Rosa Zukunft für Fundraiserinnen?

Von Ursula Becker-Peloso und Elisabeth Lenz

Frauen stellen im Fundraising die Mehrheit. Ihr Anteil wird auf etwa 70 Prozent geschätzt. Auch im Deutschen Fundraising Verband bilden Frauen die Mehrheit der Mitglieder. Es gibt eine Fachgruppe Frauen. Und auch Dienstleister der Non-Profit-Organisationen sind oft Frauen. Man könnte meinen, wir leben in rosa Zeiten für Fundraiserinnen. Wie sieht es in der Praxis aus: Arbeiten Fundraiser und Fundraiserinnen anders? Machen sie unterschiedlich Karriere? Verdienen sie das Gleiche?

Zunächst einmal ist festzustellen, dass die meisten Fundraiserinnen akademisch gebildet sind, mit breitem beruflichen Background und reichhaltigen Erfahrungen. Aber, man sollte es nicht glauben, Männer und Frauen im Fundraising denken nicht nur unterschiedlich, sie agieren auch anders.

FundraiserinnenDer Frauenanteil ist im Fundraising-Bereich hoch, aber ein großer Teil der Führungspositionen wird von Männern besetzt. Foto:  © Elisabeth Lenz Die Entscheidungen treffen meist Männer

Wenn wir uns Bereiche ansehen, wo Etats verhandelt werden, wichtige Entscheidungen für eine Organisation getroffen werden müssen, dann sieht man nur Männer. Viele der Bereichsleiter-Stellen, gerade im kirchlichen Bereich, sind nur von Männern besetzt. Es gibt zum Beispiel keine einzige Fundraiserin in den Stabsstellen der Erzdiözesen in Bayern.

Auf einer zweitägigen Veranstaltung des Deutschen Fundraising Verbandes im vergangenen Jahr war zu beobachten, dass sich Männer fast ausschließlich mit Männern unterhielten und Frauen mit Frauen, was in der sehr netten Abendveranstaltung endete, wo sich alle männlichen, kirchlichen Fundraiser an einen Tisch setzten. Und selbst die, die vorher mit Frauen an einem Tisch saßen, waren an den Herren-Tisch geflohen. Sind Gespräche mit männlichen Fundraisern interessanter, ertragreicher?

Vergleicht man an Fundraising-Fach-Tagen einmal die Zahl der männlichen und weiblichen Speaker, ist leicht erkennbar, dass die Männer um ein Vielfaches mehr Speaker und Workshop-Leiter stellen, als Frauen. In Zeiten, in denen es ebenso qualifizierte wie erfahrene Frauen gibt, darf die Ausrede nicht gelten: „Ja, es melden sich halt zu wenig Frauen.“  

Männer im Fundraising sind immer noch die Experten für Strategie, Finanzen, Mailings, Datenbanken und großtechnische Systeme. Natürlich gibt es auch hier Frauen, die sich erfolgreich behaupten. Aber Ausnahmen bestätigen noch immer die Regel. In vielen „großen“ Non-Profit-Organisationen sitzen Männer im Vorstand oder in der Geschäftsführung, verantworten die Etats. Frauen setzen um, sitzen in der zweiten und dritten Reihe und machen die erfolgreichen Projekte. Männer sitzen vor – vor allem vor Frauen.

Es ist auffällig: Frauen entwickeln Großspender-Programme (Beziehungsarbeit), sind für Erbschaften zuständig und kümmern sich um die Betreuung der Fördervereine. Hier geht es um Kommunikation, direkte Interaktion zwischen Menschen. Dies ist ein Aufgabenfeld, das gemeinhin Frauen zugeschrieben wird und wo sie gute Leistungen erbringen. Sind Frauen nur für das Soziale und die Kommunikation verantwortlich?

Wer sucht sich welche Aufgaben?

