Der Weg zu einem rechtlich einwandfreien Opt-In für Telefon- und Briefwerbung

Rechtsanwalt Ralf RöslerRechtsanwalt Ralf RöslerAusgangspunkt

Jede geschäftliche Handlung, durch die jemand in unzumutbarer Weise belästigt wird, ist unzulässig. Das gilt insbesondere für unerwünschte Werbung. Es kann dann ein unlauteres Handeln im Wettbewerb vorliegen (UWG) bzw. gegen Persönlichkeitsrechte des Betroffenen verstoßen werden, etwa aufgrund einer Verletzung der Privatsphäre (BGB) oder - bei einer automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten - einer Verletzung des Datenschutzrechts (BDSG, TMG).

Alle Rechtsgebiete sind für eine rechtskonforme Werbung zu beachten, nicht nur das Wettbewerbsrecht oder nur die Datenschutzanforderungen. Nach dem UWG unzulässige Werbeformen (z.B. nach § 7 (2) Nr. 2 UWG) verletzen grundsätzlich auch „schutzwürdige Interessen des Betroffenen“ nach dem BDSG (etwa im Rahmen von § 28 (3) 6 BDSG).

Unter „Werbung“ fällt jede Handlung, die zumindest mittelbar dazu dienen soll, den Absatz oder den Bezug von Waren oder Dienstleistungen zu fördern. Der Schutz der Privatsphäre und der Datenschutz umfassen darüber hinaus auch die Werbung politischer Parteien und die Spendenwerbung.

Wenn sich der Werbende auf keinen gesetzlichen Rechtfertigungstatbestand berufen kann, kommt nur eine Einwilligung des Werbeadressaten als Rechtfertigung in Betracht. Die vorherige ausdrückliche Werbeeinwilligung bezeichnet man als „Opt-In“. Es ist eine Willensbekundung, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt (BGH v. 17.07.2008, Az.: I ZR 75/06).

Einwilligungsfähigkeit von Minderjährigen

Minderjährige können in vielen Bereichen selbständig handeln und eine persönlichkeitsrechtlich relevante Einwilligung erteilen, wenn eine Einsichtsfähigkeit angenommen werden kann. Es gibt hierzu viele Spezialvorschriften, die leider ein uneinheitliches Bild zeichnen.

Religionsmündigkeit, also das Recht zum Kircheneintritt und -austritt, liegt etwa ab Vollendung des 14. Lebensjahrs vor, § 5 RelKErzG. Dann besteht auch keine Pflicht mehr zur Teilnahme am Religionsunterricht. Einem Religionswechsel durch die Eltern kann der Minderjährige bereits ab dem 12. Lebensjahr widersprechen. Minderjährige können ab dem vollendeten 15. Lebensjahr die Krankenkasse wählen (§ 175 (1) 3 SGB V), Anträge auf Sozialleistungen stellen und diese auch empfangen (§ 36 (1) SGB I). Bei einem minderjährigen Azubi müssen zwar auch die Eltern den Ausbildungsvertrag unterschreiben (§ 11 (3) BBiG), mit vorheriger Ermächtigung der Eltern kann der Minderjährige jedoch einen Arbeitsvertrag allein schließen (§ 113 (1) BGB).

Einwilligungsfähigkeit im Datenschutzrecht

Für eine freie und informierte Einwilligung nach § 4a BDSG ist keine zivilrechtliche Geschäftsfähigkeit (ab Vollendung des 18. Lebensjahrs) erforderlich. Ausreichend ist eine Einwilligungsfähigkeit. Wann diese vorliegt, ist gesetzlich allerdings nicht geregelt. Es bedarf einer Abwägung im Einzelfall je nach Zweck und Umfang der Datenverwendung (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 30.06.2005, Az.: 6 U 168/04). Art. 8 der geplanten EU-Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO), welche frühestens ab Herbst 2016 in Kraft treten wird, nimmt ab Vollendung des 14. Lebensjahrs eine Einwilligungsfähigkeit an. Bis dahin müssen die Eltern zustimmen. 13-jährige können daher auch nach künftigem Recht nicht wirksam in eine (werbliche) Nutzung ihrer Daten einwilligen.

Einwilligungsfähigkeit im Wettbewerbsrecht

Die Werbeeinwilligung nach dem UWG ist eine geschäftsähnliche Handlung, aber kein Rechtsgeschäft. Daher kommt es auch hier auf eine Einwilligungsfähigkeit und nicht auf eine Geschäftsfähigkeit an. Gemäß § 4 Nr. 2 UWG sind Verbraucher vor einer Ausnutzung ihrer altersbedingten Unerfahrenheit zu schützen. Das umfasst die Datenerhebung zu Werbezwecken bei Kindern und Jugendlichen. Nr. 28 des Anhangs zu § 3 (3) UWG verbietet unmittelbare Kaufappelle in der Werbung gegenüber Kindern (das betrifft wohl nur Minderjährige unter 14 Jahren, eine Klärung durch den EuGH steht noch aus).

Nach Auffassung des OLG Hamm haben selbst 15-17-jährige noch nicht die nötige Reife, um in eine Datenspeicherung und Verwendung zu Werbezwecken wirksam einwilligen zu können; dies gilt zumindest bei einer zeitlichen Drucksituation wie auf einer Ausbildungs-Messe (Urteil v. 20.09.2012, Az.: I-4 U 85/12). Ob das der Generation der „digital natives“ wirklich gerecht wird, ist zweifelhaft.

