„Niemand kann sich vorstellen, dass die Kirche im Dorf einmal fehlen könnte.“

Reinhard Greulich steht Rede und Antwort

Reinhard GreulichReinhard GreulichFundraising Echo: Sie sind schon lange im Fundraising tätig und seit 2009 bei der Stiftung KiBa. Was macht die Stiftung genau?
 
Reinhard Greulich: Die Stiftung fördert Baumaßnahmen an evangelischen Kirchengebäuden in Deutschland, die unmittelbar dem Erhalt des Gebäudes dienen. Also Arbeiten an Dach, Wänden, Fenstern, Fußboden, aber nicht für Inventar.
 
Fundraising Echo: Es heißt „people give to people“ – ist es schwerer für Kirchen zu sammeln?
 
Greulich: Es ist insgesamt mehr Überzeugungsarbeit nötig, dann aber bleiben die Menschen der Sache lange verbunden. Spontan passiert da eher wenig. Entsprechend wertvoll sind uns unsere Spender.
 
Fundraising Echo: Was motiviert Menschen, für den Erhalt historische Kirchen zu spenden?
 
Greulich: Alle Spenderinnen und Spender, mit denen ich spreche, betonen die kulturelle Bedeutung von Baudenkmälern. Was hier einmal verloren geht, ist nicht wieder zurückholbar. Niemand kann sich vorstellen, dass die Kirche im Dorf einmal fehlen könnte.
 
Fundraising Echo: Die Stiftung KiBa unterstützt Gemeinden, Sie fördern regional. Wie machen Sie das genau?
 
Greulich: Die Fördermittel der Stiftung KiBa sind Teil eines Finanzierungsplanes, den die Gemeinden bei der Antragstellung vorlegen müssen. In diesem Finanzierungsplan muss plausibel stehen, aus welchen Mitteln die geplante Baumaßnahme finanziert werden soll, also Eigenmittel und die Mittel anderer Stellen. In vielen Fällen werden größere Maßnahmen in mehrere Bauabschnitte aufgeteilt. Für jeden Bauabschnitt kann ein Antrag gestellt werden. Oft sind örtliche Fördervereine aktiv, die regional um Spenden werben.
 
Fundraising Echo: Wie funktioniert so eine Förderung?
 
Greulich: Die Förderanträge werden zwischen dem 15. Januar und dem 30. Juni eines Jahres für das folgende Jahr gestellt. Dafür gibt es ein Online-Verfahren, das über die Homepage der Stiftung erreichbar ist. Der Antrag enthält neben den Kontaktdaten den Finanzierungsplan, die Darstellung der geplanten Bauabschnitte, Angaben über die zu fördernde Kirche und über das Gemeindeleben. Er wird zusammen mit den nötigen Gutachten und Kostenvoranschlägen an das Stiftungsbüro geschickt. Ehrenamtliche Regionalbeauftragte besuchen anschließend nach Möglichkeit die Antragsteller und schaffen sich ein eigenes Bild. Der Vergabeausschuss tagt dann zum Jahresende und entscheidet über die Förderungen.
 
Fundraising Echo: Die Stiftung KiBa unterstützt auch bei der Renovierung von Orgeln – wieso wurde das eine eigene Stiftung/Bereich? Was ist anders?
 
Greulich: Die Stiftung Orgelklang ist eine unselbständige Stiftung, die von der Stiftung KiBa verwaltet wird. Orgeln sind in vieler Hinsicht anders, deshalb gibt es ein eigenes Antragsverfahren und einen eigenen Vergabeausschuss. Auch bei den Spenderinnen und Spendern gibt es verschiedene Interessen. So haben speziell an alten Orgeln interessierte Menschen die Möglichkeit, sich hier gezielt zu engagieren.
 
Fundraising Echo: Immer mehr Leute treten aus der Kirche aus. Spenden auch „Kirchenferne“ oder Ausgetretene für die Stiftung KiBa?
 
Greulich: Wir können das nur vermuten, da wir über die Kirchenzugehörigkeit unserer Spender keine Daten haben. Gewiss sind sehr viele kirchlich engagiert, aber sicher auch nicht alle. Aus örtlichen Fördervereinen wissen wir, dass besonders im Osten Deutschlands sehr viele Menschen dort mitmachen, die nicht Mitglied einer Kirche sind, aber die Kirche in ihrem Dorf erhalten wollen.
 
Fundraising Echo: Was sind die größten Herausforderungen für die Kirchengemeinden/die Stiftung KiBa?
 
Greulich: Wir sind wie alle Stiftungen von dem Rückgang der Verzinsung für das Stiftungskapital betroffen. Dies wollen und müssen wir durch vermehrte Spenden kompensieren, damit wir weiterhin fördern können, wie bisher. Aktuell gelingt uns das. Für die Gemeinden kommt hinzu, dass in vielen Bundesländern auch die Mittel der Denkmalpflege drastisch gekürzt werden oder sogar wegfallen.
 
Fundraising Echo: Wirken sich Skandale – wie jüngst um den kath. Bischof Tebartz-van Elst – auf das Spendenverhalten aus?
 
Greulich: Das ist schwer zu beziffern. Wir hatten bei der Gewinnung von Neuspendern recht häufig die Rückmeldung, dass man sich für Kirchengebäude nicht engagieren wolle – und dabei wird nicht selten auf solche öffentlichen Wahrnehmungen hingewiesen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob wir die betreffenden Menschen sonst hätten gewinnen können.
 
Fundraising Echo: Was begeistert Sie am meisten in ihrem Tätigkeitsfeld?
 
Greulich: Wie engagiert unsere Spenderinnen und Spender dabei sind, und wie sie unsere Arbeit zu schätzen wissen. Dies höre ich beinahe täglich, in Gesprächen oder in Briefen.
 
Fundraising Echo: Wenn Ihnen eine Fee drei Wünsche gewähren würde, was sagen Sie ihr?
 
Greulich: Ich beschränke mich jetzt mal auf mein Arbeitsfeld. Da wünsche ich mir:
die ultimative Methode, neue Spenderinnen und Spender zu gewinnen, weil wir natürlich auch bemerken, dass die klassischen Mailings immer mühsamer werden, die Möglichkeit, alle Projekte, die einen Förderantrag stellen, auch fördern zu können, denn eigentlich haben alle es verdient und mehr Zeit, um alles das machen zu können, was einfach aus Zeitmangel nicht geht.
 
Mit Reinhard Greulich sprach Selma Reese.

 

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