„Das Mailing ist noch lange nicht tot“

Von Claudia Wohlert

Roland SchellwaldRoland Schellwald meint, dass ein Mailing ein gutes Thema, ein stimmiges Konzept und gute Argumente braucht, um gute Ergebnisse zu erzielen. © SAZ Services GmbHTrotz des Voranschreitens der digitalen Medien füllen nach wie vor sehr viele personalisierte Spendenbriefe die Postkästen. Das Mailing ist eines der persönlichsten Fundraising-Instrumente, mit dem eine Organisation viele Menschen erreichen kann. Wie man im täglichen Getümmel der Reize Aufmerksamkeit gewinnt, erklärt im Folgenden Roland Schellwald, Leiter der Kreativ-Abteilung bei der SAZ Services GmbH im Gespräch mit Claudia Wohlert.

Fundraising-Echo: Herr Schellwald, ist in der heutigen digitalen Welt ein „analoges“ Mailing noch attraktiv für gemeinnützige Organisationen?

Roland Schellwald: Nach unserer Erfahrung ist das Direct Mailing nach wie vor das Medium, auf das die Förderer am meisten spenden, auch in unserer heutigen digitalen Welt. Das Mailing ist noch lange nicht tot. Wenn es gute Argumente liefert, ist es bei den Spendern das beliebteste Instrument. Außerdem spielt der im Mailing enthaltene Zahlschein für den Erfolg eine große Rolle. Bei der Zielgruppe 70 plus wird die Überweisung per Zahlschein als sehr sicherer Zahlungsweg angesehen.

Fundraising-Echo: Was verstehen Sie unter einem modernen Mailing?

Roland Schellwald: Wir bei SAZ haben eine neue Sichtweise aufs Mailing entwickelt. Irgendwann kam der Zeitpunkt, an dem wir dem allgemeinen Trend nicht gefolgt sind, immer größere und kompaktere Packages mit immer mehr Incentives zu verschicken. Wir legen seitdem noch mehr Wert darauf, Mailings so zu strukturieren, dass sie ein klarer roter Faden durchzieht. Unsere Mailings überzeugen durch sehr gute Argumente. Daran haben wir intensiv gearbeitet. Konzepte werden heute sehr individuell und zielgruppengerecht entwickelt und erfordern ein hohes Maß an Zusammenarbeit zwischen den Analysten und den Kreativen. Der Analyst kennt das Spenderprofil, der Kreative entwickelt das Mailing, das auf die jeweilige Spendergruppe zugeschnitten sein muss.

Fundraising-Echo: Nehmen wir den Fall an, es kommen zwei sehr ähnliche Organisationen zu SAZ. Wie schaffen Sie es, das Besondere jeder einzelnen im Mailing sichtbar werden zu lassen?

Roland Schellwald: Wenn dieser Fall gegeben ist, bilden wir zwei Teams. Ein Team für den Kunden A und ein Team für den Kunden B. Jede Gruppe hat ihren eigenen Ansatz, das Thema zu bearbeiten. Dadurch kommen schon unterschiedliche Ergebnisse heraus, sowohl bei der Gestaltung als auch von der Art zu texten. Wir achten außerdem sehr darauf, dass ähnlich geartete Organisationen möglichst nicht zeitgleich Mailings mit identischem Thema verschicken. Wenn es geht, versuchen wir Überschneidungen zu vermeiden.

Fundraising-Echo: Wie muss man sich bei SAZ die Zusammenarbeit im Team vorstellen?

Roland Schellwald: Grundsätzlich besteht ein Team innerhalb der SAZ-Gruppe aus einem Kontakter, einem Texter und einem Grafiker. Es werden auch noch weitere Bereiche eingebunden, zum Beispiel aus der Produktion. Im Vorfeld eines Mailings bekommt jeder das Briefing-Material. Anschließend setzt man sich zusammen und berät über das technische Konzept: Wie wird das Mailing aussehen? Aus welchen Bestandteilen könnte es bestehen? Dabei entsteht meist ein reger Austausch, was gut ist, denn die besten Ideen entstehen im Team. Auch erste kreative Ansätze wie Headlines beziehungsweise Bildauswahl werden besprochen. Dann geht es an die Umsetzung. Der Text wird geschrieben, die Grafik soweit vorbereitet.

Anschließend prüfe ich den Entwurf auf Herz und Nieren. Auch der Kontakter hat oft noch Anmerkungen, die umgesetzt werden. Erst dann geht das Mailing zum Kunden. Im Anschluss werden Kundenwünsche realisiert, eventuell Bilder ausgetauscht oder noch Korrekturen am Corporate Design vorgenommen. Bis zur Freigabe kann es zu weiteren Korrekturdurchläufen kommen.

Fundraising-Echo: Welche Indikatoren sprechen dafür, dass ein Mailing gut laufen wird?

