Drei Studenten, vier Organisationen, fünf Monate „Entwicklungshilfe“ im Online-Fundraising

NG3O Team Domenic (Mitte oben), Tom (Mitte unten) und Johannes (rechts) in Indien. Foto: © NG3O
Von Roland Schellwald

Tom Rensmann, Domenic Prinz und Johannes Dancker sind Mitte 20 und haben in diesem Jahr ein Abenteuer erlebt, von dem sie noch ihren Enkeln erzählen können. In der August-Ausgabe berichtete Filantro Fundraising Echo bereits über die drei Studenten, die sich im Mai 2018 auf den Weg nach Asien machten, um dort fünf Monate lang „Entwicklungshilfe“ im Online-Fundraising zu leisten. Ihr Ziel: Kleine, effektiv arbeitende Organisationen ehrenamtlich beim Aufbau moderner Online-Strukturen zu unterstützen.

Reicht es, Imagefilme zu drehen, Websites aufzubauen, Social Media-Aktivitäten anzuschieben und weitere Online-Maßnahmen einzuleiten, um nachhaltige Verbesserungen zu erzielen? Welche speziellen Anforderungen waren bei den verschiedenen Einsätzen gefragt und was wurde erreicht? Filantro Fundraising Echo fragte bei den drei Gründern des Vereins NG3O nach.
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Erste Station: Dhaka/Bangladesch

Der erste Auftrag führte die drei Studenten nach Dhaka, die Hauptstadt von Bangladesch. „Die Organisation LEEDO kümmert sich dort um Straßenkinder. Das Online-Fundraising steckte noch ziemlich in den Anfängen und die vorhandene Website war wenig informativ“, erklärt Johannes die Ausgangslage. „Insgesamt waren wir sechs Wochen da und haben einen neuen Webauftritt, ein Blog und ein Newsletter-Tool etabliert“, fasst Johannes zusammen.

Heute arbeitet ein neuer Fundraiser bei LEEDO, die finanzielle Situation hat sich stabilisiert, so dass sogar mit dem Bau eines zweiten Waisenhauses für 50 weitere Straßenkinder begonnen wurde. Die neuen Online-Fundraising-Strukturen tragen zu diesem Erfolg bei.

Zweite Station: Colombo/Sri Lanka

Nach dem Arbeitseinsatz in Bangladesch ging die Reise weiter nach Sri Lanka. In der Hauptstadt Colombo arbeitet die kleine Hilfsorganisation SERVE in Zusammenarbeit mit der Kindernothilfe. SERVE leistet hauptsächlich Hilfe zur Selbsthilfe für Frauen und ihre Kinder, fördert deren Entwicklung und versucht die Mütter zu befähigen, mehr Geld zu verdienen.

Besonders wichtig für die erfolgreiche Arbeit von SERVE sind freiwillige Helfer, die sogenannten Volunteers. Deshalb stand die Anwerbung neuer Volunteers bei der Weiterentwicklung der Online-Aktivitäten im Vordergrund. „Neben einem Imagevideo und der Neugestaltung der Website haben wir ein Konzept für eine Fundraising-Guideline mit einem Crowdfunding-Konzept für die Volunteers entwickelt. Wir hatten uns das Ziel gesetzt, das Spendenvolumen zu verdoppeln“, macht Tom klar und fügt hinzu: „Die Zeit in Sri Lanka war mit vier Wochen allerdings sehr knapp bemessen, so knapp, dass wir mit einem Imagefilm erst in der letzten Nacht fertiggeworden sind.“

In den vergangenen Monaten erhielt SERVE mit Hilfe der neuen Website mehr Anfragen von freiwilligen Helfern. „Leider hat noch kein Volunteer vor Ort mit unserer Fundraising-Guideline gearbeitet, so dass sich noch nichts darüber sagen lässt, ob das Konzept funktioniert“, erklärt Tom den aktuellen Stand.

Dritte Station:  Shimla/Nordindien

Nach ein paar freien Urlaubstagen ging es weiter nach Delhi, von dort aus per Bus in die nordindischen Berge, wo die Studenten die wunderschön gelegene Kleinstadt Shimla kennenlernten. Wohlhabende Inder verleben in dieser Idylle ihren Ruhestand. Aber Shimla hat zwei Gesichter, hier trifft Reichtum auf Armut. Viele arbeitssuchende Frauen kommen hierher, um als Haushaltshilfen zu arbeiten. Männer sind meist als Tagelöhner im Bauwesen tätig. „Diese Menschen können es sich nicht leisten, ihre Kinder auf die private Schule zu schicken und auf den Regierungsschulen ist die Qualität der Ausbildung sehr schlecht“, berichtet Domenic.

