An die eigene Organisation spenden?

Müllerleile Kolumnist Dr. Christoph Müllerleile meint ...© Dr. Christoph Müllerleile

von Dr. Christoph Müllerleile

Wann immer ich für eine Organisation als festangestellter Mitarbeiter tätig war, war es für mich selbstverständlich, dort auch Mitglied zu werden und für Kampagnen, die ich selbst initiierte, noch einmal extra zu spenden.

Auch jetzt im aktiven Ruhestand, da die Beziehungen zu Organisationen und Institutionen lockerer werden und sich die Mitarbeit ausschließlich auf freiwilliger Basis gestaltet, ist mir klar, dass eigenes Spenden die Glaubwürdigkeit meiner Fundraising-Aktivitäten deutlich erhöht.

Umso erstaunter war ich, als ich kürzlich in einem Arbeitskreis, der Spenden für die Restaurierung eines denkmalgeschützten Bauwerks sammeln wollte, in verlegene Gesichter blickte, als ich darauf hinwies, dass selbstverständlich alle in dem Kreis mit guten Spenden vorangehen sollten, einschließlich mir selbst. „Wir investieren doch schon unsere Zeit, wir arbeiten doch schon ehrenamtlich für das Projekt, wir spenden doch schon so häufig“, sagten mir die Blicke.

Auch in der Fundraiser-Szene kommt es immer wieder zu Diskussionen, ob Fundraiser für die eigene Organisation spenden sollten, und ob sie bei ihren Arbeitskollegen um Spenden bitten dürfen. Dazu habe ich eine feste Meinung, die durch langjährige Erfahrung im Metier unterstützt wird:

  1. Jede Spende ist freiwillig. Niemand sollte zu einer Spende verpflichtet werden, auch nicht durch sozialen Druck von innen.

  2. Wenn die Einnahmen einer Organisation überwiegend auf Spenden basieren, sollten möglichst alle spenden, die für ihre Arbeit fest bezahlt werden. Wer von Gehaltsempfängern anderer Branchen Spenden erwartet, sollte auch selbst geben, schon um zu unterstreichen, dass alle im gleichen Boot sitzen, wenn auch in unterschiedlichen Funktionen.
     
  3.  Geldspenden sind nur eine von mehreren Spendenmöglichkeiten. Auch Zeitspenden sind Spenden, wenn sie Ausgaben einsparen, die normalerweise bezahlt werden müssten. Das sind geldwerte Leistungen.
     
  4. Wer trotz geldwerter Zeitspenden auch noch Geld spendet, wirkt glaubwürdiger, wenn er oder sie potenzielle Förderer um Geld bittet. Es kommt zwar selten die Rückfrage, ob man denn auch selbst spendet. Förderer können davon ausgehen, dass das so ist.
     
  5. Ob jemand unter den Mitarbeitenden spendet, sollte deren Geheimnis bleiben. Es spricht allerdings nichts dagegen, dass sich jemand zu seiner guten Gabe bekennt.
     
  6. Es ist legitim zu fordern, dass Gremienmitglieder, die in der Öffentlichkeit für die Ziele der Institution eintreten und sie repräsentieren, Mitglieder und Spender sein müssen und ihr Beitrag dann auch angemessen ist.
     
  7.  Es ist ein Kennzeichen für institutional readiness, wenn viele der Festangestellten einer Institution sich freiwillig zur Mitgliedschaft und zum Spenden bereitfinden. Ob es interne Kampagnen geben soll, um das zu erreichen, hängt vom Betriebsklima ab. Auf jeden Fall darf kein Druck ausgeübt und das Spendenverhalten nicht zur Bewertung von Mitarbeiterqualitäten herangezogen werden.
     
  8. Es ist nicht Anbiederung, sondern ein Bekenntnis zur guten Sache, wenn jemand an seinem Geburtstag oder zu einem Jubiläum anstelle von Geschenken um Spenden für die Institution bittet, für die er oder sie arbeitet.

Zu den Ausreden von Mitarbeitenden, die ich nicht gelten lasse, gehören solche wie „Ich verdiene zu wenig und arbeite schon zu viel“ oder „Ich spende an andere Organisationen“.

Wenn wir einmal in unsere Spenderanalysen schauen, stellen wir immer wieder erstaunt fest, dass wir Fundraiser selbst ständig Menschen um Spenden bitten, die an viele andere Organisationen geben, die kaum genug Geld zum Leben haben, die sich täglich als Altenpfleger/innen verausgaben und ihrem 90-jährigen Nachbarn die Einkäufe machen. Das sind unsere Bestspender, wie Christian Gahrmann im Facebook-Blog „Nachhaltiges Fundraising“ schrieb.

Und wer sich ständig unterbezahlt, unterbewertet und überarbeitet fühlt, muss überlegen, ob Nonprofit der richtige Arbeitsplatz ist.

Der Autor ist freier Fachautor für Fundraising und Philanthropie. Der Kommentar stellt seine persönliche Meinung dar. Kontakt: muellerleile@t-online.de

 

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