Die finanzielle Not der kleinen Stiftungen: Auswege aus der schwierigen Ertragslage

Von Rechtsanwältin Anka Hakert

Rechtsanwältin Anka HakertRechtsanwältin Anka HakertDie Ertragslage der Stiftungen hat sich auf Grund der anhaltenden Niedrigzinsphase in den letzten Jahren derart verschlechtert, dass insbesondere kleine und mittlere Stiftungen allenfalls noch ihre Verwaltungskosten decken können. Viele Stiftungen müssen sich ernsthaft Gedanken darüber machen, wie sie ihre Stiftungszwecke noch verwirklichen können.
 
Viele Stiftungen schränken daher ihre Aktivitäten ein, was jedoch nicht im Sinne des Stifters bei Gründung der Stiftung gewesen sein dürfte. Um diesem Stifterwillen gerecht zu werden, suchen viele Stiftungen Auswege aus der derzeitigen Situation, fühlen sich jedoch häufig am Ende des Weges angelangt, an dem sogar nicht selten die Auflösung der Stiftung in Erwägung gezogen wird.
 
Eine Aufhebung der Stiftung ist jedoch nur das letzte Mittel, das in der Regel nur dann zulässig ist, wenn eine Umwandlung der Stiftung nicht in Betracht kommt. Die Landesstiftungsgesetze eröffnen als mildere Umwandlungsmaßnahmen die Zusammenlegung und Zulegung. Ferner besteht die Möglichkeit, der Umwandlung der Stiftung in eine Verbrauchsstiftung, um auch das Grundstockkapital für die Verwirklichung der Stiftungszwecke einsetzen zu können. Sowohl die Auflösung einer Stiftung als auch alle Umwandlungsmaßnahmen sind nur unter den in der Satzung festgelegten Voraussetzungen, ansonsten unter den im Gesetz genannten Gründen, möglich. Demnach muss die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich geworden sein.
 
Zusammenlegung und Zulegung von Stiftungen
Die Zusammenlegung von Stiftungen bedeutet eine Zusammenfassung mehrerer Stiftungen zu einer neuen Stiftung, wobei das Stiftungsvermögen auf die neue Stiftung übertragen wird und die alten Stiftungen aufgelöst werden. Voraussetzung für eine Zusammenlegung ist, dass die Erfüllung des Stiftungszwecks bei allen beteiligten Stiftungen unmöglich geworden ist. Dies wird bei einer prekären Ertragslage der Fall sein, muss aber der Stiftungsaufsicht detailliert dargelegt werden.
 
Mit der sogenannten Zulegung wird das Vermögen einer Stiftung auf eine andere Stiftung übertragen, im Zuge dessen die übertragende Stiftung aufgelöst wird. Das Verfahren ist – ähnlich wie bei der Zusammenlegung – recht aufwändig, da gegebenenfalls die Satzung der übertragenden Gesellschaft vorab geändert werden muss, um dann die Zulegung vornehmen zu können.
 
Inwieweit eine Zusammenlegung oder Zulegung die dauernde und nachhaltige Verwirklichung der Stiftungszwecke gewährleisten kann, hängt – wie immer – vom Einzelfall ab. Mit diesen Umwandlungsarten können Synergieeffekte durch Bündelung der Fachkräfte und Gremienarbeit, Kostenoptimierung, Stärkung der strategischen Positionen, Zusammenführung der Kontakte aus Netzwerken und die Konzentration von Erfahrung und Wissen erzielt werden. Hier wäre jedoch im Vorfeld genau zu prüfen, ob diese Synergieeffekte wirklich zu erzielen sind und die dauernde Zweckverwirklichung erreicht wird. Zudem hängt die Zusammenlegung bzw. Zulegung natürlich auch davon ab, ob sich eine passende Stiftung finden lässt, deren Zwecke den eigenen Zwecken entsprechen. Findet sich ein passendes Pendant und sind erhebliche Synergieeffekte zu erwarten, könnte die Zusammenlegung ein adäquater Weg sein, um der Kapitalkrise zu trotzen, auch wenn sie wegen des aufwändigen Verfahrens jedenfalls keine schnelle Lösung darstellt.
 
Verbrauchsstiftung
Eine weitere Möglichkeit wäre die Umwandlung der Stiftung in eine Verbrauchsstiftung, die durch den sukzessiven Verbrauch des Stiftungsvermögens aufgelöst wird.
 
