S€PA – können wir das Thema nun abhaken?

Von Michael Buschkühl

Michael BuschkühlMichael BuschkühlS€PA ist nun endgültig umgesetzt - mit dem 2. August 2014 sind Kontonummer und Bankleitzahlen für Unternehmen tabu. Damit können Sie sich wieder wichtigeren Themen zuwenden, meinen Sie. Hoffen dürfen Sie, aber die Realität wird anders aussehen! Warum?

Nur der S€PA-Rohbau ist fertiggestellt
Der S€PA-Rohbau ist gerade mehr schlecht als recht fertiggestellt, bei vielen Unternehmen und Organisationen fehlt es aber immer noch an tragfähiger Statik. Vieles ist nur Provisorium. Die EU-Kommission hat gut daran getan, die Strafbewehrung der Kreditinstitute bei Annahme von Aufträgen mit Kontonummer und Bankleitzahl um sechs Monate zu verschieben. Gerade in Deutschland hätte die Umsetzung für Februar 2014 zu größeren Problemen geführt, was zwar die Deutsche Bundesbank bestreitet, aber Fachleute und Banker hinter vorgehaltener Hand eindeutig bestätigen.

Widerspruch Ihrerseits? Es funktioniert doch, meinen Sie. Wenn Sie damit meinen, dass Sie Geld überweisen oder einziehen können, so gesehen liegen Sie richtig. Aber Sie können auch in ein neu erbautes Haus gehen, von außen picobello, die Haustür öffnen und dann den Lichtschalter drücken und nichts passiert. Von außen ein vermeintlich schönes Haus, aber der Innenausbau hat noch nicht statt gefunden. S€PA steckt noch in den Kinderschuhen, die Pubertät liegt noch vor uns! Beispiele gefällig?

Neue Zahlungsdienste-Richtlinie, die Zweite
Die Payment Services Direktive 2 liegt in den letzten Beratungszügen im EU-Parlament, sie soll Anfang 2015 als weitere Richtlinie verabschiedet werden. Es geht um gesetzliche Schönheitsreparaturen für Überweisungen und Lastschriften sowie um eine völlige Neuregelung der Kartenzahlungen.

Grundlegende Änderungen beim Basis-Lastschriftverfahren geplant
Der Europäische Zahlungsverkehrsrat (EPC) denkt an gravierende Änderungen im Lastschriftbereich. COR1 statt CORE soll dann Standard werden, verbunden mit kürzeren Einreichungsfristen (wie vielfach von Ihnen gewünscht). Eine neue zusätzliche Lastschriftart mag eingeführt werden, ähnlich der ausschließlich für Firmen geltenden Art (B2B), allerdings dann für Verbraucher, die das Widerspruchsrecht ausschließt. Selbst Bundesbank-Vorstand Thiele warnt vor einer Einführung dieser Art, weil das (missbrauchte) Vertrauen eventuell getäuschter Zahler auf die Gesamtheit aller Verbraucher abfärben könnte und somit die Bereitschaft, Mandate zu erteilen, erheblich sinken könnte. Viele dieser Neuheiten werden für Ende 2016 erwartet.

EUR-Zahlerkonten sind von EWR-Ländern verpflichtend anzuerkennen
Sehr viele Unternehmen verweigern die Annahme eines Mandats (beispielsweise ein großer Telekommunikationskonzern), wenn der Zahlungspflichtige ein Konto außerhalb Deutschlands angeben möchte. Alle Einreicher sind gemäß Artikel 9 der Migrationsverordnung verpflichtet, solche „ausländischen“ Konten zu berücksichtigen. Die EU-Kommission hat der Bundesrepublik Deutschland bereits ein Vertragsverletzungsverfahren mit Brief vom 14. März 2014 angedroht. Da keine aktuelle Besserung hierbei in Sicht ist, wird dieses Verfahren wohl in Kürze nach der Sommerpause beginnen.

