Strategie-Checkliste für Fundraising im Krankenhaus

Von Tobias Christof Dierker

Vor gerade mal sechs Jahren war hauptamtliches Fundraising in Krankenhäusern noch Zukunftsmusik. So jedenfalls lautete die damalige Diagnose von Oliver Steiner und Martin Fischer in ihrem Fachbuch „Fundraising im Krankenhaus“. Die im Jahr 2016 veröffentlichte zweite Fundraising Studie des Deutschen Fundraising-Verbandes in Zusammenarbeit mit Roland Berger zeigte ein verändertes Bild: Fundraising ist und wird zunehmend ein Thema in deutschen Krankenhäusern. Bereits über 60 Prozent der rund 2.000 Kliniken betreiben Fundraising, rund 90 Prozent davon sind schon drei Jahre oder länger aktiv.

Tobias Dierker Tobias Christof Dierker.
Foto: © Josephs Hospital Warendorf
Auf den in nahezu allen Publikationen zum Thema Krankenhausfinanzierung gebetsmühlenartig zitierten Wettbewerbs- und Kostendruck soll hier nicht eingegangen werden. Das Einwerben von Spendengeldern kann aber natürlich dazu beitragen, Finanzierungslücken auszugleichen und zum Beispiel innovative, über die Regelversorgung hinausgehende Versorgungs- und Servicekonzepte für Patienten zu ermöglichen.

Bereit sein ist alles? – Hindernisse beim Klinik-Fundraising

Insbesondere bei der „Institutional Readiness“, der (vereinfacht) organisationalen Bereitschaft der Häuser für das Fundraising zeigen sich jedoch nach wie vor – teils anspruchsvolle – Barrieren. So fühlt sich nur knapp die Hälfte der Fundraiser von ihrer Leitung gut unterstützt. Nur 20 Prozent verfügen über ein definiertes Budget und nur knapp 10 Prozent der Krankenhaus-Fundraiser sehen sich personell ausreichend ausgestattet.

Diese und die weiteren in der Studie aufgezeigten Barrieren (wie zum Beispiel das Fehlen einer Gesamtstrategie des Klinikums, die oftmals als zeitlich unrealistisch bewertete Einschätzung des „Fundraising-Break-evens“ der Leitung oder die Betrachtung von Fundraising als „Betteln“) belegen eindrucksvoll den Sinn und die Notwendigkeit, sich auf die eigentliche operative Fundraising-Tätigkeit strategisch vorzubereiten.

Wer redet, bleibt – die Erfolgsfaktoren brauchen Konsens

Um bei diesen Vorbereitungen den Überblick zu behalten und bei den verschiedenen Aktivitäten den jeweiligen Fortschritt zu überwachen, bietet sich der Einsatz einer Checkliste an. Mit einfachen „checks“, also Häkchen oder gegebenenfalls einem etwas differenzierteren „Ampel-System“ kann die Checkliste mit den Phasen offen, in Bearbeitung und erledigt versehen werden. Bei den ersten Tätigkeiten in der Klinik hat sich darüber hinaus ein Feld für Bemerkungen zur Konkretisierung und gegebenenfalls weiteren Differenzierung der zunächst allgemein formulierten Punkte als hilfreich erwiesen.

Zu berücksichtigen ist auch der Umstand, dass die Beschäftigung mit den in der Liste aufgeführten Erfolgsfaktoren und To-do’s zu teils intensiven Diskussionen innerhalb des Fundraising-Teams und mit der Leitung geführt hat. Wie differenziert soll der Zustand „Institutional Readiness“ beschrieben werden, wie weit muss das Krankenhaus „vorbereitet“ sein, um in den operativen Modus des Fundraisings zu wechseln, welche Erfolgsfaktoren sind als unverzichtbar zu betrachten und welche zeitlichen Vorgaben und Fristen sind als sinnvoll und realistisch einzuschätzen?