Hausaufgaben Tom hilft bei den Hausaufgaben. Foto: © NG3O Als junge Hilfsorganisation betreut die Human Hope Foundation rund 30 Kinder aus armen Verhältnissen. Zusammen mit einigen älteren Frauen helfen ihnen die Volunteers nachmittags bei den Hausaufgaben. Sie basteln zusammen und stellen Kerzen her, die ihre Mütter verkaufen können.

Schon bevor Tom, Domenic und Johannes eintrafen, nutzte die Human Hope Foundation Instagram für die Volunteers-Akquise. „Da lag es auf der Hand, zunächst bei diesem Social Media-Kanal anzusetzen, um das Ganze noch professioneller aufzuziehen. Außerdem haben wir ein Corporate Design und Templates für verschiedene Social Media-Plattformen entwickelt“, erklärt Johannes. Zum Beispiel wurden zwei klassische Image-Videos für YouTube und Facebook produziert und anschließend in bis zu 20 Sekunden lange Bausteine aufgeteilt, um sie für Instagram zu nutzen.

Inzwischen konnte die Human Hope Foundation ihr Follower-Wachstum auf Instagram deutlich beschleunigen und erhält auch mehr Volunteer-Anfragen als früher. Darüber hinaus konnten mit Hilfe der Videos die Anzahl der Verkäufe von Kerzen und anderer Bastelarbeiten gesteigert werden.

Vierte Station:  Varanasi/Nordostindien

Die vierte und letzte Station verbrachten die drei im indischen Varanasi. Beim vierwöchigen Einsatz bei der Organisation Guria wurden sie Zeuge davon, wie skrupellos Menschenhändler vorgehen. Durch gefährliche Einsätze befreien die Aktivisten von Guria Frauen aus dem Rotlichtmilieu, die gewaltsam zur Prostitution gezwungen werden. Sie vertreten die Opfer auch vor Gericht. „Bei Guria wartete eine vollkommen andere Aufgabe auf uns“, sagt Johannes und erklärt: „Wir haben daran mitgearbeitet, ein cloudbasiertes System aufzubauen, auf dem Anwälte online auf die Akten von 600 Menschenhandels-Fällen zugreifen können.“

„Da Guria zurzeit noch täglich neue Informationen in das System einspeist, wird sich erst später zeigen, wie praktisch das System für Anwälte ist“, sagt Domenic.

Hat sich der Einsatz gelohnt? Wie lautet das Fazit?

Seit Ende September sind die drei zurück in Deutschland und stecken schon wieder voll im Studiumsalltag. Asien ist zwar weit weg, aber noch immer in ihren Köpfen. Inzwischen war genug Zeit, um ein Fazit zu ziehen. Hat sich der Einsatz gelohnt? Würden sie es wieder tun?

Johannes antwortet mit einem eindeutigen „Jein“: „Einerseits waren die fünf Monate sehr anstrengend, wir haben viel gearbeitet, es war schon eine Ausnahmesituation. Wir haben nicht immer in der besten Umgebung geschlafen. Aber andererseits haben wir super Organisationen, tolle Menschen und andere Kulturen kennengelernt und vieles gesehen, was andere Menschen niemals sehen werden. Es war ein einmaliges Abenteuer und wir konnten auch einiges erreichen, was hoffentlich auch nachhaltig Wirkung zeigt.“ 
 
Die Freude am Helfen ist ungebrochen, allerdings haben die drei erkannt, dass in den kleineren Organisationen oft nicht die Strukturen vorhanden sind, um den Input aufzunehmen. Selten gibt es jemanden, der für Kommunikation nach außen verantwortlich ist. Deshalb würde das Trio in Zukunft gern mit einer größeren Organisation kooperieren. „Vier Organisationen in fünf Monaten ist einfach zu viel. Nach dieser Erfahrung würden wir uns jetzt wohl eine einzige NGO aussuchen und uns auf diese konzentrieren, wenn wir noch einmal eine solche Aktion starten würden“, sagt Tom und Johannes fügt hinzu: „Außerdem haben wir schon unser nächstes Ziel definiert. Wir wollen ein Netzwerk mit Leuten aufbauen, die Lust daran haben, an gemeinsamen Projekten mitzuarbeiten, zum Beispiel Medienproduzenten oder Digitalberater.“

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