Grundsätzlich ist eine traditionelle Stiftung darauf ausgelegt, ewig zu bestehen, wobei die Zwecke ausschließlich aus den Erträgen des Grundstockkapitals und Spenden erfüllt werden. Das Grundstockkapital selbst bleibt in seinem Bestand erhalten. Im Gegensatz dazu soll das Grundstockkapital einer Verbrauchsstiftung nicht dem langfristigen Bestand der Stiftung dienen, sondern direkt für die Verwirklichung der Zwecke eingesetzt und somit sukzessiv verbraucht werden. Bei einer Verbrauchsstiftung handelt es sich mithin um eine Stiftung, die nur für eine bestimmte Zeit errichtet werden soll. Die erforderliche Anerkennung erhält sie, wenn die Stiftung für einen im Stiftungsgeschäft festgelegten Zeitraum bestehen soll, der mindestens zehn Jahre umfasst, da die dauernde Erfüllung des Stiftungszwecks dann gesichert erscheint. Ist das Grundstockkapital verbraucht, wird die Stiftung aufgehoben.
 
Die Verbrauchsstiftung eignet sich für Stifter, die noch zu Lebzeiten etwas erreichen möchten und den Verbrauch eines Teils ihres Vermögens für wichtiger halten als den dauerhaften Bestand ihrer Stiftung. Insbesondere aber auch bei Zwecken, die mit einem bestimmten Grundstockkapital in absehbarer Zeit realisiert werden können, wie beispielsweise der Wiederaufbau eines historischen Gebäudes, bietet sich eine Verbrauchsstiftung an.
 
Auch eine Kombination zwischen einem in seinem Bestand zu erhaltenden Grundstockvermögen und einem teilweisen Verbrauch kann in Betracht kommen, wenn die Stiftungszwecke unter teilweisem Rückgriff auf das Grundstockvermögen verwirklicht werden sollen.
 
Bei einer bereits bestehenden traditionellen Stiftung, kann sich die Notwendigkeit einer Umwandlung der Stiftung in eine Verbrauchsstiftung ergeben, wenn die Zweckverwirklichung unmöglich geworden ist. Ob eine solche Umwandlung von der Stiftungsaufsicht genehmigt wird, hängt maßgeblich davon ab, ob dies dem Stifterwillen entsprochen hätte.
 
Stifterwille maßgebend
Ausgangspunkt für die Wahl der Umwandlungsart ist stets der Stifterwille. Hierbei muss danach unterschieden werden, ob der Stifter angesichts der geänderten Rahmenbedingungen eher einer sukzessiven Auflösung der Stiftung durch fortlaufenden Verbrauch des Stiftungsvermögens oder einer Zweckänderung zugestimmt hätte. Der Stifterwille könnte sich aber sogar auf eine sofortige Auflösung der Stiftung richten, so dass nicht immer das aus objektiver Sicht mildeste Mittel auch ein zulässiges Mittel darstellt.
 
Vor der Umwandlung sollte eine Stiftung jedoch stets prüfen, ob die Möglichkeiten einer erfolgreichen Spendenakquise bereits ausgeschöpft wurden. Die oben genannten Varianten stellen nur eine Reaktion auf die geänderte Ertragslage dar, ohne diese jedoch direkt zu beeinflussen.
 
So kann es sich beispielsweise für eine Stiftung als durchaus lebensrettend erweisen, sich einmal mit dem US-amerikanischen Stiftungsmarkt zu beschäftigen. Auch wenn die Hürden für ein erfolgreiches Fundraising recht hoch sind, dürfte dieser Bereich angesichts jährlicher Fördergelder in zweistelliger Milliardenhöhe für gemeinnützige Projekte im Ausland interessante Perspektiven eröffnen.

 

Die Autorin ist als Rechtsanwältin im steuerrechtlichen und gemeinnützigkeitsrechtlichen Dezernat der WINHELLER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Hauptsitz in Frankfurt am Main tätig. Die Kanzlei berät bundesweit Vereine und Verbände, Stiftungen, gGmbHs, Genossenschaften und sonstige Nonprofit-Organisationen sowie die öffentliche Hand (www.winheller.com). Sie ist Mitautorin des ersten umfassenden Kommentars zum Gemeinnützigkeitsrecht im NOMOS-Verlag (in Vorbereitung).

 

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