Roland Schellwald: Ein ganz wichtiger Indikator für mich ist das Thema. Bei manchen Projekten rate ich den Organisationen gleich ab, weil ihr vorgeschlagenes Thema einfach nicht funktioniert. Das sind Erfahrungswerte. Wer wie ich mehr als 20 Jahre in der Mailing-Kreation für gemeinnützige Organisationen tätig ist, verfügt über viele Erkenntnisse. Insgesamt ist es heute aber trotzdem nicht mehr ganz so leicht vorherzusagen, ob ein Mailing gut laufen wird. Hätten Sie mich vor zehn Jahren gefragt, hätte ich noch zwei Dinge ziemlich sicher sagen können: Erstens, dass ein Notbrief immer gut läuft, und zweitens, dass große Packages gute Ergebnisse erzielen. Der Notbrief läuft nach wie vor gut, aber bei den großen Packages hat sich etwas beim Preis-Leistungs-Verhältnis verändert. Früher hat man signifikant mehr Spendenüberschuss erhalten, wenn man mehr Incentives beigelegt hat. Das hat sich aber heute durch gestiegene Produktions- und Portokosten relativiert. Spender sind heutzutage außerdem sehr viel wachsamer und kritischer, was Ausgaben für Mailings anbelangt, als sie es früher waren.

Allgemein kann man sagen, ist die Stimmigkeit des Konzeptes vorhanden, stehen die Chancen gut, dass es läuft. Wenn man aber das Gefühl hat, das ist ein komisches Thema, wir haben auch nicht die richtigen Bilder dazu, dann sollte man die Finger davon lassen, für Experimente sind Mailings zu teuer.
 In erster Linie muss das Thema stimmen, das ist meine Erfahrung. Mein Bauch weiß oft schon, wenn ich das Briefing lese, ob etwas dabei herauskommt.

Fundraising-Echo: Was sagen Sie zu Mailings, die streng sachorientiert sind?

Roland Schellwald: Rein sachorientierte Mailings erzielen meist nicht so gute Ergebnisse. Es liegt in der Kunst des Texters und des Grafikers, dem Spender Informationen zu vermitteln und dabei Bilder im Kopf zu erzeugen, Emotionen zu wecken, die ihn ansprechen. Allerdings ohne kitschig zu werden. Mailings, die zu stark auf die Tränendrüse drücken, sind schon lange nicht mehr auf dem aktuellen Stand.

Fundraising-Echo: Sollte generell ein Anschreiben im Mailing-Package enthalten sein?

Roland Schellwald: Das Anschreiben muss dabei sein, da gibt es kein Wenn und Aber. Bei unseren regelmäßig durchgeführten Workshops mit Spendern habe ich bei den Befragungen oft Spender dabei gehabt, die sagten: ‚Ach, die anderen Sachen lege ich zur Seite, ich lese sowieso nur den Brief‘. Ganz viele Spender lesen lediglich das Anschreiben, es ist die Schnittstelle zwischen den verschiedenen anderen Bestandteilen. Über den Brief wird der Leser ins Thema hineingezogen, es werden Emotionen geweckt.

Fundraising-Echo: Wie viele Botschaften dürfen in einem Anschreiben sein und warum?

Roland Schellwald: Je konzentrierter ich auf ein Thema eingehe und es nicht durch irgendwelche anderen Faktoren beeinflusse, desto besser sind die Ergebnisse. Es gibt die sogenannten Bauchladenmailings. Das kommt bei Organisationen vor, die kein konkretes Thema haben und deshalb in einem Mailing über alle ihre Projekte zusammen berichten. Die Ergebnisse sind dann in der Regel schlecht. Je konkreter der Spendenzweck ist und je konkreter das Mailing auf den Spendenzweck zielt, desto besser wird das Ergebnis.

Fundraising-Echo: Welchen Stellenwert hat für Sie der Dankbrief beim Mailing-Paket?

Roland Schellwald: Einen sehr hohen. Die Bedankung ist ein wichtiges Instrument der Spenderbindung. Wir entwickeln für jeden Kunden individuelle Dankkonzepte, die das Thema des Mailings aufgreifen. Es ist sicher nicht verständlich, wenn jemand für ein Walross spendet und als Dank über die Fortschritte beim neuen Bärengehege informiert wird. Zusätzlich spielt die Zeit eine Rolle. Die Spender sollten nicht drei Wochen auf ihre Bedankung warten müssen. Durch den Digitaldruck sind wir in der Lage, schnell höchst individuelle Komponenten einzufügen. Wenn die ersten Spenden eintreffen, muss tagesaktuell reagiert werden. Außerdem gibt es bei SAZ noch die Bedankung per Telefon. Das ist auch ein gutes Instrument zur Bitte um regelmäßige Spenden per Lastschrift.

Fundraising-Echo: Viele kleinere Organisationen müssen ohne externe Dienstleister auskommen. Was würden Sie denen für die Planung und Durchführung einer Mailingkampagne raten, damit es kein „Flop“ wird?

Roland Schellwald: Auf jeden Fall sollte rechtzeitig, mindestens acht Wochen vor der Postauflieferung, mit den Vorbereitungen begonnen werden. Zudem sollte nur ein sehr konkretes Anliegen in den Vordergrund gestellt werden. Wie gesagt, je konkreter der Spendenzweck, desto erfolgreicher das Mailing. Darüber hinaus sollte dem Mailing ein sorgsam ausgewähltes Give-away beiliegen, das möglichst gut zum Thema passt. Ich habe außerdem die Erfahrung gemacht, dass sich gerade kleinere Organisationen damit schwer tun, einen klaren Spendenaufruf zu formulieren. Wenn Sie den Spender aber nicht sehr konkret fragen, ob er spendet, dann tut er es in der Regel auch nicht.

 

Das Interview führte Claudia Wohlert.

Roland Schellwald erreichen Sie telefonisch unter +49 5137 88-1144 oder per E-Mail unter roland.schellwald@saz.com.

 

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