Briefwerbung

Solange der Werbende von ihm selbst beim Betroffenen (z.B. im Rahmen eines Gewinnspiels) oder aus allgemein zugänglichen Verzeichnissen erhobene Adressdaten sowie ein übergreifendes Merkmal (sog. Listendaten) nur für Briefwerbung verarbeitet und nutzt, gilt das Opt-Out-Prinzip (§ 28 (3) 2 Nr. 1 BDSG, § 7 (2) Nr. 1 UWG). Telefon- und Telefaxnummern sowie E-Mail-Adressen sind keine Listendaten im Sinne von § 28 (3) 2 BDSG. Im diesem Rahmen genügt es, bei Erhebung der Daten (sofern Direkterhebung) und in jedem Werbeschreiben auf die geplante Nutzung für eigene Werbezwecke und das Recht zum jederzeitigen Werbewiderspruch (§§ 4 (3) 1 Nr. 2, 28 (4) 2 BDSG) hinzuweisen.

Werden noch andere als Listendaten beim Betroffenen erhoben und für Briefwerbung verwendet („Welches Auto fahren Sie? Welches Baujahr? Wann wollen Sie ein neues kaufen?“), bedarf es einer Einwilligung (Opt-In). Dabei kann die Unterzeichnung einer gleichzeitigen Vertragserklärung als Opt-In mit genutzt werden, wenn die Einwilligungsklausel im Text hervorgehoben ist und gestrichen werden kann (BGH vom 11.11.2009, Az.: VIII ZR 12/08, „HappyDigits“).

Der durch nicht-adressierte Postwurfsendung Werbende hat nicht nur einen Sperrvermerk auf dem Briefkasten („Bitte keine Werbung!“) zu beachten, sondern auch einen ihm zugesandten persönlichen Werbewiderspruch (LG Lüneburg vom 30.09.2011, Az.: 4 S 44/11, „Einkauf aktuell“). Gleiches gilt für teil-adressierte („An die Bewohner des Hauses“) Briefwerbung (OLG München vom 05.12.2013, Az.: 29 U 2881/13). Anzeigenblätter werden wegen ihres redaktionellen Bestandteils vom Text „Bitte keine Werbung!“ nicht erfasst, hier muss der Sperrvermerk deutlicher sein (z.B.: „Bitte keine Werbung und keine Gratisblätter!“).

Telefonwerbung Business to Consumer (B2C)

Bei Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern (B2C) ist immer eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers erforderlich (§ 7 (2) Nr. 2 UWG). Telefonwerbung B2C ist selbst bei einem bestehenden Vertragsverhältnis verboten, wenn es (auch) darum geht, den Kunden zu einer Ausweitung, Änderung oder Verlängerung des Vertrages zu bewegen.

Werbung“ umfasst dabei Rückwerbegespräche, die Vereinbarung eines Gesprächstermins oder die Ankündigung eines Vertreterbesuchs, Kundenbindungsmaßnahmen wie einen Anruf zur Ermittlung der Kundenzufriedenheit nach bereits erfolgter Vertragsabwicklung (OLG Köln vom 30.03.2012, Az.: 6 U 191/11, „Carglass“) oder Shop-Bewertungsanfragen (AG Hannover vom 03.04.2013, Az.: 550 C 13442/12, zur E-Mail-Anfrage).

Telefonwerbung Business to Business (B2B)

Bei Telefonwerbung gegenüber Unternehmern (B2B) genügt eine mutmaßliche Einwilligung. Ein sachliches Interesse muss aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände zu vermuten sein, es kann bei bestehenden Geschäftsbeziehungen unterstellt werden. Das Interesse des angerufenen Unternehmers muss sich auch auf eine Werbung gerade per Telefon beziehen, etwa weil das Angebot mündlich besser dargestellt werden kann und eine Eilbedürftigkeit besteht.

Das Hinterlegen einer Visitenkarte am Messestand zur Kontaktaufnahme ist als Opt-In anzusehen („Anwendungshinweise Werbung 12/2013“ des Düsseldorfer Kreises der Datenschutzaufsichtsbehörden).

Das werbende Unternehmen darf die Rufnummernanzeige nicht unterdrücken, § 102 (2) TKG, das gilt für Werbeanrufe B2B und B2C.

Telefon-Opt-In durch AGB?

In der Bundestags-Drucksache 17/6482 vom 06.07.2011 hieß es noch: „Vor dem Hintergrund, dass eine wirksame Einwilligung durch vorformulierte Erklärungen derzeit ausgeschlossen ist, wird die Bundesregierung ernsthaft prüfen, ob und gegebenenfalls wie sich ein Textformerfordernis einführen lässt, ohne dass eine wirksame Einwilligung praktisch ausgeschlossen wird.“

Das Gesetz darf in einem Rechtsstaat nichts Unmögliches verlangen. Es muss daher eine im modernen Geschäftsleben praktikable Möglichkeit bestehen, ein Opt-In zu erhalten. Eine solche Einwilligung kann daher auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam erteilt werden (BGH v. 25.10.2012, Az.: I ZR 169/10, unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung zu Telefonwerbeklauseln). Das setzt voraus, dass der Verbraucher erkennen kann, auf welche Art von Werbemaßnahmen und auf welche Unternehmen sich seine Einwilligung bezieht (BGH a.a.O.).
 

Wie aber formuliert man eine wirksame Opt-In-Klausel? Dazu mehr im nächsten Newsletter.
 

Autor: Rechtsanwalt Ralf Rösler, Herford
www.roesler.de

 

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