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Fundraising im Krisenwinter?

Den Deutschen steht ein Krisenwinter bevor. Und damit auch den deutschen Spendern*innen. Und damit uns Fundraisern*innen.

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Viele Deutsche müssen im Winter bis zu dreimal so viel für Strom und Wärme zahlen wie im Winter davor. Die Inflation liegt bei 8 Prozent und steigt nach Expertenschätzungen weiter. Und im Winter wird noch eine handfeste Rezession hinzukommen. Folge: Viele Bürger*innen kommen an die Grenze ihrer finanziellen Belastbarkeit, Unternehmen werden insolvent gehen oder kaum noch Gewinn machen und in der Bevölkerung wird sich eine große Verunsicherung breitmachen.

Wie wird sich diese schwierige wirtschaftliche Lage auf die Weihnachtsspenden auswirken?

In einer nicht-repräsentativen Online-Umfrage unter deutschen Fundraisern*innen in der Facebook-Gruppe „Nachhaltiges Fundraising“ (71 Teilnehmer*innen) rechneten Anfang August 60 Prozent mit „dramatischen Spendenrückgängen“, der Rest immerhin mit leichten Spendenrückgängen. Sind diese Befürchtungen berechtigt?

Nach einer Umfrage aus den USA von 2021 haben nur 16 Prozent der Spender*innen ihre Spenden aufgrund hoher Inflation reduziert. Andere haben aufgrund der Inflation sogar höhere Spenden gegeben, um die Mehrkosten der Organisationen auszugleichen. Allerdings war die Inflation in den USA vor einem Jahr mit 4,7 Prozent deutlich geringer als die heutigen 8 Prozent in Deutschland.*)

Deutlich besser untersucht sind die Auswirkungen einer Rezession auf das Spendenverhalten. Danach besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Wirtschaftsleistung und Spendenvolumen. Steigt die Wirtschaftskraft, steigen die Spenden. Sinkt die Wirtschaftskraft, sinken die Spenden. Allerdings sinken die Spenden in der Rezession nicht so stark, wie sie im Boom steigen. Grund ist der sogenannte Substitutionseffekt: Die Menschen haben in einer Rezession weniger Geld zur Verfügung, aber die Spenden werden auch dringender benötigt, haben für die Spender*innen also einen höheren „Wert“. *)

Fasst man die wissenschaftlichen Erkenntnisse und die aktuelle wirtschaftliche Lage zusammen, ist also tatsächlich mit einem signifikanten Spendenrückgang in diesem Winter zu rechnen. Und das vor dem Hintergrund erheblich steigender Kosten für die NPOs selbst. Was also ist zu tun, um den Schaden zu begrenzen?

 

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Gegenmaßnahme Fundraising-Kommunikation

Zunächst einmal: die Fundraising-Kommunikation erhöhen, um die bestehenden Spender*innen enger an die Organisation zu binden. Und um klar zu kommunizieren: Wir brauchen Euch in dieser Krisenzeit noch ein bisschen mehr als sonst. Mehr Menschen brauchen unsere Hilfe. Gleichzeitig entstehen uns selbst höhere Kosten. Viele Middle-Donors werden noch genügend Reserven haben, um ihre Spenden zu erhöhen oder zumindest auf gleichem Niveau zu belassen. Es bietet sich an, diese Kommunikation insbesondere auf digitalen Wegen zu verstärken. Eine zusätzliche E-Mail erzeugt keine (oder fast keine) zusätzlichen Kosten – ganz anders als ein zusätzliches Brief-Mailing. Auch die eigene Social-Media-Kommunikation kann und sollte erhöht werden.

Zum anderen: Stärker auf diejenigen Menschen zugehen, die von der wirtschaftlich schwierigen Lage wenig betroffen sind und keine direkten Einschränkungen spüren: die Großspender*innen. Schreiben Sie Ihre Großspender*innen direkt an und kommunizieren Sie klar und offen: Mit Deutschland in der Krise haben wir einen höheren Hilfe-Bedarf, höhere Kosten und gleichzeitig sinkende Spenden-Einnahmen. Können Sie sich vorstellen, uns in dieser Krisenzeit mit einer großzügigen Unterstützung unter die Arme zu greifen?

Und, ja, auch hier bieten sich die digitalen Medien zur Kommunikation an. LinkedIn ist – wie ich in meiner letzten Kolumne erläutert habe – ein ideales Instrument, um niedrigschwellig auf Großspender*innen zuzugehen und mit ihnen zu kommunizieren. Oder verabreden Sie ein Treffen via Zoom. Gespräche über Zoom – das merke ich immer wieder – sind deutlich verbindlicher als über Telefon.

Und vielleicht nutzen Sie die Krisenzeit sogar, um etwas ganz Neues auszuprobieren: Zoom nutzen für einen Donor Circle mit Ihren Großspendern*innen. Laden Sie dazu zehn bis 30 Großspender*innen ein, bereiten Sie eine hübsche Präsentation vor, verweisen Sie auf die Krisenumstände und sammeln Sie direkt via Zoom Spenden ein: mithilfe der neuen Pledge-App für Zoom-Events.

Ich wünsche Ihrer Organisation und auch Ihnen ganz persönlich, dass Sie gut durch diesen Krisenwinter kommen. Halten Sie sich warm.


*) Quellen: „Why America Gives: The lasting Impact of a Pandemic on Donor Experience“, Classy Inc., 2021; „The new state of donations: Three decades of household giving to charity 1978 – 2008, Cowley/McKenzie/Pharoah/Smith, 2011

 

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Porträt Dr. Christian Gahrmann

Über den Kolumnisten

Dr. Christian Gahrmann ist Experte für strategisches Fundraising und passionierter Geschichtenerzähler. Nach Stationen als Fundraiser bei der Deutschen Diabetes Stiftung, Roland Berger Strategy Consultants und der China-EU School of Law arbeitet Christian Gahrmann seit 2012 als selbstständiger Fundraising-Berater (www.christian-gahrmann.de).

Zu seinen Beratungsschwerpunkten gehören unter anderem die erfolgreiche Gestaltung und Umsetzung von Fundraising in den sozialen Medien. Er ist Gründer der größten Fundraiser-Community (www.nachhaltiges-fundraising.de) und der größten Spender-Community (www.traumspender.de) auf Facebook.

 

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