Kolumne
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von Dr. Christoph Müllerleile

Jubiläen und Gedenktage fürs Fundraising

Haben Sie für dieses Jahr schon ein Jubiläum? Nein? Macht nichts. Es wäre eh zu spät, wenn Ihnen jetzt eines einfiele. Denn Jubiläen bedürfen großer Umsicht, vor allem, wenn sie fundraisingtauglich gemacht werden sollen.

Sie müssen innerhalb der Organisation, mit der sie gefeiert werden sollen, umfassend abgestimmt sein. Der Vorstand und die Mitarbeitenden müssen dahinterstehen. Die Förderer müssen mitspielen. Die Jubiläen sollten Meilensteine für die Entwicklung einer Organisation und ihrer Ziele sein und dürfen nicht künstlich aufgesetzt wirken.

Jubiläen sind nur dann fundraisingtauglich, wenn sie nach außen wirken, vorhandene und potenzielle Förderer berühren und auf die Zukunft gerichtet sind. Kulturelle Einrichtungen, die das lange vorbereitete Jubiläumsjahr 2020 zu Ludwig van Beethovens Geburtstag vor 250 Jahren nicht nutzen, sind selbst schuld. Fördertöpfe für Veranstaltungen, in denen der Tonkünstler als Weltbürger, Humanist, Visionär und gar als Klimaschützer gefeiert wird, gibt es zum Jubiläum reichlich. Die Bundesrepublik Deutschland, Gebietskörperschaften und die Geburtsstadt Bonn haben vor Jahren eine gemeinnützige Beethoven Jubiläums GmbH gegründet, die die Events koordiniert und unter der Dachmarke "BTHVN2020" kommuniziert. Fast alle Veranstaltungen sind fundraisinggeeignet, wenn Eintrittsgelder, öffentliche Mittel, Sponsoring- und Stiftungsgelder und Großspenden zur Finanzierung gewonnen werden können.

Als Anlässe bieten sich an die Gründungsjahre von Organisationen und Bewegungen (250 Jahre Sozialverein Musterstadt, 200 Jahre Wanderbewegung im Taunus), die Anzahl bestimmter Ereignisse (20. Umweltwoche des Naturschutzvereins Neustadt, 20 Jahre Umweltwoche in Neustadt), personenbezogene Jubiläen (100. Geburtstag, 20. Todestag des Gründers).

Kolumnist Dr. Christoph Müllerleile

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Beethoven

Zum 250. Geburtstag feiert Deutschland seinen großen Komponisten

Die zwei Jahrestage für die fiktive Umweltwoche in Neustadt zeigen, dass man Jubiläen auch zweimal feiern oder versäumte nachholen kann. Beide Anlässe liegen ein Jahr auseinander. Häufig ist aber auch zu erleben, dass Jubiläen falsch gezählt und die Wiederholung von Ereignissen mit dem Abstand zum Gründungsjahr verwechselt wird. Wenn es sich um ein jährliches Ereignis handelt, findet zum 20. Jahrestag der Gründung die 21. Wiederkehr des Ereignisses statt. Wer beides verwechselt, verschenkt einen Jubiläumsanlass. Da der Deutsche Fundraising Kongress seit 1993 ununterbrochen einmal jährlich stattfindet, feiern wir 2020 die 28. Wiederkehr und den 27. Jahrestag seit der Erstveranstaltung. Eine falsche Jubiläumssetzung kann später kaum noch korrigiert werden.

Wem kein Jubiläum einfällt, der nimmt einen Gedenk- oder Aktionstag zum Anlass fürs Fundraising. Gedenktage sollten allgemein bekannt sein. Der Volkstrauertag dient dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge als Ausgangspunkt für umfangreiche Werbemaßnahmen einschließlich Sammlungen von Haus zu Haus. Christliche Anlässe wie Epiphanias, Ostern, Erntedank, Reformationstag, der Afrikatag, Sankt Martin, Sankt Nikolaus und Weihnachten, Weltmissionssonntag sind Fixpunkte kirchlichen Fundraisings. Zielgruppenorientiert fallen auch muslimische Feiertage an.

Politisch Engagierte könnten die Tage des Genozids in Ruanda und in Srebrenica, den Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl, den Internationalen Tag gegen Nuklearversuche, den Tag des Grundgesetzes, die Gedenktage an die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation oder den Internationalen Tag der Menschenrechte berücksichtigen.

Für jeden gemeinnützigen Zweck gibt es Aktionstage, regional, deutschland-, europa- und weltweit. Wer keinen findet, schafft sich einen. Erfolgreiche Schöpfungen dieser Art sind Muttertag und Valentinstag, der Tag des Baumes, der Weltgebetstag, der Weltkindertag. Es gibt Tage für fast alle Berufe, Krankheiten und Befindlichkeiten. Am 26. März ist der Erfinde-Deinen-eigenen-Feiertag-Tag.

 

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Hintergrund

Der Autor ist freier Fachautor für Fundraising und Philanthropie. Der Kommentar stellt seine persönliche Meinung dar. Kontakt: muellerleile@t-online.de

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