Pledges – Riskante Spendenversprechen

MüllerleileKolumnist Dr. Christoph Müllerleile meint ...© Dr. Christoph Müllerleile

von Dr. Christoph Müllerleile

Als am 14. April 2019 die Kathedrale Notre-Dame in Paris in Flammen stand, war der Wunsch nach baldigem Wiederaufbau überwältigend. Er löste eine gewaltige Spendenbereitschaft aus. Nach zwei Tagen gab es bereits Spendenzusagen über 850 Millionen Euro. Den größten Teil davon wollten die schwerreichen Familien Arnault, Bettencourt Meyers und Pinault aufbringen. Zahllose Firmen, Kommunen, Mäzene und Kleinspender schlossen sich an. Der Präsident versprach, dass die Restaurierung in fünf Jahren abgeschlossen sein könnte.

Nach zwei Monaten hatten jedoch erst zehn Prozent der zugesagten Summe die vier Stiftungen erreicht, die die erwartete Spendenflut auffangen sollten. Zwar waren Tausende Kleinspenden eingegangen. Doch die Großspender hielten sich zurück, heftig kritisiert von ungeduldigen Medien. Die Kritik verstummte bald, denn es lag weder eine sichere Kostenschätzung vor, noch konnte in der kurzen Zeit ein solides Projektmanagement aufgebaut werden. Großspender sind nicht nur in Frankreich vorsichtig, wenn es um die Einhaltung von Zusagen geht. Sie wollen über Projektentwicklungen informiert werden und sukzessive zahlen. So halten sie es auch in ihrem Business. Viele haben ein eigenes Spendenmanagement oder Berater/innen, die das für sie tun.

Anders als in Deutschland und Frankreich haben öffentliche Spendenversprechen, also Pledges, in den USA und Großbritannien einen hohen Stellenwert und dienen gelegentlich dazu, die Bevölkerung über unpopulären Geiz oder mangelnde Zahlungsfähigkeit reicher Leute hinwegzutäuschen. Der heutige amerikanische Präsident Donald Trump behauptete im Wahlkampf 2016, große Teile seines Vermögens gespendet zu haben. Nur war der Immobilien-Tycoon offenbar nicht so flüssig, wie die „Washington Post“ herausfand. Bei kaum einer der 420 Organisationen, für die er gespendet haben wollte, kam etwas an. Nicht einmal die Trump Foundation soll von ihrem Namensgeber nennenswert bedacht worden sein.

Bekannt ist, dass die große Rezession von 2008 in den USA besonders viele Spendenzusagen platzen ließ, die von vermeintlich reichen Haus- und Grundstücksbesitzern und von Börsenmaklern kamen. Das traf besonders Kultur und Kunst, als deren Mäzene sich die Großverdiener feiern ließen. Die Banken- und Versicherungspleiten ließen Hoffnungen von Museen und Galerien auf zugesagte Gelder in den Wolken verschwinden.

In Deutschland sind öffentlich zugesagte Großspenden für Projekte, die nicht von den Mäzenen selbst initiiert sind, selten. Die im Juni 2010 von Bill Gates und Warren Buffett weltweit gestartete Spendenversprechenskampagne Giving Pledge fand in Deutschland nur wenige Gleichgesinnte. Deutschlands Superreiche geben eher in der Stille, um nicht Neid und Häme oder gar kriminelle Bedrohungen auf sich und ihre Familie zu ziehen. Verheimlichen lassen sich Großspenden nicht, weil alle spendenwürdigen Organisationen Transparenz gelobt haben. Dass sich die vertrauensbetonte Gewinnung und Pflege von Großspender/innen in Deutschland lohnt, machen die immer häufigeren Großspenderkampagnen, erfolgreichen Fortbildungen und Bücher auf diesem Gebiet deutlich.

Der Autor ist freier Fachautor für Fundraising und Philanthropie. Der Kommentar stellt seine persönliche Meinung dar. Kontakt: muellerleile@t-online.de

 

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