Social Media bringt etwas, wenn sich die Zielgruppe dort bewegt

Von Roland Schellwald

Wer erfolgreiches Online-Fundraising betreiben will, der braucht eine gute Website und die richtige Social Media-Strategie. Welche wichtigen Kriterien muss eine moderne Website erfüllen? Für wen lohnt sich überhaupt eine Präsenz in den sozialen Netzwerken? Und wenn ja, auf welchen Kanälen? Das Filantro Fundraising Echo sprach darüber mit Art Director Oliver Esberger.

Fundraising Echo: Was ist heutzutage bei der Gestaltung einer guten Website für eine Non-Profit-Organisation zu beachten und was wird oft falsch gemacht?

Oliver Esberger Social Media-Experte Oliver Esperger.
Foto: © i-gelb
Oliver Esberger: Das Wichtigste bei der Gestaltung einer Website ist, sich primär in den zukünftigen Besucher hineinzuversetzen, ganz gezielt ihn im Blick zu haben. Die Frage, die man sich immer wieder stellen muss, ist: Würde ich das auch verstehen, wenn ich nicht ein Teil der Organisation bin? Noch immer werden manche Websites aus der Sicht der Organisation gestaltet. Es ist schlecht, wenn eine Website dem Vorstand besser gefällt als dem Besucher.

Fundraising Echo: Gibt es derzeit Design-Trends?

Oliver Esberger: Das Design ist heute flächiger, bewegt sich weg vom Kleinteiligen oder Verschachtelten. Oft wirkt das Design fast magazinhaft. Eine gute Website könnte fast auch gedruckt funktionieren. Außerdem ist zu beobachten, dass die hierarchischen Navigations-Strukturen langsam verschwinden. Das hängt mit der Suchmaschinen-Optimierung zusammen. Die Navigation ist nicht mehr so wichtig, viel mehr haben die Inhalte an Bedeutung gewonnen.

Fundraising Echo: Können Sie uns Webseiten von Non-Profit-Organisationen nennen, die Sie besonders gut gelungen finden?

Oliver Esberger: Diese Frage zu beantworten fällt mir besonders schwer, weil ich fast täglich etwas entdecke, was ich gut finde. Zurzeit gefällt mir die Seite von Fairtrade gut. Generell stelle ich aber fest, dass viele große Organisationen inzwischen sehr gute Webseiten haben. Ich kann nur jedem empfehlen, intensiv zu schauen, wie andere ihre Webauftritte gestalten, um sich Anregungen zu holen.

Fundraising Echo: Zur Online-Strategie gehören heutzutage meist auch Social Media-Aktivitäten. Bei Social Media scheiden sich die Geister: Die einen meinen, bei Facebook, Twitter und Co. ist Dabeisein alles – es bringt nur nichts. Andere wiederum sind davon überzeugt, dass Aktivität in den sozialen Netzwerken sehr wichtig ist. Was ist Ihre Meinung?

Oliver Esberger: Das kann man meiner Meinung nach nicht schwarz-weiß sehen. Ob sich eine Organisation in den sozialen Netzwerken engagieren sollte, hängt von der Erwartungshaltung ab und davon, welche Ziele man verfolgt. Da muss nicht jeder mit dabei sein. Aber jeder sollte sich fragen, wo er hinmöchte und wieviel Aufwand er dafür betreiben muss. Social Media bindet Manpower – vielleicht ist der Einsatz dieser Arbeitskraft in anderen Bereichen ja doch besser aufgehoben?

Fundraising Echo: In welchen Fällen kann Social Media denn hilfreich sein?

Oliver Esberger: Hilfreich ist der Einsatz von Social Media vor allem dann, wenn ich weiß, dass sich genau dort meine Zielgruppe bewegt. Das zeigt sich vor allem bei Kampagnen, bei denen man sich den Multiplikatoren-Effekt zunutze machen kann. Bei bestimmten Themen und Zielgruppen funktioniert das sehr gut.

Fundraising Echo: Gibt es eine Möglichkeit, per Social Media direkt Spenden zu generieren?

Oliver Esberger: Ich kenne niemanden, der bei Facebook gern seine Kreditkartendaten hinterlassen würde. Wenn jemand spenden möchte, dann macht er das doch lieber auf der Website der Organisation. Aber gerade bei kleineren regionalen Kampagnen, wenn Aufrufe aus direktem Anlass gestartet werden, macht sich der Einsatz von Social Media-Kanälen durch ein höheres Spendenaufkommen bemerkbar. Das lässt sich allerdings nicht unendlich wiederholen. Insgesamt eignet sich Social Media gut, um Interessenten zu gewinnen, zu begeistern und Spender daraus zu machen.

Fundraising Echo: Wie hält man bei einer kleineren Organisation den Aufwand möglichst gering?

Oliver Esberger: Vor allem sollte man sich nicht verrückt machen lassen und nicht versuchen, permanent präsent zu sein. Wochenende ist Wochenende, das gilt auch für Mitarbeiter, die für Social Media zuständig sind. Es gibt ein paar Tipps, um den Aufwand zu minimieren. Wichtig ist es, inhaltlich sinnvoll zu arbeiten, regelmäßig zu überprüfen was gut funktioniert hat und den entsprechenden Aufwand dafür abzuwägen. Ich rate immer, mehr auf Qualität als auf Masse zu setzen. Und nicht jedes Posting braucht ein Bild oder ein Video – man kann sich auch anders von Anderen abheben.

Fundraising Echo: Mit welchen Fragen muss ich mich bei der Auswahl der Sozialen Netzwerke beschäftigen? Ist es ratsam, bei möglichst vielen Netzwerken aktiv zu sein?

Oliver Esberger: Nein, nicht bei möglichst vielen, aber bei den richtigen. Ich würde sogar sagen, bei so wenigen wie nötig. Bei der Auswahl ist ein Kriterium entscheidend: Wo ist mein Publikum?

Fundraising Echo: Welche Fehler werden bei der Social Media-Strategie häufig von NPOs gemacht?

Oliver Esberger: Man sollte nicht jedem neuen Kanal hinterherrennen. Wenn zum Beispiel  die Snapchat-User zu jung sind, dann brauche ich mich mit diesem Kanal einfach nicht beschäftigen. Ein großer Fehler ist, wenn man sich zu viel aufhalst. Dann macht man alles, aber alles nicht so richtig.

Fundraising Echo: Wie oft sollte etwas Neues gepostet werden?

Oliver Esberger: Das hängt vom Thema ab und davon, ob es sinnvoll ist. Manche Organisationen fotografieren den Schnee vorm Büro und posten das Bild, andere wünschen immer wieder ein schönes Wochenende. Das ist zwar nett gemeint, aber relevanter Inhalt ist das nicht. Am Ende weiß ich nicht einmal mehr, von welcher Organisation das überhaupt kam.

Oliver Esberger ist Art Director bei der Kölner Internetagentur i-gelb. Er berät Organisationen bei der Konzeption ihrer Online-Fundraising-Maßnahmen, entwickelt Webdesigns und Social Media-Kampagnen und arbeitet außerdem seit mehreren Jahren als Dozent an der Fundraising Akademie.

 

 

Publikation: