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von Dr. Christian Gahrmann

Hochwasser: Solidarität 3.0

Monika sucht „starke Männer“, um bei den Aufräumarbeiten in ihrem überfluteten Pflegeheim in Erftstadt zu helfen. Tim fragt im „Nett-Werk Leverkusen“, wem er seine Wasserpumpe leihen kann. Und die Kita „Kleine Füße“ in Bad Münstereifel bittet um Spenden für die Renovierung nach dem Hochwasser.

Während Technisches Hilfswerk, Feuerwehr, DRK und DLRG noch Verletzte bergen und die großen Hilfsorganisationen ihre Spendenkonten veröffentlichen, um Geld für Nothilfe und Wiederaufbau zu sammeln, entwickelt sich innerhalb weniger Stunden eine dritte Welle der Hilfsbereitschaft: eine von Mensch zu Mensch.

Treffpunkt dieser Menschen, die verzweifelt nach Unterstützung suchen und spontan ihre Hilfe anbieten? Facebook! Posts werden hundertfach geteilt, in Facebook-Gruppen veröffentlicht und kommentiert. Meist übersteigen die Hilfsangebote um ein Vielfaches die Hilfsgesuche. Gibt es einmal keine direkte Hilfe, werden in den Kommentaren andere Unterstützungsmöglichkeiten diskutiert. Hilfesucher erfahren Trost, Helfer Anerkennung und Lob.

Wo es sonst große Organisationen und ausgefeilte Logistik braucht, koordiniert hier Facebook die Hilfe. Menschen können direkt anderen Menschen helfen. Sie helfen genau mit dem, was gebraucht wird und was sie beisteuern können. Und sie tun dies nicht allein, sondern in Gemeinschaft mit anderen. Die Hochwasser-Katastrophe zeigt: Wir Menschen sind trotz stetig sinkender Spenderzahlen noch immer solidarisch. Aber es gibt neue Wege der Solidarität. Eine Solidarität von Mensch zu Mensch – via Facebook & Co. Eine Solidarität 3.0.  

Was heißt das für uns Spendenorganisationen? Natürlich erst mal: Auch wir müssen auf Facebook, dem neuen „Engagement-Netzwerk“, präsent sein. Aber eine hübsche Facebook-Page mit ein paar News im Monat reicht nicht. Nicht für eine Solidarität 3.0. Wir müssen mitmischen, uns einmischen, Geschichten erzählen und den Geschichten anderer zuhören. Und vor allem müssen wir persönlich sein. Nicht Organisation ABC mit ihren wöchentlichen News auf der eigenen Page, die dank Facebook-Algorithmus ohnehin kaum jemand zu Gesicht bekommt.

Wir müssen Markus sein, der Online-Fundraiser mit dem Faible für Rettungshunde, welches er auch in vielen Facebook-Hunde-Gruppen teilt. Oder Steffi, die Mutter eines Kinderdorfes in Sambia, die auf Instagram von ihren großen und kleinen Held*innen erzählt – mit süßen Fotos, die mittlerweile oft auch von einer Influencer-Mama verbreitet werden. Oder Gesine, die ehrenamtliche Vorständin, die auf ihrer für alle offenen eigenen Facebook-Seite regelmäßig mit so berührenden Worten und Bildern von der Arbeit ihres Hospizes berichtet, dass einem beim Lesen die Tränen kommen. Wenn Markus, Steffi und Gesine für ihre Organisation Hilfe brauchen, dann werden sie sie bekommen – da bin ich sicher! Und ab und zu dürfen sie natürlich auch mal auf das Patenschaftsprogramm ihrer Organisation verweisen.

Menschen geben für Menschen. People give to people. Wissen wir doch.


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Dr. Christian Gahrmann

Dr. Christian Gahrmann ist Experte für strategisches Fundraising und passionierter Geschichtenerzähler. Nach Stationen als Fundraiser bei der Deutschen Diabetes-Stiftung, Roland Berger Strategy Consultants und der China-EU School of Law arbeitet Christian Gahrmann seit 2012 als selbstständiger Fundraising-Berater (www.christian-gahrmann.de). Zu seinen Beratungsschwerpunkten gehören unter anderem die erfolgreiche Gestaltung und Umsetzung von Fundraising in den sozialen Medien. Er ist Gründer der größten Fundraiser-Community (www.nachhaltiges-fundraising.de) und der größten Spender-Community (www.traumspender.de) auf Facebook.

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