Männer sind hier schlauer. Zunächst bauen sie sich Netzwerke und dann schauen sie sich drei wichtige Fragen an. Wie viel kann ich einwerben (umsetzen)? Wie kann meine Position in ein paar Jahren aussehen (Karriereplanung) und wie viel Geld kann ich wo verdienen (Eigenbedarf)? Fragen, die sich Frauen selten stellen. Frauen wollen helfen, verändern, eine bessere, humanere, ökologischere und gerechtere Gesellschaft schaffen. Das sind sehr gute Motive, um im Fundraising erfolgreich zu arbeiten, denn sie beflügeln die Ziele der Organisation. Aber wird damit die Karriere vorangetrieben, werden vernünftige Gehaltszahlungen angestrebt und durchgesetzt?

Die Logik der Organisationen

Non Profit-Organisationen betreiben Fundraising, weil sie Ressourcen benötigen, um ihre Projekte, ihre Arbeit zu finanzieren. Entsprechend bemisst sich die Leistung im Fundraising an der Höhe der eingeworbenen Mittel. Alles andere ist Beiwerk, nett, aber aus Sicht der Organisation nicht unbedingt zwingend notwendig. Zahlen, Daten, Fakten sprechen eine deutlichere Sprache. Entsprechend werden die höchsten Gehälter oder Honorare dort bezahlt, wo im Moment die meisten Gelder eingeworben werden. Und Stellen werden mit Menschen besetzt, die versprechen, Einnahmen zu optimieren, ohne größeren Aufwand und ohne die Organisation „zu belästigen“.

Strategien im Fundraising sollten neu überdacht werden, Vorstandsgremien müssen dafür ein offenes Ohr haben, dass Fundraising nicht für sich alleine steht, sondern nur erfolgreich ist, wenn alle Abteilungen und Mitarbeiter mit einbezogen werden. Denn wenn Mitarbeiter/innen unzufrieden werden, dann wechseln sie. Eine Organisation verliert nicht nur fähige Mitarbeiter/innen, sondern mit ihnen gehen auch Erfahrung und Kontakte verloren, gerade im Fundraising.

Was können wir ändern?

Die Fachgruppe Frauen des Deutschen Fundraisingverbands hat 3.000 Fundraiserinnen zu ihrer beruflichen Situation, Zufriedenheit, Eingruppierung, Karrierechancen, Wünschen befragt und zahlreiche, mehr als interessante Rückmeldungen und Informationen erhalten, die für die interessierte Öffentlichkeit in einer Broschüre veröffentlicht werden sollen. Hier werden Anregungen für zukünftiges Handeln zu finden sein.

Fundraising hat Konjunktur. Der gemeinnützige Sektor befindet sich im Fokus einer Neujustierung von Staat, Markt und Zivilgesellschaft. In Zeiten von knappen öffentlichen Kassen, niedrigen Kapitalerträgen und großen gesellschaftlichen Herausforderungen ist ein hoch professionelles und innovatives Fundraising ein Muss im Non-Profit Sektor.

Zunehmende Konkurrenz unter den Organisationen zwingt zu einem veränderten Verhalten: einem stärkeren Fokus auf einzelne Förderer. In diesem Bereich, der direkten Kommunikation und im persönlichen Gespräch, sind Frauen gut. Impact Investing, Großspenden- und regionales Fundraising gewinnen an Bedeutung. Und hiervon profitieren Frauen.

Verlieren werden Organisationen, die nicht ausreichend Ressourcen zur Verfügung stellen, sprich, die ihre Fundraiser/innen nicht gut bezahlen. Es müssen höhere Einkommen zu erzielen sein. Nur so kann dem knappen Personalmarkt begegnet werden, um Stellen entsprechend zu besetzen. Die Chancen stehen nicht schlecht. Immer mehr Organisationen suchen Fundraisingpersonal oder vergrößern ihre Fundraising-Abteilungen. Qualifizierte Mitarbeiter sind ein zunehmend knappes Gut.

Die beruflichen Perspektiven sehen also rosig aus. Es fehlt zurzeit nur noch an Fundraiserinnen mit Mut und Selbstvertrauen, sich auf Positionen mit anspruchsvollen Führungsaufgaben mit höherer Eingruppierung zu bewerben, damit die Zeiten für Fundraiserinnen magentafarben werden.
 

Informationen über die Fachgruppe Frauen im Deutschen Fundraising Verband erhalten Sie hier. Aktuelle Infos über Veranstaltungen der Fachgruppe finden Sie hier.
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