Wie lässt sich Facebook zum Spendensammeln nutzen?

Von Roland Schellwald

Facebook ist mit fast 2,3 Milliarden monatlich aktiven Nutzern das größte soziale Netzwerk der Welt. Allein in Deutschland sind rund 30 Millionen Menschen bei Facebook aktiv. Viele Organisationen nutzen Facebook inzwischen auch als Tool, das ihr Fundraising unterstützt. Wie lässt sich Facebook zum Spendensammeln nutzen und warum ist das Netzwerk so reizvoll? Darüber sprach Filantro Fundraising-Echo mit dem Online-Fundraising-Experten Jona Hölderle.

Fundraising-Echo: Was macht Facebook für Fundraiser so attraktiv?

Jona Hölderle: Facebook hat eine extrem hohe Verbreitung. Deshalb gibt es heute kaum noch eine professionell Fundraising betreibende Organisation, die Facebook nicht nutzt. Facebook ermöglicht es in erster Linie, Basisarbeit fürs Fundraising zu leisten, Kontakte zu pflegen und zu „wärmen“, Vertrauen aufzubauen und zu interagieren.

Fundraising-Echo: Welche Möglichkeiten gibt es über die Kontaktpflege hinaus, Facebook für Fundraising-Zwecke einzusetzen?

Jona Hölderle Online-Fundraising-Experte Jona Hölderle.
Foto: © Pluralog
Jona Hölderle: Das Netzwerk bietet zum Beispiel die Möglichkeit zur Verlinkung auf die eigene Website der Organisation. Da man in der Regel aber mehr als nur einen Post braucht, um die Menschen zum Spenden zu motivieren, führt das allerdings zu eher geringen Spendenerfolgen. Facebook kann aber auch direkt als Spendenplattform genutzt werden. Dafür gibt es den Spenden-Button und Spenden-Aktionen. Die gesammelten Spenden werden dann zu 100 Prozent von Facebook an die Organisation überwiesen. Allerdings nicht immer mit allen Daten der Spender. Und wenn die Zahlungsdaten für die erste Spende auf Facebook eingegeben wurden, ist das Spenden das nächste Mal mit einem Klick erledigt. Natürlich gibt es auch noch den Weg, Facebook als Werbeplattform zu nutzen. Die Facebook-Ads sind für viele Organisationen sehr attraktiv, weil ich meine Spender sehr genau nach Zielgruppen selektieren und entsprechend ansprechen kann.

Fundraising-Echo: Lohnt sich der Aufwand? Gibt es Erkenntnisse darüber, wie oft über Facebook gespendet wird?

Jona Hölderle: Leider gibt es noch keine übergreifenden Erkenntnisse. Die Facebook internen Tools sind noch vergleichsweise neu und werden noch nicht von allen Organisationen genutzt. Am besten funktioniert hier das Peer-to-Peer-Fundraising. Klassisches Beispiel: Wenn sich mein Freund Lutz zu seinem Geburtstag von seinen Freuden eine Spende für die Tafel München wünscht und ich dafür spende, obwohl ich als Berliner sonst vermutlich nicht auf die Idee kommen würde.

Fundraising-Echo: Bei dem schon fast legendären Benefizkonzert von Ariana Grande für die Opfer des Anschlags in Manchester wurden mit Hilfe des „Spenden”-Buttons in Facebook Live mehr als 450.000 Dollar gesammelt. Seit kurzem gibt es auch in Deutschland die Möglichkeit, Facebook Live-Videos mit dem Spendenbutton zu koppeln. Was halten Sie davon?

Spenden-ButtonJona Hölderle: Ich finde das attraktiv und es ist wert, es mal auszuprobieren. Insbesondere natürlich, wenn der Livestream von reichweitenstarken Unterstützern ausgeht. Gut ist auch, dass die gerade geleistete Spende im Live-Video eingeblendet werden kann. Leider gibt es derzeit wenig deutsche Beispiele. Fundraising-Aktionen live zu zeigen ist extrem authentisch und es ist von Vorteil, dass man bei der Gelegenheit auch direkt um eine Spende bitten kann. In punkto Live-Videos wird sich in absehbarer Zeit auch bei YouTube und bei Twitch einiges tun.

Fundraising-Echo: Kann man auch den Facebook Messenger für das Fundraising einsetzen?

Jona Hölderle: Ja, grundsätzlich erstmal natürlich für die Eins-zu-Eins-Kommunikation, so hat der Spender einen Ansprechpartner. Außerdem kann man eine Art Mini-Newsletter verschicken, dafür dürfte WhatsApp allerdings besser geeignet sein. Langfristig wird es auch in den Messengern Zahlungsmöglichkeiten geben, wie wir das schon jetzt in Asien sehen.

Fundraising-Echo: Können Sie kurz erklären, was der Facebook Workplace ist?

Jona Hölderle: Der Facebook Workplace ist eine eigene Community innerhalb von Facebook, eine Art Facebook-Kopie für den internen Gebrauch. So nutzt zum Beispiel WWF International Facebook Workplace als eigenes Netzwerk, über das Leute aus der Organisation miteinander diskutieren. Es ist in etwa vergleichbar mit einem Business-Netzwerk.

Fundraising-Echo: Gibt es Trends, die Sie derzeit beobachten?

Jona Hölderle: Die Spendenplattform von Facebook ist sehr einfach zu benutzen, das klappt nach der ersten Eingabe der Daten mit einem Klick. Das ist aus der Sicht der Spender toll. Allerdings wird es dann interessant sein zu beobachten, wie viel Menschen bei Facebook ihre Zahlungsdaten hinterlegen und ob die Hemmschwelle zur Spende damit wirklich sinkt. Außerdem liegt zurzeit alles in Live-Richtung im Trend. Das könnte beim Spendensammeln bei der nächsten Katastrophe von großer Bedeutung sein. Live-Videos sind allerdings gerade für mittelgroße Organisationen schwierig zu realisieren. Es wird auch interessant sein zu beobachten, wie sich die allgemeine Entwicklung der sozialen Medien außerhalb von Facebook fortsetzt, vor allem bei Instagram, Messengern und den Videoplattformen. Die Nutzerzahlen von Facebook wachsen kaum noch. Außerdem entwickelt sich Facebook immer mehr in die Richtung eines Netzwerkes für die Zielgruppe 40plus. Gut fürs Fundraising, schlecht für die Plattform.

Jona Hölderle ist Gründer der Agentur Pluralog und unterstützt als Berater, Coach und Referent Vereine, Verbände und Stiftungen im Online-Marketing. Als Referent der Fundraising-Akademie lehrt er, mit Online Marketing auch Fundraising-Erfolge zu erzielen.
E-Mail: jona@pluralog.de, Web: www.pluralog.de

 

 

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