Die organisationale Bereitschaft ernst nehmen, aber nicht überschätzen

Aus den Diskussionen, der Theorie des Fundraisings und im Austausch mit anderen Fundraisern ist schnell klar geworden: Institutional Readiness ist unerlässlich für die Strukturen und einen nachhaltigen Erfolg, sollte aber nicht überbewertet werden. Organisationen sind volatil und passen sich (bewusst und unbewusst) ständig ihrer Umwelt an. Das strategisch fundierte und abgesicherte „Go!“ darf nicht verkürzt auf einen Soll-Status abzielen, sondern entsteht prozessual und die konkrete Bereitschaft manifestiert sich erst im Fundraising-Echtbetrieb. Das Projektteam ist diesem Gedanken insofern gefolgt, als dass in der erarbeiteten Checkliste die aus Teamsicht für den operativen Start unverzichtbaren Erfolgsfaktoren markiert und jeweils individuell ein „Mindest-Zielerreichungsgrad“ definiert wurde.

Teamwork: Die Checkliste

Die folgende Tabelle enthält die – sicher noch im Laufe der Zeit zu ergänzenden oder anzupassenden – konkreten Erfolgsfaktoren. Die für den erfolgversprechenden Start unverzichtbaren Punkte (siehe oben) sind kursiv dargestellt. Dabei ist die Zuordnung zu den sechs in den Überschriften benannten Kategorien in der Fundraising-Praxis nicht immer trennscharf möglich.

 

Checkliste

Um die Checkliste herunterzuladen, klicken Sie bitte hier.

Die nächsten Schritte

Es bleibt noch viel zu tun (eigentlich fängt es ja sogar erst an): Neben der Organisationsentwicklung zur Integration der Fundraising-Aktivitäten in das Klinikmanagement wird es nun darum gehen, das Fundraising operativ aufzusetzen. Festlegungen zu konkreten organisatorischen und technischen Strukturen, die Ausgestaltung der personellen Ressourcen, die Klärung der Fragen zu make or buy (sowohl zu Change Management/Organisationsentwicklung als auch zu Fundraising) und gegebenenfalls die Auswahl von Beratungsunternehmen sowie natürlich die Wahl der Methoden und Instrumente stehen auf der To-do-Liste für die nächsten Wochen und Monate. Schließlich ist von den Fundraising-Verantwortlichen auch noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten. Nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Klinik sind vorbehaltlos begeistert von der Idee des Fundraisings.

Das Feedback aus dem Netzwerk und die aktuellen Veröffentlichungen zum Fundraising machen allerdings Mut. So bleibt Gesundheit ein wichtiges, relevantes und bewegendes Thema für potenzielle Spender, die Zielgruppen des Klinik-Fundraisings sind breit gefächert, die Auswahl aus geeigneten Instrumenten groß und die Spendenfreude der Deutschen bleibt weiterhin auf einem hohen Niveau.    

Nachtrag: Marketing meets Fundraising ...

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Projektarbeit bei der Weiterbildung zum Fundraising-Referenten an der Fundraising-Akademie. Der Verfasser leitet seit zehn Jahren die Stabsstelle Marketing & Kommunikation eines Krankenhauses im westfälischen Warendorf. Die Klinik führt aktuell ein systematisches Fundraising ein. Die Beschäftigung mit dem Thema Fundraising ist für den Autor daher neu, nicht jedoch die Auseinandersetzung mit den strategischen Erfolgsfaktoren, die auch in vielerlei anderer Hinsicht für den wirtschaftlichen Erfolg eines Krankenhauses maßgeblich sind. Für Kommentare, Hinweise und Kritik ist der Verfasser sehr dankbar: t.dierker@jhwaf.de.

Informationen zu den verwendeten Literaturquellen sind beim Verfasser erhältlich.
 

Tobias Christof Dierker absolvierte das Diplomstudium Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen an der Hochschule Osnabrück und das Masterstudium Health Administration an der Universität Bielefeld. Seit 2008 ist er Leiter der Stabsstelle Marketing & Kommunikation der Stiftung Josephs-Hospital Warendorf, seit 2015 zusätzlich Geschäftsführer eines Medizinischen Versorgungszentrums. Seit 2010 wissenschaftliche Lehrtätigkeit zu den Themen Marketing, Qualitätsmanagement und Gesundheitsversorgung an verschiedenen Hochschulen in Deutschland.

 

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