-Profit-Organisationen einen erheblichen Nachholbedarf im Bereich Digitalisierung.
 
In vielen der 130 Veranstaltungen und Gesprächen rund um dieses Schwerpunktthema wurden die Perspektiven und Fragen zum digitalen Wandel erörtert. Die zunehmenden Möglichkeiten der Digitalisierung stellen Stiftungen vor herausfordernde Entscheidungen und Abwägungen, wenn sie weiterhin zum Wohle der Gesellschaft agieren wollen.

Felix Oldenburg, Generalsekretär des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, gab zu bedenken: „Treffen Algorithmen zukünftig Fördererentscheidungen? Werden Projektbeteiligungen von Stiftungen auf dem Gebiet digitaler Innovationen bald die Regel statt die Ausnahme sein? Wie alle Akteure stellt die Entwicklung Stiftungen vor herausfordernde Entscheidungen. Sie müssen sich einmal mehr fragen, wie sie angesichts des voranschreitenden digitalen Wandels ihre Rolle in der Zivilgesellschaft behaupten können.“

Stiftungstag2 Der diesjährige Deutsche StiftungsTag stand ganz im Zeichen des Themas „Digitalisierung". Foto: © David Ausserhofer Grünes Licht für Stiftungsreform

Der digitale Wandel berührt aber noch weitere Bereiche von Stiftungen. Das bisherige Stiftungsrecht muss angepasst werden, fordert der Verband. Professor Michael Göring sagte in seiner Eröffnungsrede: „Stiftungen sind auf dem Sprung in die nächste Generation. Was noch fehlt: ein Stiftungsrecht, das ihnen erlaubt, ihre Arbeit flexibel an den digitalen Wandel, einen volatilen Kapitalmarkt und komplexe globale Problemlagen anzupassen.“

In diesem Zusammenhang fordert der Bundesverband Deutscher Stiftungen, dass es zu Haftungserleichterungen in der Vermögensanlage kommt. Stiftungen wären dann in der Lage, mehr Anlageformen zu nutzen, um höhere Renditen zu erzielen. Des Weiteren gehören mehr Flexibilität und Rechtsklarheit in Bezug auf Satzungsänderungen sowie die Erleichterung von Zulegungen und Zusammenlegungen von Stiftungen zu den konkreten Forderungen des Verbandes. Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung ist vorgesehen, das Stiftungsrecht zu ändern. Bleibt die Frage, ob die bevorstehende Reform in Augen der Stiftungen gelingen wird.

Die nächste Generation stiftet anders

Auch im Zusammenhang mit der nächsten Generation von Stifterinnen und Stiftern sieht Oldenburg die Notwendigkeit der Flexibilität. Seiner Meinung nach kann man nur durch flexible und moderne Modelle die nächste Generation als Stifter gewinnen. Um attraktiv für Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Erben zu bleiben, muss ein Wandel in der Stiftungslandschaft geschehen. Aus diesem Grund wurde ein Next Philanthropie Hub, das Tor zur neuen Generation von Stiftenden, ins Leben gerufen. Ab Sommer 2018 sollen dort die neuesten, internationalen Trends und Wege des Stiftungs- und Philanthropie-Sektors systematisch aufbereitet, geteilt und vernetzt werden.

Spendenaktivistin Ise Bosch erhält Stifterpreis

Die Wahl für den diesjährigen Deutschen Stifterpreis unterstrich nochmals den Wandel in der Stiftungslandschaft. Die Philanthropin Ise Bosch, die sich selbst als Spendenaktivistin und weniger als Mäzenin versteht, wurde für ihr Engagement ausgezeichnet. Neben der klassischen Stiftung nutzt Bosch viele weitere Formen der Philanthropie für ihr Anliegen. Den Kern ihres Engagements bilden Vielfalt und Toleranz für Menschen mit verschiedener sexueller und geschlechtlicher Orientierung.

„Meine Förderungen sollen nachhaltigen sozialen Wandel anstoßen. Sozialer Wandel bewirkt sowohl eine qualitative Verbesserung für die Arbeit vor Ort als auch für die Gebenden. Wir müssen als Gebende lernbereit sein und uns selbst weniger wichtig nehmen“, sagte sie.
 

Wechsel an der Spitze des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen
Die Mitgliederversammlung brachte einen Wandel im Vorstand des Verbandes mit sich. Prof. Michael Göring schied nach 20 Jahren in den Gremien des Bundesverbandes aus und übergab das Amt des Vorsitzenden des Vorstandes an Joachim Rogall, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch Stiftung, ab. Rogall forderte in seiner Antrittsrede: „Wir müssen auch über unsere Stiftungswelt und unsere nationalen Netzwerke hinausblicken und unsere internationalen Perspektiven erweitern.“ Als stellvertretende Vorsitzende wurde Daniela Kobelt Neuhaus, Vorständin der Karl Kübel Stiftung, gewählt.  

 

Publikation: