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Betreff: Bitte spenden!

Schön wäre es. Ja, es wäre schön, wenn eine solche Betreffzeile in unseren Spendenmails ausreichen würde und jeder die Mail öffnen und der Bitte brav nachkommen würde. 

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Leider sieht die Realität anders aus. Die meisten Spendenmails werden gar nicht erst geöffnet. Und ich bin ehrlich: Ich habe gerade wieder meinen „Werbung“-Ordner mit achtzig ungelesenen Mails gelöscht. Darunter auch einige von Spendenorganisationen. Aber wie die meisten von uns scrolle ich noch einmal durch, bevor ich auf den Löschen-Knopf drücke. Es könnten sich ja auch berufliche und private Mails in den Ordner verirrt haben. Und dann öffne ich doch noch die eine oder andere Mail von Firmen oder eben Spendenorganisationen.

Wonach sich das richtet? Zunächst einmal nach der berühmten Frage „What’s in it for me?“ – „Was ist für mich drin?“ Bietet mir diese E-Mail einen Mehrwert? Das kann zum Beispiel ein Rabattangebot der Deutschen Bahn sein. Da schaue ich kurz nach, ob ich meine nächste Fahrkarte günstiger kaufen kann. Oder eine Organisation aus dem globalen Süden schreibt etwas über eine Infografik zum Wohlstandsgefälle auf der Erde. Das interessiert mich. Vielleicht kann ich die Information in den sozialen Medien teilen.

Aber ich lasse mich auch anders „verführen“: Wenn mich das Thema neugierig macht. Und vor allem, wenn es mich neugierig auf eine Geschichte macht. Denn Geschichten handeln von Menschen und sind einfach am spannendsten und am leichtesten zu lesen. So eine Betreffzeile hatte ich gerade in meiner Mailbox: „Zwei Geschichten aus schwierigen Zeiten“. Eine Mail von einer Kinderhilfsorganisation. Das macht neugierig und ich bin gespannt auf die Geschichten.

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Welche Faktoren spielen noch eine Rolle? Welche Betreffzeilen werden besonders gerne und oft geöffnet? 

In einem Seminar bin ich mit den Teilnehmer*innen einige Betreffs von Spenden-E-Mails an mich durchgegangen. Hier die drei Top-Betreffs, die am häufigsten geöffnet wurden: 

1. „Hilfe! Ein kleiner Junge zählt auf Sie“, 2. „Noch 4 Tage: Wir verdoppeln Deine Spende“ und 3. „Nothilfe im Sudan“. Bei der letzten Betreffzeile war allerdings der Absender entscheidend: Es war nicht die Organisation selbst, sondern ein Arzt der Organisation im Sudan. 

Die Beispiele zeigen: Wichtige Faktoren eines Betreffs, die zum Öffnen der E-Mail führen, sind: 

a) Dringlichkeit: In allen drei Betreffzeilen wird deutlich: Es ist dringend. Der Junge braucht offensichtlich schnell Hilfe, im Sudan herrscht akute Not und die Spende wird nur noch vier Tage lang verdoppelt.

b) Eine persönliche Ebene: In der ersten Betreffzeile geht es nicht um eine Organisation oder ein Projekt, sondern ganz konkret um einen Jungen, der offensichtlich meine Hilfe braucht. Es ist fast so, als würde er selbst um Hilfe rufen. Bei „Nothilfe im Sudan“ schreibt mir ein Arzt aus dem Sudan. Er – nicht die Organisation, der er angehört – bittet mich um Hilfe. Das schafft Authentizität und Vertrauen.

c) Meine Einflussmöglichkeiten: Der erste Betreff verspricht mir: Ich persönlich kann das Leben dieses Jungen (der auf mich zählt) zum Guten wenden. Die zweite Betreffzeile erhöht meinen Einfluss, indem sie meine Spende verdoppelt. Und bei der dritten Mail muss mein Einfluss groß sein, sonst würde mich nicht extra ein Arzt aus dem Sudan anschreiben.

Beim Löschen meiner Werbe-E-Mails blieb übrigens eine zweite E-Mail einer gemeinnützigen Organisation verschont. Die Betreffzeile: „Wir beten heute Abend für Sie“. Wie nett! Hier bekomme ich etwas. Wer würde eine solche Mail nicht öffnen, um zu sehen, was sich hinter dem herzlichen Angebot verbirgt?

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Porträt Dr. Christian Gahrmann

Über den Kolumnisten

Dr. Christian Gahrmann ist Experte für strategisches Fundraising und passionierter Geschichtenerzähler. Nach Stationen als Fundraiser bei der Deutschen Diabetes Stiftung, Roland Berger Strategy Consultants und der China-EU School of Law arbeitet Christian Gahrmann seit 2012 als selbstständiger Fundraising-Berater (www.christian-gahrmann.de).

Zu seinen Beratungsschwerpunkten gehören unter anderem die erfolgreiche Gestaltung und Umsetzung von Fundraising in den sozialen Medien. Er ist Gründer der größten Fundraiser-Community (www.nachhaltiges-fundraising.de) und der größten Spender-Community (www.traumspender.de) auf Facebook.

 

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