Opt-Out statt Opt-In? Telefonwerbung nach der ePrivacy-VO

Am 25. Mai 2018 treten die neue EU-Datenschutzgrundverordnung und die ePrivacy-Verordnung in Kraft. Das bringt weitreichende Veränderungen mit sich. Viele Organisationen sind durch die neuen Datenschutzregelungen verunsichert, weil Erfahrungen im praktischen Umgang mit den neuen Vorschriften fehlen und die Auslegung sich nicht auf eine gefestigte Rechtsprechung oder Praxis stützen kann.

Da personenbezogene Daten und Datenschutz gerade im Fundraising eine wichtige Rolle spielen, sollte sich jeder schon im Vorfeld mit verschiedenen Fragen befassen. Zum Beispiel zu welchen Veränderungen die Verordnungen führen und wie Sie sich am besten darauf vorbereiten können.

Seminar ePrivacy Interessante Fallbeispiele sorgten für Diskussionen. Foto: © SAZ/Roland Schellwald Beim Kompaktseminar „EU-Datenschutzgrundverordnung und ePrivacy“, das am 8. November 2017 in Zusammenarbeit von der Fundraising Akademie und SAZ in Garbsen bei Hannover stattfand, konnten sich die 16 Teilnehmer anwenderfreundlich und zielorientiert mit dem neuen Gesetz bekanntmachen. Rechtsanwalt Ralf Rösler brachte die Seminarbesucher anhand von Fallbeispielen auf den aktuellsten Stand, so dass sie sich auf den geänderten rechtlichen Rahmen einstellen können und für die zentralen zukünftigen Fragestellungen sensibilisiert sind. Ein weiteres Kompaktseminar zu diesem Thema wird am 21. März 2018 erneut in Garbsen stattfinden.

Filantro Fundraising Echo berichtete bereits in den Ausgaben 2/2017 und in der Ausgabe 5/2017 über die DS-GVO und die ePrivacy-VO. Wir werden auch weiterhin über die neuesten Entwicklungen bezüglich der EU-Datenschutzgrundverordnung informieren. Heute beschäftigen wir uns mit den Auswirkungen der ePrivacy-VO auf die Telefonwerbung.
 

Opt-Out statt Opt-In? Telefonwerbung nach der ePrivacy-VO

Von Rechtsanwalt Ralf Rösler

Während die endgültige Fassung der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) bereits vorliegt, wird die ePrivacy Richtlinie 2002/58/EG derzeit noch überarbeitet. Auf den ersten Entwurf der EU-Kommission vom 10.01.2017 (siehe Filantro Fundraising Echo 2/2017 vom 11.04.2017) reagierten die Mitgliedstaaten mit über 800 Änderungsanträgen. Der federführende LIBE-Ausschuss (Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres) veröffentlichte daraufhin am 11.10.2017 einen Kompromissvorschlag.

Sobald der Rat hierzu eine eigene Position („allgemeine Ausrichtung“) vorgelegt hat, beginnt der Trilog zwischen Kommission, Rat und Parlament, also die Verhandlung über den finalen Gesetzestext. Die ePrivacy-VO soll dann (ebenso wie die DS-GVO) am 25.05.2018 als unmittelbar geltende „Verordnung über Privatsphäre und elektronische Kommunikation“ in Kraft treten.

Die ePrivacy-VO, eine Ausprägung des Fernmeldegeheimnisses, enthält auch Vorschriften über den Schutz vor unerbetener Kommunikation, obwohl das mit der Vertraulichkeit der Kommunikation und dem Schutz der Kommunikationsdaten nichts zu tun hat. Bei der Frage, ob jemand durch eine Kommunikation belästigt werden darf, handelt es sich eher um ein zivilrechtliches oder, bei kommerzieller Kommunikation, um ein wettbewerbsrechtliches Thema.

Dieser Schutz vor unerbetener Kommunikation umfasst eine Direktwerbung per Telefon (Art. 16 (1) ePrivacy-VO, Erwägungsgrund (8)). Der Begriff „Direktwerbung“ bezieht sich dabei nicht nur auf den Absatz von Waren oder Dienstleistungen durch gewerbliches Handeln (Art. 4 (3) f) ePrivacy-VO), sondern auch auf Nachrichten von Organisationen ohne Erwerbszweck (NPO), welche die Zwecke ihrer Organisation fördern wollen, und Nachrichten politischer Parteien (Erwägungsgrund (32)). Damit wird eine Spendenwerbung erfasst.

