Personal im Fundraising-Bereich: Beschaffung und Entwicklung

Von Dr. Thomas Kreuzer

Dr. Thomas KreuzerDr. Thomas Kreuzer, Geschäftsführer der Fundraising Akademie in Frankfurt.Der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen. Obwohl sich im Fundraising-Sektor weder ein anspruchsvolles Personal-Recruting noch eine nachhaltige Personalentwicklung Geltung verschafft hat. Laufbahnberatungen oder gar Karriereplanungen existieren de facto nicht oder nur im Ansatz. Darum bezieht sich der vorliegende Artikel eher auf das Erwünschte denn auf Gegebenheiten.

Bedarf und Qualität

In der letzten Dekade ist die Nachfrage an Fundraisern anhaltend gewachsen und dieser Trend hält an. Der Bedarf ist jedoch sehr unterschiedlich. Kleine und mittlere Organisationen, die mit dem Fundraising starten, suchen zunächst Generalisten, die Strukturen aufbauen und erste Erfolge ermöglichen sollen. Dies geschieht häufig über Direktmarketing-Aktionen, die Beantragung von Stiftungsmitteln, Geldauflagenmarketing oder Unternehmenskooperationen. Wenn Führung und Leitung die neue Investition unterstützen, wird der neue Fundraiser relativ rasch erste Erfolge erzielen. Betrifft es dagegen den Aufbau komplexer Strukturen wie in dezentralen Organisationen oder Kirchen, geht es meist zunächst darum, interne Überzeugungsarbeit zu leisten und Rahmenbedingungen zu schaffen. Anders bei Organisationen, die bereits über eine Fundraising-Abteilung verfügen und Fundraising als Teil der eigenen Kultur verstehen. Diese Organisationen suchen meist konkrete Fachleute für spezifische Themen und Aufgaben oder möchten einen einzelnen Bereich stärken.

Mit dieser Differenzierung sind auch schon die ersten Stellenbeschreibungen angedeutet: Es macht einen Unterschied, ob eine Person gesucht wird, die sich auf die Anwendung spezifischer Instrumente versteht und ein eingespieltes Team verstärkt, oder ob es zunächst um einen Entwicklungs- und Veränderungsprozess geht, der die Organisation als Ganze oder Teilbereiche betrifft. Häufig sind Fundraiser in kleinen und mittelgroßen Organisationen Einzelkämpfer, die beides können sollen: Strukturen aufbauen und erste Einnahmen generieren.

Oft wird zu den Generalisten eine Person gesucht, die sich ausschließlich dem Großspenden-Fundraising und Erbschaftsmarketing widmet; oder die sich auf die Akquisition von Stiftungsmitteln versteht; oder die firm ist im Einwerben und Abrechnen von europäischen Mitteln. Diese spezifischen Stellen scheinen schwerer zu besetzen zu sein, vor allem wenn sie mit konkreten Erwartungen an die Organisations-Einnahmen verknüpft sind. Aktuell bewerben sich auf ausgeschriebene Generalisten-Stellen zwischen 50 und 100 Personen. Die Anzahl der Bewerber sinkt nach Spezifizierung des Stellenprofils deutlich.

Möglichkeiten der Personalgewinnung

Die häufigste Personalgewinnung im Fundraising ist eigentlich eine Form der Personalentwicklung und ‑förderung, indem bewährte Mitarbeiter aus den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit oder Projektentwicklung mit dem Aufbau des Fundraisings beauftragt werden. Dies hat den Vorteil, dass die Handelnden schon mit der Organisation und ihrer Kultur vertraut sind. Über Fortbildungen, Coaching und kollegiale Prozesse müssen sie sich das entsprechende Wissen aneignen, um die anstehenden Aufgaben zu bewältigen.

Neben interner Personalentwicklung ist die klassische Personalgewinnung über das Schalten von Anzeigen in regionalen oder überregionalen Tageszeitungen oder spezifischen Plattformen üblich. Die Verbreitung der Stellen über die Fundraising Akademie und auch den Deutschen Fundraising Verband dürfte gegenwärtig die am meisten zielgruppenspezifische Werbeform sein. Bei vielen Anzeigen ist auffallend, dass die Stellenprofile zu viele Aufgabenbereiche versammeln, die professionell von einer Person kaum im Ansatz geleistet werden können. Häufig kommt eine vom Arbeitgeber vorgegebene Befristung auf zwei Jahre hinzu. Ein Zeitraum, der für den Aufbau des Fundraisings mindestens angesetzt werden muss. Eine Befristung auf ein Jahr ist schlicht unseriös und fragwürdig dazu.

