EU-Datenschutz-Grundverordnung und telefonische Spendenwerbung – alles wird besser?

Von Rechtsanwalt Ralf Rösler

Rechtsanwalt Ralf RöslerRechtsanwalt Ralf Rösler beleuchtet in seinem Artikel den Entwurf der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). © Ralf RöslerDas EU-Parlament wird in den nächsten Wochen über den finalen Entwurf der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in der Fassung vom 15.12.2015 abstimmen. Es wird mit einer großen Mehrheit im Plenum gerechnet. Die DSGVO tritt zwanzig Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft und ist dann nach einer Übergangszeit von zwei Jahren in den Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht, Art. 91 DSGVO.

Mit dem Inkrafttreten der DSGVO sind die zuletzt 2009 neu gefassten Regelungen im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zur Spendenwerbung hinfällig. Bis dahin ist zwar eine Spendenwerbung nach § 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BDSG privilegiert; das gilt aber nur für eine Werbung unter Verwendung von Listendaten. Die Telefonnummer fällt nicht darunter, so dass nach dem BDSG allein eine postalische Werbung möglich ist, wenn keine vorherige Einwilligung (Opt-In) vorliegt, § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG. Hier gilt der datenschutzrechtliche Grundsatz: Was nicht ausdrücklich erlaubt ist, ist verboten (§ 4 Abs. 1 BDSG).

Die DSGVO beurteilt die Spendenwerbung liberaler und verfolgt nicht das grundsätzliche Opt-In-Prinzip für eine Datenverarbeitung zu Werbezwecken, welches seit 2009 im BDSG galt. Dieser deutsche Sonderweg hat damit ein Ende. Direktmarketing ist nach der DSGVO wieder bis zum Widerspruch des Betroffenen zulässig, Vorbemerkung (38), Art. 6 Abs. 1 (f) DSGVO, es gibt also (nur) ein grundsätzliches Opt-Out-Recht, Art. 19 Abs. 2 DSGVO, über welches spätestens in der Werbung zu belehren ist, Art. 19 Abs. 2b DSGVO.

Interessant ist nun, dass die DSGVO, anders als das BDSG, nicht zwischen Listendaten und anderen Kommunikationsdaten unterscheidet. Spendenwerbung am Telefon ohne Opt-In wird damit ab Inkrafttreten der DSGVO in allen Mitgliedsstaaten, also auch in Deutschland, zumindest datenschutzrechtlich zulässig.

Das nationale Wettbewerbsrecht findet allerdings neben dem Datenschutzrecht weiterhin Anwendung. Da die Datenschutzbestimmungen § 28 BDSG i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 4a Abs.1 BDSG als Marktverhaltensregelungen gelten, bei deren Verletzung ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) nach § 4 Nr. 11 UWG vorliegt, könnte bis zum Inkrafttreten der DSGVO auf diesem Wege ein Wettbewerbsverstoß konstruiert werden.

Unabhängig von einem Datenschutzverstoß bleibt auch danach die Frage zu beurteilen, ob Anrufe zur Spendenwerbung von NPOs als unzumutbare Belästigung durch Werbung nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG (cold calling) anzusehen sind.

Fotolia #73550133 Europa/HammerWas wird uns die neue Verordnung vom EU-Parlament bringen? © FotoliaDer datenschutzrechtliche Werbebegriff ist weiter als der wettbewerbsrechtliche Begriff nach dem UWG, denn unter „Werbung“ im lauterkeitsrechtlichen Sinn fällt nur eine geschäftliche Handlung, die zumindest mittelbar dazu dienen soll, den Absatz oder den Bezug von Waren oder Dienstleistungen zu fördern. Das kann auf Spendenwerbung zutreffen, wenn um Sachspenden geworben wird und diese dann gewinnbringend veräußert werden oder wenn Spenden für einen bestimmten Zweck – als Dienstleistung gegenüber Dritten – eingeworben werben und die NPO die Aufwendungen für ihre Mitarbeiter aus dem Spendenaufkommen finanziert.

Grundsätzlich unterliegt Spendenwerbung aber nicht dem UWG (Rösler, Fällt telefonische Spendenwerbung unter das UWG?, in: Fundraising aktuell online Nr. 130 vom 26.05.2006, Seite 6; aus der Rechtsprechung: Landgericht Köln v. 11.12.2007, Az.: 33 O 195/07). Der Spender erhält für seine Spende gegenüber niemandem einen Anspruch auf eine Ware oder eine Dienstleistung, die NPO setzt nichts ab und sie fördert auch keinen fremden Absatz.

Die DSGVO führt also zu datenschutzrechtlichen Werbeerleichterungen für NPOs. Entscheidend bleibt aber die alte Frage, ob telefonische Spendenwerbung ohne Opt-In nun von § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG untersagt wird oder nicht. Eine höchstrichterliche Antwort hierauf steht noch aus.

 

Über den Autor: Ralf Rösler ist Rechtsanwalt und TÜV-zertifizierter Datenschutzbeauftragter. Er ist Inhaber der gleichnamigen Kanzlei in Herford.
Kontakt: Rechtsanwalt Ralf Rösler, email@kanzlei-roesler.de, www.roesler.de

 

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