Aus Fehlern lernen oder wie man Misserfolge im Fundraising verarbeitet — Nordkirche evaluiert das abgesagte Fundraising Festival

Von Anke Jensen

Anke JensenAnke JensenVom 14. bis 16. Mail 2014 sollte das erste Fundraising Festival der Nordkirche in Schwerin, dem Mittelpunkt der Nordkirche und Landesbischofsitz, stattfinden. Unter dem Motto „Menschen bewegen - Zukunft gestalten“ sollte das Thema Fundraising in der Nordkirche sichtbar verankert werden, das als Fortbildung und Netzwerktreffen für Fundraiserinnen und Fundraiser aus dem kirchlichen Kontext konzipiert war. Doch fünf Wochen vor dem Termin gab es nur 30 Anmeldungen. Die Veranstaltung wurde abgesagt.
 
Ernüchterung
Nach einjähriger Vorbereitungszeit, vielen Diskussionen, kreativen Ideen, jeder Menge Engagement und viel Herzblut dann die herbe Enttäuschung. Das finanzielle Risiko war zu groß, erwartet wurden 120 bis 150 Teilnehmer, doch nur ein Viertel der kalkulierten Zahl meldete sich an. Was war geschehen? Wie verarbeitet man einen derartigen Misserfolg? Die Mitarbeitenden der Arbeitsstelle Strategisches Fundraising der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland wagten nach dieser entmutigenden Erfahrung den Schritt nach vorn: Hinschauen, analysieren und überlegen, was besser gemacht werden muss. Das offene Umgehen mit der Absage ist positiv aufgenommen worden und ermutigte die Veranstalter, an eine Neuaufnahme zu denken.
 
Plan und Wirklichkeit
Die Nordkirche wollte mit dem Fundraising Festival Zeichen setzen. Verschiedene Formate zur Vermittlung von Basiswissen, Möglichkeiten der Vernetzung, Kleinkunstdarstellungen mit Improvisationstheater und regionalen Bands sollten den Rahmen liefern. Darüber hinaus sollten drei konkrete Fundraising Projekte, zwei kirchliche und ein kommunales, in Schwerin von der Projektentwicklung bis zur Umsetzung in einzelne Maßnahmen vorgestellt werden. Die Idee war, andere am Entstehen und Durchführen von Fundraising-Projekten teilhaben zu lassen und gleichzeitig durch die Präsentation der Projekte auf öffentlichen Bühnen eine regionale Öffentlichkeit zu interessieren. Als Höhepunkt war ein Charity-Konzert zugunsten dieser drei Projekte geplant. Damit wollten die Veranstalter auch zeigen, dass Fundraising mehr ist und nicht darauf reduziert werden darf, „finanzielle Löcher“ zu stopfen. Es ging den Veranstaltern darum, Menschen in Verbindung zu bringen, den Austausch und die Vernetzung derjenigen zu fördern, die in der Nordkirche mit Mittelbeschaffung befasst sind, und gerade dadurch in Mecklenburg Vorpommern ein Signal für Fundraising zu setzten und das Zusammenwachsen der Nordkirche zu fördern. Jedoch der Ansatz, Fundraising erlebbar zu machen und ein innovatives Format in Abgrenzung zu anderen Weiterbildungsveranstaltungen und Events zu entwickeln und durchzuführen, scheiterte. Die Reißleine wurde gezogen, um nicht in einem finanziellen Desaster zu enden.
 
Die Kunst der Verarbeitung
Wer so viel Zeit und Arbeit, Gedanken und Leidenschaft investiert hat, möchte am liebsten verdrängen. Nicht wahrhaben wollen, dass etwas misslungen ist und dann alles abschütteln, vergessen und weitermachen wie bisher. Deshalb ist es ein erster mutiger Schritt, sich den Tatsachen zu stellen und zu akzeptieren, dass es anders gelaufen ist als geplant. Und im zweiten Schritt gilt es, hinzuschauen und zu analysieren, was geschehen ist, wo mögliche Fehler oder falsche Einschätzungen oder sich auch unvorhergesehene Entwicklungen ereigneten. Hierbei ist es manchmal förderlich, sich professionelle Begleitung zu suchen, denn ein Blick von außen auf die Dinge hilft meistens. Diese Schritte sind nicht leicht, tun auch weh. Die Absage der Festivals ließ sich nur „verschmerzen“, weil Fehler eingestanden werden konnten ohne zu personalisieren, das heißt, einen Schuldigen zu finden - übrigens einer der häufigsten Ursachen, warum Fehlentwicklungen nicht aufgearbeitet werden.
 
Konsequenzen und Neuausrichtung
Selbstkritisch und im Nachhinein stellte die Arbeitsgruppe fest, dass eine der Hauptursachen für das Scheitern die Unschärfe bei der Definition der Zielgruppe gewesen sei. Diese war bereits in der Vorbereitung ein großer Diskussionspunkt und blieb im Verlauf der Planungen unklar. Insgesamt ist man einig, dass das Anliegen und die Ansätze des Festivals nach wie vor richtig sind. Dennoch sind hinsichtlich der Zielgruppe, der Preisgestaltung sowie im Blick auf Seminar- und Vortragsangebote konzeptionelle Veränderungen vorzunehmen. „Weniger ist mehr“ lautet hier das Zauberwort: Fortbildungs- und Vernetzungsangebote sowie für Speedberatung und Fundraising-Klinik werden weiterhin als wichtige Bausteine erachtet. Für ein Charity-Konzert soll vorher eine Machbarkeitsstudie erstellt werden.
 
Fazit und Tipps
Die Arbeitsstelle Fundraising der Nordkirche wird weiterhin schwerpunktmäßig an der Implementierung von Fundraising arbeiten und dafür eine geeignete Fort- und Weiterbildungsstruktur weiterentwickeln. Denn durch die rückläufigen Kirchensteuereinnahmen wird Fundraising in den kommenden Jahren die Bedeutung gewinnen und das Miteinander von Haupt- und Ehrenamtlichen ein wichtiges Thema bleiben. An der Idee des Fundraising Festivals wird weiterhin festgehalten, eine Neuauflage wird es voraussichtlich in zwei Jahren geben. Zusammenfassend lässt sich empfehlen, bei der Organisation solcher Veranstaltungen großen Wert auf eine gedeihliche Zusammenarbeit zu legen. Sie ist eine gute und wichtige Basis, um auch schwierige Phasen oder Niederlagen zu verkraften. Und zum zweiten ist empfehlenswert, mit kleineren, regionalen Veranstaltungen zu beginnen, um Erfahrungen zu sammeln und Kontakte zu verankern, durch die dann für größere Veranstaltungen Synergieeffekte genutzt werden können.

 

Anke Jensen ist EU-Fundraiserin und Mitarbeiterin der Arbeitsstelle Strategisches Fundraising im Dezernat Theologie und Publizistik der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland.
Kontakt: anke.jensen@lka-nordkirche.de

 

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