Stellenbeschreibungen sollten sich neben einer angemessenen Befristung vor allem durch eine kundige Zuspitzung des Aufgabenfeldes auszeichnen. Für die Organisation ist es also wichtig, schon im Vorfeld ihre Ziele klar zu bestimmten.

Seit einigen Jahren unterstützen Personaldienstleister auch im Fundraising-Sektor die Suche von Einrichtungen und Organisationen. Zurzeit verfügen aber nur wenige dieser Dienstleister über ein respektables Netzwerk. Aber auch an diesem Punkt unterliegt die Branche einer Dynamisierung.

Profile und Profilbildungen

Insgesamt vorherrschend ist noch immer die Suche nach Generalisten zum Aufbau des Fundraisings. Wir hatten schon grundsätzlich unterschieden zwischen dem Aufbau von Strukturen und dem Einwerben von Mitteln. Dies muss sich auch in den Stellenprofilen niederschlagen. Weitere Spezifizierungen betreffen die Aufgabenfelder Geschäftsführung, Bereichsleitung, Direktmarketing, Online-Fundraising, Event-Management, Telefon-Fundraising, Face-to-face-Fundraising, Datenbank-Fundraising, Stiftungsmarketing, Corporate Social Responsibility (CSR) und Unternehmenskooperation sowie neuerdings zunehmend und wachsend der gesamte Bereich der Engagement-Beratung beziehungsweise des Großspenden-Fundraisings.

Natürlich werden die Aufgabenfelder auch kombiniert, und die Kunst der Personaler besteht darin, eine angemessene Beschreibung des Kontextes vornehmen zu können, auf den sich die jeweilige Kombination und Verknüpfung bezieht. Seltener geworden ist die Verschränkung mit den Bereichen Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit und Public Relations, da sich das Fundraising in den vergangenen Jahren als eigenständige Disziplin etabliert hat.

Personalentwicklung und Personalförderung

Personalentwicklung und Personalförderung ist im Fundraising der deutschsprachigen Länder noch wenig ausgebildet. Zwar existieren zum Teil Personalgespräche mit Zielvereinbarungen und auch Team-Klausuren. Von einem Ansatz, der die Gesamtstrategie, die Entwicklung der Fundraising-Abteilung und die Entwicklung der Einzelnen in den Blick nimmt, ist der Status Quo noch weit entfernt. Die Fundraising-Branche hat also Entwicklungsbedarf in Sachen Personalentwicklung.

Neben regelmäßigen Teambesprechungen sind mindestens jährliche Team-Klausuren zu empfehlen, welche die Fundraising-Arbeit in die Gesamtstrategie einbinden, in welchen Fundraising-Ziele formuliert werden, Anzustrebendes in der gemeinsamen Arbeit fixiert und Entwicklungsmöglichkeiten von Einzelnen angesprochen werden.

Entwicklungsbedarf besteht auch im Bereich der thematischen Ausrichtung des Fundraisings. Gegenwärtig wird ein besonderes Augenmerk auf die Bereiche Digitalisierung und Major Gifts gelegt.

Zielvereinbarungen im Fundraising sowie persönliche und fachliche Entwicklungsziele sind noch immer die Ausnahme. Hier sollte durch konsequente Jahresgespräche Sicherheit und Zufriedenheit von Mitarbeitern und Einrichtung erhöht werden. In diesem Zusammenhang sind auch die Fort- und Weiterbildungen zu nennen, die Bestandteil jedes Fundraising-Budgets sein sollten.

Der beste Generalist stößt in der Regel nach einigen Jahren an seine Motivationsgrenzen, so dass es naheliegend ist, frühzeitig Karriereziele ins Auge zu fassen, die dem einzelnen Mitarbeiter dienen, aber auch die qualitative Arbeit und Innovation des Unternehmens sichern.