Geänderte Formulare - neues Scheckdesign
Formulare ändern sich spätestens zum Februar 2016, QR-Codes auf Überweisungen sind möglich, das Scheckdesign wird sich grundlegend ändern (IBAN und evtl. QR-Code). Und vieles mehr! Somit stehen uns weiter spannende Zeiten bevor: Softwareanpassungen etc. und damit weitere Kosten für Sie werden nicht ausbleiben können, garantiert.

Erheblich geringere zwischenbetriebliche Kosten der Kreditinstitute
Positive Nachrichten gibt es auch. Einreicher müssten seit Februar 2014 weniger für Rücklastschriften bezahlen, wenn alles korrekt laufen würde. Denn der Artikel 8 der Migrations-VO 260/2012 schreibt dem rückgebenden Kreditinstitut vor, ausschließlich nur noch die für die Rückgabe anfallenden konkreten Kosten berechnen zu dürfen, aber keine weiteren Kosten wie allgemeine Aufwendungen (Miete, Büroeinrichtungen etc.) oder Dispositionszeiten oder gar Gewinnzuschläge. Kurz gesagt: Bei der Stoppuhr zur Kalkulation der anfallenden Arbeitszeit darf erst dann „Start“ gedrückt werden, wenn die Entscheidung, die Lastschrift nicht einzulösen, bereits gefallen ist. Häufig sind automatische Rückgabe-Entscheidungen (bis zu 90% aller Rückgaben), somit sind nur IT-Kosten zu berechnen. Zur besseren Einordnung: Über die MVO sind nur Entgelte zwischen den Kreditinstituten, nicht das Entgelt, das Ihre „Einreicher-Bank“ mit Ihnen für die zurückgerechnete SDD belastet, diese ist frei von Regulierungen und wird in Ihrer Inkassovereinbarung mit Ihrem Kreditinstitut frei vereinbart.

Da Kreditinstitute unterschiedliche Kostenstrukturen haben, ist eine allgemeingültige Aussage zu den maximal möglichen Entgelten nicht möglich, eine gute Entgelt-Orientierung bieten hier Postbank (0,22 Euro) und Deutsche Bank (0,24 Euro). Die BfS verzichtet sogar beispielhaft auf eine Berechnung. Im Gegensatz hierzu sehen u.a. Sparkassen eine neue Ertragsquelle sprudeln, nicht wenige nehmen bis zu 6 Euro pro Rücklastschrift. Kommentar überflüssig!

Überhöhte Kosten dürfen bis zu 3 Jahre (§ 195 BGB) zurückgefordert werden. Die Lastschrifteinreicher können sich an Ihre Bank wenden oder direkt an die zurückgebende Bank. Oder, falls Sie nicht „weiterkommen“, schalten Sie das Kartellamt oder die BaFin ein. Denn diese Behörden haben die Möglichkeit, die Kalkulationsmethode und die angesetzten Kosten von diesen Kreditinstituten anzufordern und zu überprüfen, Sie als Betroffener haben diese Möglichkeit verständlicherweise nicht.

Ein Kunde von mir verschafft sich gerade einen Überblick und erhofft sich allein für 2014 mindestens eine hohe sechsstellige Gesamtrückforderungsmöglichkeit, da bei mehreren Millionen Einzügen erhebliche Rücklastschriftenquoten entstehen. Selbst wenn Sie ein geringeres Rückgabevolumen haben, wollen Sie auf das Ihnen zustehende Geld für Ihre hilfreichen Projekte wirklich verzichten?

S€PA ready?
Sicher, aber auf lange Sicht nicht ohne Ecken und Kanten. Meine Vision: 2020 dürfen Sie sich in Sachen S€PA ein wenig zurücklehnen. TOP - die “Wette” gilt!

 

Der Autor: Michael Buschkühl, Bonn, hat 30 Jahre Erfahrung im Zahlungsverkehr, davon 15 Jahre u.a. als Bereichsleiter e-Banking einer Großbank. Er ist nun freiberuflich tätig, berät und schult weltweit Kreditinstitute und Unternehmen. www.buschkuehl.de

 

Publikation: