altes Sparbuch
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von Marike Ziehmann

Die Bank gewinnt immer! Muss das so sein?

Nachrichtenlose Assets sind Konten und Depots, deren Inhaber nicht mehr auffindbar sind. Sie entstehen beispielsweise, wenn der Eigentümer ohne Erben verstorben ist. Wenn über einen Zeitraum von 30 Jahren niemand Anspruch auf das Vermögen erhebt, fließt das Geld als Eigenkapital in die Bilanz der Bank.

In Deutschland gibt es keine Kennzeichnungspflicht für nachrichtenlose Assets. Es gibt also keine Aufzeichnungen darüber, wie viele Assets nachrichtenlos sind oder über die Summe des herrenlosen Geldes. Das Guthaben auf nachrichtenlosen Konten wird jedoch auf etwa neun Milliarden Euro geschätzt – Depots nicht eingeschlossen.

Großbritannien ist Vorbild
Mit der Handhabung, das Geld nach 30 Jahren der Bank zu überlassen, steht Deutschland im internationalen Vergleich sehr einsam da. Von allen G7-Ländern, ist die Bundesrepublik das einzige, das noch keine Regelung zum Umgang mit nachrichtenlosen Konten hat. Wie das Geld dem Gemeinwohl zugutekommen kann, zeigt das Modell aus Großbritannien. Bereits 2012 gründete die britische Regierung die Organisation Big Society Capital (BSC). Diese sammelt das Geld von verwaisten Konten als unabhängige Institution und investiert in soziale Unternehmen und Non-Profit-Organisationen.
Alle Übertragungsvorgänge werden in einem zentralen Melderegister gespeichert. 40 Prozent des übertragenen Geldes bleiben liquide. Damit stellt die BSC sicher, das Geld zurückzahlen zu können, sollte ein berechtigter Anspruch darauf erhoben werden. Das übrige Vermögen wird in den BSC Fonds eingezahlt. In acht Jahren wurden so knapp zwei Milliarden Pfund akquiriert.

 

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Gute Chancen für Sozialen-Innovations-Fonds in Deutschland
Dieses Modell möchte nun auch ein Zusammenschluss aus Unternehmen, die soziale und ökologische Zwecke verfolgen, in Deutschland übernommen wissen. Der Zusammenschluss um seinen 1. Vorsitzenden Markus Sauerhammer nennt sich Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland (SEND). Ihr primäres Ziel: Die Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen. Ein ambitionierter Vorsatz, doch für die großen Probleme unserer Zeit braucht es die entsprechenden finanziellen Mittel. Ein Teil dieser Mittel könnte, wie in Großbritannien, durch das Geld auf nachrichtenlosen Konten gedeckt werden.

Im Dezember des vergangenen Jahres nahmen die Regierungsfraktionen zum Thema nachrichtenlose Konten in einer Pressemitteilung Stellung. Dort heißt es: „Um ihr Potenzial auszubauen und effektiver zu nutzen, wollen CDU/CSU und SPD die Bedingungen für soziale Investitionen verbessern und die entsprechenden Akteure stärker unterstützen.“ Für 2020 habe der Bundestag bereits 7,5 Millionen Euro für „nichttechnische und soziale Innovationsförderung“ bereitgestellt. „Aber es muss noch mehr getan werden“, heißt es seitens Sabine Poschmann MdB (SPD) und Dr. Andreas Lenz MdB (CDU/CSU). „Wir regen einen Sozialen-Innovations-Fonds an. Die Mittel dafür könnten aus Guthaben von Konten kommen, bei denen der Kontakt zu den Eigentümern verloren ging und die sonst den Banken allein zustehen“, so Sabine Poschmann MdB.

Ob die Regierungsfraktionen Wort halten und ein Fonds für soziale Investitionen eingerichtet wird, bleibt zum jetzigen Zeitpunkt abzuwarten.

 

Andreas Lenz MdB CDU/CSU und Sabine Poschmann MdB SPD
Andreas Lenz MdB, CDU/CSU (l) und Sabine Poschmann MdB, SPD (r)
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Hintergrund

SEND e.V. (Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland) ist ein Zusammenschluss von Sozialunternehmerinnen und Unternehmern, die sich für die staatliche Regulierung von nachrichtenlosen Assets einsetzen. Weitere Informationen finden Sie unter www.send.ev

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