Nachrichten 2019/6

Gemeinnützigkeit abgesprochen: Immer mehr politisch aktive Vereine sind betroffen

Justitia Nach Attac verlieren zwei weitere politisch aktive Vereine die Gemeinnützigkeit.
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Das Berliner Finanzamt für Körperschaften hat entschieden: Nach Attac verliert auch Campact den Status als gemeinnützige Organisation. Unterstützer der Kampagnen-Organisation können ihre Spenden nun nicht mehr steuerlich geltend machen.

Die Entscheidung habe das Finanzamt dem Verein nach Prüfung der Jahre 2015 bis 2017 schriftlich mitgeteilt. In der Begründung heißt es, Campact sei überwiegend allgemeinpolitisch aktiv und habe Kampagnen durchgeführt, die gemäß Abgabenordnung nicht als gemeinnützig eingestuft werden könnten.

Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) Ende Februar diesen Jahres bereits dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac die Gemeinnützigkeit aberkannt hatte, kam dieser Schritt für Campact nicht überraschend. Für die zurückliegenden Jahre muss der Verein nun rund 300.000 Euro Schenkungssteuer nachzahlen.

Nach Attac und Campact verliert ein dritter gemeinnütziger Verein die Gemeinnützigkeit: Das Finanzamt für Körperschaften des Landes Berlin entzog am 4. November der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) die Gemeinnützigkeit. Die Vereinigung befürchtet nun eine Steuernachzahlung im fünfstelligen Bereich.

Diese Probleme kennt die Deutsche Gesellschaft für Wehrtechnik (DWT) hingegen nicht. Die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung erkennt die DWT als gemeinnützig an. Die Gründe hierfür sind nicht bekannt. Steuergeheimnis, heißt es im Finanzministerium Nordrhein-Westfalens.

 

Fundraising mal anders: Kleiner Künstler sammelt Spenden für Tierheim

Pavel Abramov mit seinen Kunstwerken Pavel Abramov mit seinen Kunstwerken
© Instagram | pashaabramov1

Der neunjährige Pavel Abramov aus der russischen Stadt Arsamas hat ein außergewöhnliches Talent: Mit Pinsel und Aquarellfarbe bannt er Haustiere naturgetreu auf Papier. Auf Wunsch verewigt Pavel jeden tierischen Liebling gegen eine Spende für das örtliche Tierheim als kleines Kunstwerk.

Auf die Idee, so den heimatlosen Tieren zu helfen, kam er gemeinsam mit seiner Mutter, als sein eigenes Haustier starb. Sie stellten erste Bilder auf das russische soziale Netzwerk „VK“ und veröffentlichten mit großem Erfolg auch einige auf dem Instagram-Account.

Inzwischen geben nicht nur Tierfreunde aus Russland Bilder ihrer Hunde und Katzen bei Pavel in Auftrag. Auch zum Beispiel aus Deutschland und Spanien gibt es Anfragen. Das Tierheim erhielt schon so viele Spenden, dass Futter- und Medizinvorräte gut gefüllt sind. Der Junge hat mittlerweile so viele Aufträge, dass er momentan keine neuen annimmt.

 

Gemeinnützigkeitsrecht: Verbesserungen für Ehrenamtliche und NPOs geplant

In ihren diesjährigen Gesprächen über Anpassungen im Steuerrecht haben sich die Finanzminister der Länder darauf geeinigt, Verbesserungen im Gemeinnützigkeitsrecht auf den Weg zu bringen. Damit soll insbesondere das Ehrenamt gestärkt werden.

Ehrenamtliche erhalten finanzielle Anreize

Für alle, die ein Ehrenamt ausüben, sind finanzielle Anreize geplant. Zur Diskussion steht etwa, die steuerlichen Pauschalen zu erhöhen. Dementsprechend sollen Ehrenamtliche künftig höhere Vergütungen steuerfrei erhalten dürfen.