Board Education

Obwohl in nahezu allen Publikationen und Einführungen ins Fundraising davon die Rede ist, dass dieses auf der Leitungsebene angesiedelt werden muss, ist das Fundraising in den Organisationen noch immer unzureichend auf eben dieser Leitungsebene angekommen.

Auch wenn die Umstrukturierungen im Non-Profit-Sektor mehr Führungsetagen von Nonprofit-Organisationen zu Investitionen ins Fundraising nötigt, ist das Wissen in Führung und Leitung noch nicht auf dem Stand, auf dem es für eine kundige Steuerung sein müsste. Das hängt auch damit zusammen, dass sich in den ehrenamtlichen Gremien von Vereinen und Einrichtungen Personen in Leitungspositionen wiederfinden, die mit einem hohen idealistischen Überschuss ausgestattet sind und dieses ehrenamtliche Engagement gerade als „Gegenwelt“ zur Ökonomisierung der Gesellschaft betrachten.

Auch wenn viele Leitungskräfte in ehrenamtlichen Kuratorien, Präsidien und Aufsichtsräten aus dem Profit-Bereich stammen, ist die Unkenntnis im Blick auf Marketing, Fundraising und Steuerung von Organisationen bemerkenswert. Was ansteht, ist Board-Education als zentrale Entwicklungsaufgabe der kommenden Jahre.

Ausblick

Nach Eindruck des Autors wurde in den vergangenen Jahren im Bereich der Personalentwicklung zu wenig nach vorhandenen Kompetenzen von Einzelnen als auch nach geprägten Kulturen und vorhandenen Kontexten geschaut, in denen neue Mitarbeiter ihre Aufgaben wahrnehmen sollen. Aller Voraussicht nach geht es in den kommenden Jahren viel stärker als bisher darum, Modelle zu entwickeln, in denen das Können von Einzelnen sowie Kontext und Kultur einer Organisation bestimmend für die Personalentwicklung sein werden. Es sollte also zunächst darum gehen, die Kontexte einer Organisationskultur wahrzunehmen und zu rekonstruieren – als Voraussetzung einer qualifizierten Personalgewinnung und Personalförderung.

Das übergeordnete Ziel solcher Überlegungen ist, unterschiedliche Modelle des Fundraisings unterschiedlichen Modellen von Organisationen zuordnen zu können, um endlich zu einem Pluralismus zu gelangen. Im kirchlichen Bereich beispielsweise ist die Orientierung am Marketing vielleicht unangebracht, weil es hier im Grunde um Mitgliederorientierung geht. In Umweltorganisationen mit starken Visionen mag eine „mission-based-orientierte“ Ausrichtung sinnvoll erscheinen, weil Fundraising als Öffentlichkeitsarbeit viel zu schwach aufgestellt wäre. In einer Organisation, die von Leistungsentgelten lebt, kann Fundraising ein Teil der Kommunikationsabteilung sein, weil andere Finanzierungsmodelle für die Organisation gar nicht in Frage kommen werden. Und an Hochschulen geht es vermutlich wirklich im Fundraising um „Hochschulentwicklung“, weshalb die Fundraising-Beauftragten diese Ausrichtung in der Bezeichnung ihrer Abteilung auch führen sollten.

Wenn diese Formen des Selbstverständnisses kommuniziert werden, könnte ein wichtiger Schritt getan sein, qualifizierte Mitarbeiter für das jeweils verschieden ausgerichtete Fundraising zu gewinnen. Vermutlich muss die Fundraising-Branche nach Jahren der allgemeinen Schlussfolgerungen, was die Positionierung des Fundraisings angeht, zukünftig mehr vom Einzelfall ausgehen und die jeweilige Organisationskultur in den Blick nehmen und das Fundraising und entsprechend die Personalentwicklung daran ausrichten.

 

Der Autor:
Dr. Thomas Kreuzer ist seit 1999 Geschäftsführer der Fundraising Akademie in Frankfurt am Main. Er studierte Evangelische Theologie, Gesellschaftswissenschaften und Philosophie in Frankfurt am Main, Rom und Heidelberg. Dr. Kreuzer ist Autor und Herausgeber mehrerer Publikationen und Referent auf zahlreichen Tagungen und Kongressen zum Thema Fundraising.
www.fundraisingakademie.de

 

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