Warum Sie Ihre Förderer nicht motivieren können

Von Kai Fischer

Kai FischerKai FischerEs klingelt das Telefon, und wieder stellt jemand die Frage: „Herr Fischer, können Sie uns einen Beitrag zur Motivation von Förderern schreiben?“
 
Was steht hinter dieser Frage? Folgende Annahme könnte es sein: Kennen wir die Motive der Förderer, ist es scheinbar nur noch ein kleiner Schritt, die Förderer zum Spenden zu bewegen. Es ist die alte Suche nach dem Knopf, der gedrückt werden muss und schon sprudeln Spenden.
 
Die Psychologie macht es uns einfach: Wenn hinter jedem Handeln ein Motiv steckt, müsste es auch zu entschlüsseln sein. Können wir deshalb von einem bekannten Motiv auf eine Handlung schließen? Schon diese Frage zeigt: So einfach wird es wohl nicht sein.
 
Das Spenden der Patrizier
Stellen Sie sich einen Hamburger Patrizier vor, einen von diesen Hamburger Kaufleuten mit einem großen Vermögen. Für den gehört es zu seinem Verständnis als Patrizier, dass er sich für die Stadt engagiert, Kultur oder Unterstützung Bedürftiger ermöglicht. Er gibt dadurch natürlich der Stadt etwas zurück und auch sein Umfeld verhält sich ähnlich. Und natürlich zeigt er mit seiner Stiftung auch, dass er in der Lage ist, eine entsprechende Summe für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung zu stellen. Letztendlich hängen alle diese Punkte mit seiner Rolle, den Erwartungen und Normen sowie seiner eigenen Identität zusammen.
 
Christliches Engagement für Obdachlose
Oder denken Sie an die Christin, die sich für Obdachlose engagiert. Zu ihrem „Christsein“ gehört es einfach dazu, sich für Menschen einzusetzen, denen es schlechter geht. Dies ist ihr Verständnis von Nächstenliebe und Barmherzigkeit – auch wenn sie ihr Handeln gar nicht in diesen Kategorien einordnen würde. Es ist ihr einfach ein Bedürfnis und korrespondiert mit ihrer Identität.
 
Die Aktivisten
Noch ein Beispiel: Wie schaut es mit dem politisch Aktiven aus, der Geld gibt, damit politische Organisationen für neue Ideen zur Demokratisierung oder gegen rechte Gesinnung aktiv werden können. Mit seiner Spende gestaltet er aktiv mit, ermöglicht Veränderung und soziale Innovationen. Damit sich die Gesellschaft endlich in die richtige Richtung bewegt. Auch hier gibt es den Zusammenhang von eigener Identität und dem Spenden.
 
Welche Rolle spielt das Geschlecht?
Die Zuweisung der Geschlechter in den drei Beispielen war nicht zufällig. Eine Reihe von Studien zeigen, dass Männer und Frauen unterschiedlich spenden. Vielfach geben Frauen eher häufiger kleinere Summen, während Männer sich zwar seltener, dann aber mit größeren Summen engagieren – allerdings nicht überall auf der Welt. Hier gibt es kulturelle Unterschiede zwischen den Geschlechtern, die sich auch im Spenden-Verhalten ausdrücken. Auch bei den Themen, für die gegeben wird, gibt es Unterschiede. Während überproportional viele Frauen für den Tierschutz spenden, sind bei Vögeln deutlich häufiger Männer involviert.
 
Spende und Identität
Was alle diese Beispiele gemeinsam haben: Spenden ist Teil der Identität der jeweiligen Person und auch nur aus diesem Kontext zu verstehen. Es scheint Rollen zu geben, die eng mit Spenden verbunden sind, in denen implizite Anforderungen bestehen zu spenden. Übernimmt jemand diese Rollen und macht sie sich zu Eigen, dann ist mit diesen auch die Bereitschaft verbunden zu geben. Verstehen wir Identität einer Person als die aktiv hergestellte Schnittmenge der Rollen, die eine Person einnimmt, dann wird Spenden zu einem Ausdruck der Identität. In der Spende stellen wir die Einheit zwischen Erwartungen und Anforderungen an der einen Seite und der eigenen Identität auf der anderen Seite her.
 
Die Frage nach Motiven zur Spende verschwindet hinter der Identität der Person. Zu wessen Identität Spenden gehört, wird spenden. Ist Spenden hingegen kein Teil der personalen Identität, scheint es kaum möglich, einen Sinn für diese Handlung von außen geben zu können.
 
Die Aufgabe der Fundraiser/innen
Fragen wir nicht mehr nach den Motiven für eine Handlung – um diese dann instrumentell auslösen zu können – sondern akzeptieren, dass Spenden sehr viel stärker mit der Identität der Personen verbunden ist, verändert sich die Aufgabe. Fundraising wird dann zu einer Suchaufgabe: Bei welchen Identitäten ist Spenden angelegt und wie können wir Menschen mit dieser Identität identifizieren und für unsere Mission gewinnen?
 
Und es kommt noch eine weitere Aufgabe hinzu: Identität ist nicht statisch, sondern verändert sich mit der Zeit. Welche Angebote können wir also machen, dass Menschen im Spenden Sinn erfahren können? Wie ermöglichen wir Ihnen Werte in ihrem Spenden auszudrücken und zu erleben, damit sie Spenden zum Teil ihrer Identität machen können? Antworten auf diese Frage haben dann sehr viel mit Beziehungen, Mission und Gemeinschaft zu tun, wenig mit der Suche nach dem Knopf.

 

Kai Fischer ist Partner von Mission-Based Consulting und berät Nonprofit-Organisationen zu Strategie, Businessplanning und Fundraising. Einer seiner Schwerpunkte ist der Mission-Based Ansatz, welcher Auftrag und Werte der Organisation in den Mittelpunkt stellt. Er ist Lehrbeauftragter, Dozent der Fundraising-Akademie und gibt seit 2000 einen eigenen Newsletter heraus. Weitere Informationen: www.mission-based.de

 

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