Konkret sind folgende Anpassungen geplant:

  •     Anhebung der steuerfreien Übungsleiterpauschale (§ 3 Nr. 26 EStG) von bisher 2.400 Euro auf 3.000 Euro
  •     Anhebung der steuerfreien Ehrenamtspauschale (§ 3 Nr. 26a EStG) von bisher 720 Euro auf 840 Euro

Grenze für vereinfachtes Verfahren wird erhöht

Auch die gemeinnützigen Organisationen selbst sollen von den geplanten Neuerungen profitieren. So soll die Grenze des vereinfachten Verfahrens für die Bestätigung von Spenden (§ 50 Abs. 4 EStDV) angehoben werden. Dieses Verfahren ermöglicht es Spendern, ihre Spenden allein durch Vorlage eines Barzahlungsbelegs oder einer Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts (Kontoauszug) gegenüber dem Finanzamt steuerlich geltend zu machen. Ist dies bislang nur für Zuwendungen von bis zu 200 Euro möglich, soll das vereinfachte Verfahren künftig bis zu einem Betrag von 300 Euro angewandt werden. Für gemeinnützige Organisationen bedeutet dies weniger Verwaltungsaufwand durch das Erstellen von Zuwendungsbestätigungen.

Freigrenze für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe wird angehoben

Im Wesentlichen für kleine NPOs ist des Weiteren ein echter Steuervorteil angedacht: Die derzeitige Freigrenze für Einnahmen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die weder der Körperschaft- noch der Gewerbesteuer unterliegen, soll von 35.000 Euro auf 45.000 Euro angehoben werden.

 

Eigeninitiative großgeschrieben: Nicht meckern, machen

Gründe, sich aufzuregen, muss man heutzutage nicht lange suchen. Das geschlossene Freibad, die aufgegebene Grundschule, Natur, die immer mehr unter die Räder kommt, oder die vielen Bedürftigen im Stadtteil, die kaum auf kommunale Hilfe hoffen dürfen, lassen so manchen Kragen platzen. Doch Frust und Wut der Bürger laufen oft genug ins Leere: „Kein Geld“, „nicht zuständig“ oder ein Hinweis auf die „unklare Rechtslage“ sind meist nur schwer zu widerlegen.

Dann ist es oftmals besser, selbst Hand anzulegen, meinen der Radiosender NDR Info und vier norddeutsche Tageszeitungen. Unter dem Motto „Nicht meckern, machen!“ haben sie in einer gemeinsamen Aktion Menschen gesucht, die auf eigene Initiative im Norden etwas bewegt haben. Und das sind offenbar nicht Wenige. Ab November stellten NDR Info, OSTSEE-ZEITUNG, Hamburger Abendblatt, Hannoversche Allgemeine Zeitung und Kieler Nachrichten Initiativen, Vereine und Personen vor, „die es mit Engagement, einer klugen Idee und großem Mut geschafft haben, Dinge zum Besseren zu verändern“.

Straßenbauer und Rehkitzretter – zwei Beispiele, die Mut zum Handeln machen

Da sind zum Beispiel die Bewohner des Dorfes Wüppels im Kreis Friesland, die sich selbst darangemacht haben, ihre 1,6 Kilometer lange Dorfstraße zu sanieren. Weil öffentliche Sanierungsmittel auch auf lange Sicht nicht verfügbar sind, haben sich die Wüppelser ans Werk gemacht und sich zu Beginn die am tiefsten abgesackten Teile der Straße vorgenommen: Die verlegten Klinker raus, den Schotter mit Kies und Sand erneuert, Klinker wieder hinein. Auf diese Weise sind inzwischen die gröbsten Macken beseitigt. Weitere Stellen sollen im kommenden Jahr folgen.

Nachdem er auf einem Spaziergang vor den Toren Rostocks im Gras vier Rehkitze fand, die alle von den Klingen einer Mähmaschine verstümmelt waren, saß der Schock bei Frank D. tief. Er wusste, dass dies kein Einzelfall ist. Jedes Jahr zur Erntezeit werden unzählige neugeborene Rehe von großen Landwirtschaftsmaschinen fürchterlich zugerichtet. Das kann doch nicht sein, dachte sich der 56-Jährige Mecklenburger und besorgte sich kurzerhand eine Wärmebildkamera, mit der er anfangs junge Rehe rettete. Später gründete er einen gemeinnützigen Verein, die Wildtierhilfe MV. Ausgerüstet mit Monitoren, Videobrillen, unzähligen Akkus und Ladegeräten fahren er und seine Mitstreiter seither im Frühsommer hinaus und lassen eine Flugdrohne über die Felder fliegen. Finden die Tierschützer ein Reh, wird es mit einem 80 Zentimeter hohen Windschutz gut sichtbar für die Landwirte abgeschirmt. Nach eigenen Angaben haben Frank D. und die Vereinsmitglieder so allein in diesem Jahr 41 Rehkitze gerettet. Die gesamte Ausrüstung finanzierte er übrigens aus eigener Tasche und durch Spenden. Unterstützung vom Staat gibt es nicht.

 

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