Anders als nach der DS-GVO darf ein Anbieter Kommunikationsdaten des Nutzers für eine Direktwerbung gegenüber natürlichen Personen grundsätzlich nur bei einer (vorherigen) Einwilligung nutzen (Art. 16 (1) ePrivacy-VO, Erwägungsgrund 33).

Der bisherige Kommissionsentwurf enthielt in Art. 16 (4) mit Erwägungsgrund (36) der ePrivacy-VO eine Öffnungsklausel zu Art. 16 (1) ePrivacy-VO, die es den Mitgliedstaaten ermöglichte, für persönliche Direktwerbeanrufe (keine automatischen Anrufsysteme) gegenüber natürlichen Personen ein Opt-Out-System vorzusehen. Aller Voraussicht nach hätte der deutsche Gesetzgeber hiervon keinen Gebrauch gemacht.

Nun gibt es eine kleine, aber wesentliche Änderung.

In der aktuellen Diskussionsfassung des Art. 16 (4) ePrivacy-VO wurde in der englischen Sprachfassung aus einem „may provide“ ein „shall provide“. Erwägungsgrund (36) spricht insofern jetzt von einer „obligation“. In Folge dessen wird es den Mitgliedstaaten also nicht nur „ermöglicht“, sondern diese werden vielmehr „verpflichtet“, für Direktwerbeanrufe gegenüber natürlichen Personen ein Opt-Out-System vorzusehen. Das soll in Form eines „Do Not Call Registers“ geschehen, in welches man sich – vergleichbar einer allgemeinverbindlichen „Robinsonliste Telefon“ – eintragen lassen kann.

Seminar ePrivacy Foto: © SAZ/Roland Schellwald Da es sich bei der ePrivacy-VO um unmittelbar geltendes Recht handeln wird, gäbe es für den deutschen Gesetzgeber keine Möglichkeit mehr, davon abzuweichen.

§ 28 (3) 2 BDSG, welcher bisher die Spendenwerbung auf eine Werbung mit Listendaten, zu denen die Telefonnummer nicht gehört, begrenzt hat, tritt am 25.05.2018 – mit Geltung der DS-GVO – außer Kraft.

Das wettbewerbsrechtliche Verbot des „cold calling“ in § 7 (2) Nr. 2 UWG, wonach es bei einem Telefonmarketing gegenüber Verbrauchern einer ausdrücklichen Einwilligung bedarf, stünde ebenfalls nicht entgegen.

Zum einen unterfällt Spendenwerbung grundsätzlich nicht dem UWG. Der Spender erhält für seine Spende gegenüber niemandem einen Anspruch auf eine Ware oder eine Dienstleistung, die Spendenorganisation setzt nichts ab und sie fördert auch keinen fremden Absatz.

Ausnahmen von diesem Grundsatz sind zwar denkbar, wenn um Sachspenden geworben wird und diese dann gewinnbringend veräußert werden oder wenn Spenden für einen bestimmten Zweck – als Dienstleistung gegenüber Dritten – eingeworben werben und die Spendenorganisation die Aufwendungen für ihre Mitarbeiter aus dem Spendenaufkommen finanziert. Beides ist aber regelmäßig nicht der Fall.

Zum anderen, und das ist entscheidend, geht § 7 (2) UWG auf die Vorgänger Richtlinie 2002/58/EG zurück. Folglich wird die ePrivacy-VO als unmittelbar geltende Nachfolgeregelung zukünftig § 7 (2) UWG aufgrund ihres Anwendungsvorrangs verdrängen. Damit sind bei einer Telefonwerbung im Sinne der ePrivacy-VO nur die dortigen Regelungen zu beachten.

Bliebe es also bei dem aktuellen Entwurf, dann bräuchte es für eine telefonische Spendenwerbung zukünftig kein Opt-In mehr. Es bleibt spannend zu sehen, wie sich der Entwurf der ePrivacy-VO in den Trilog-Verhandlungen weiter entwickeln wird.

 

Wer sich bei einem praxisorientierten Kompaktseminar auf die Änderungen durch die neue EU-Datenschutzgrundverordnung vorbereiten will, sollte sich jetzt diesen Termin vormerken: Am 21. März 2018 findet ein weiteres Tagesseminar zum Thema „Neue EU-Datenschutzgrundverordnung und ePrivacy-Verordnung" in Garbsen bei Hannover statt. Referent wird der Autor dieses Artikels Rechtsanwalt Ralf Rösler sein.

Für weitere Infos zum Kompaktseminar klicken Sie bitte hier.

Anmelden können Sie sich bei Christian Schleicher per E-Mail schleicher@fundraisingakademie.de oder unter der Fax-Nr.: +49(0)69 580 98–271.

 

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