Von Claudia Wohlert
Um eine zwanzigjährige Erfolgsgeschichte zu feiern, lud die Initiative Bürgerstiftung ihre Mitglieder in die Robert Bosch Stiftung in Berlin ein. Vertreter aus 17 Ländern und dem gesamten Bundesgebiet kamen.
Aus der Idee „Mitmachstiftung für jedermann", die der Unternehmer und Stifter Reinhard Mohn und der Kriminologe Professor Dr. Christian Pfeiffer 1996 aus den USA nach Gütersloh und Hannover mitbrachten, entwickelte sich innerhalb kurzer Zeit eine bundesweite Bürgerbewegung. Im Jahr 2015 engagierten sich schätzungsweise 15.000 Menschen in 307 Gütesiegel-Bürgerstiftungen und leisteten eine Million ehrenamtlicher Stunden.
Bürgerschaftliches Engagement wird großgeschrieben
Wolfgang Anders, Leiter des Arbeitskreises Bürgerstiftungen,
und Ulrike Reichart, Leiterin der Initiative Bürgerstiftungen, überreichten im Rahmen der Feier zum 20. Geburtstag am
30. September 2016 eine Gütesiegel-Urkunde an Irene
Armbruster von der Bürgerstiftung Stuttgart. Foto: ©Lidia Tirri In Zeiten der Globalisierung, wo jeder nur auf ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung aus ist, wo das Vergnügen und der Spaß um jeden Preis als Lebensmotivation gelten, zeigt die Initiative Bürgerstiftung, dass bürgerschaftliches Engagement nach wie vor in Deutschland großgeschrieben wird. Probleme vor Ort gemeinsam angehen, Innovatives voranbringen, füreinander da sein in schwierigen Situationen, die Bürgerstiftung von nebenan hat sich als eine Kraftquelle der bürgerlichen Bewegung etabliert.
2.000 Patenschaften für Flüchtlinge
Für Thomas Küstermann war bei der Gründung der Bürgerstiftung Herdecke wichtig, dass es „eine Stiftung von Herdecker Bürgern für Herdecker Bürger ist“. Miteinander in der Stadt oder im Landkreis etwas Gutes bewirken, das wollen alle Gütesiegel-Bürgerstiftungen. Und somit war es auch selbstverständlich, 2015 Soforthilfen für Flüchtlinge zu organisieren. Es blieb aber nicht nur bei den Sofortmaßnahmen. 2016 entstanden bislang 2.000 Patenschaften im Rahmen des Programms „Menschen stärken Menschen“. Diese Patenschaften bedeuten direkten Kontakt und konkrete Hilfe bei der Integration Geflüchteter.
Spenden sammeln für den guten Zweck
Und selbst Niedrigzinszeiten können das Engagement für die Bürgerstiftung nicht schmälern. Ulrike Reichert, Leiterin der Initiative Bürgerstiftung im Bundesverband Deutscher Stiftungen, erklärt: „Die Arbeit in der Bürgerstiftung basiert auf dem ehrenamtlichen Engagement. Zusätzlich setzen die Bürgerstiftungen immer mehr auf Spendeneinnahmen. Letztes Jahr konnten insgesamt 15,4 Millionen Euro eingeworben werden.“ Und auch bei den Zustiftungen wurden Erfolge verbucht. Die 29.000 Bürgerstifterinnen und Bürgerstifter, allein im vergangenen Jahr kamen 1.600 neue hinzu, haben ein Gesamtkapital von mehr als 300 Millionen Euro aufgebracht. Aber nicht nur die Einnahmen konnten gesteigert werden. In den Bereichen Jugend, Bildung und Erziehung, Soziales, Kunst und Kultur sowie Generationenverbundenheit wurden schätzungsweise 18 Millionen Euro Fördergelder ausgegeben.
Erbschaftsmarketing der Bürgerstiftungen
Die Arbeit wird aber nicht nur durch zusätzliche Spenden mitfinanziert. Um ihren Aufgaben weiterhin gerecht zu werden, haben die Bürgerstiftungen das Erbschaftsfundraising für sich entdeckt. Die Bürgerstiftung Braunschweig organisiert regelmäßig Veranstaltungen zum Thema Erbrecht und Testamentsberatung. Für wohlhabende ältere Bürgerinnen und Bürger einer Stadt oder eines Landkreises sind Bürgerstiftungen attraktiv. Dort, wo man oft zeitlebens gewohnt hat, was man am besten kennt, auch nach dem Tod etwas Gutes zu bewegen, ist für viele Bürger reizvoll. Zudem sind Bürgerstiftungen unabhängige Organisationen.
Nach 20 Jahren Initiative Bürgerstiftung steht fest: Die Mitmachstiftung für jedermann ist bei den Bürgern in Deutschland angekommen. Vielfältig, bunt und lebendig präsentieren sich die Kraftzentren der bürgerlichen Bewegung, in denen jeder jederzeit Ideen, Zeit oder Geld einbringen kann.
Claudia Wohlert, freie Journalistin und Fundraising-Managerin (FA), textagentur@claudia-wohlert.com.