Hochschulfundraising: Es entwickelt sich langsam, aber stetig

Uni Münster

An der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster werden verstärkt Förderer-Netzwerke aufgebaut. Foto: © WWU/Peter Grewer

 

Von Roland Schellwald

Vor sieben Jahren gab das Bundesministerium für Bildung und Forschung den Startschuss für das Deutschlandstipendium. Seitdem profitieren nicht nur Studenten von diesem Programm, es hilft auch dem Hochschulfundraising in Deutschland langsam auf die Beine. Was sich in den Vereinigten Staaten von Amerika und in England längst etabliert hat, entwickelt sich nun auch an deutschen Universitäten: Fundraising-Strukturen und Förderernetzwerke werden verstärkt auf- beziehungsweise ausgebaut. Es herrscht dezente Aufbruchsstimmung.

„Das Hochschulfundraising entwickelt sich langsam, aber stetig", stellt Petra Bölling fest, die an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster die Stabsstelle Universitätsförderung leitet. Das Deutschlandstipendium bezeichnet sie als eine Art „Einstiegsdroge“, die einem sich einstmals schwertuenden Hochschulfundraising seit der Einführung aus den Kinderschuhen hilft.

Gute Gelegenheit, in Kontakt zu treten

Petra Boelling Petra Bölling ist Expertin für Hochschulfundraising.
Foto: © WWU/Peter Grewer
„Das Bildungs- und Wissenschaftssystem ist in Deutschland überwiegend staatlich und öffentlich finanziert – wegen dieser universitären Struktur ist der Druck, sich langfristig Förderer und finanzkräftige Partner zu sichern, nicht so hoch wie in anderen Ländern“, meint Petra Bölling.  Seit der Einführung des Deutschlandstipendiums aber herrscht Auftrieb – denn dadurch bietet sich für Unternehmen, Stiftungen und private Spender die Gelegenheit, relativ einfach und verhältnismäßig kostengünstig mit Hochschulen in Kontakt zu treten.

Beim Deutschlandstipendium werden exzellente Studierende und Studienanfänger, deren bisheriger Werdegang herausragende Leistungen in Studium und Beruf erwarten lässt, monatlich mit 300 Euro gefördert. 150 Euro, also die Hälfte der Mittel, stammen von privaten Geldgebern, die andere Hälfte kommt aus dem Bundeshaushalt. Die Hochschulen müssen die Gelder aus dem Privatbereich selbst einwerben, erhalten dafür vom Staat eine kleine Akquisitionspauschale, die die dadurch entstehenden Personalkosten kompensieren soll. Drei Viertel der deutschen Universitäten nehmen an dem Programm teil. Seit der Einführung steigt der Personalbedarf im Bereich Fundraising, denn viele Universitäten haben neue Stellen geschaffen oder vorhandene Mitarbeiter geschult.

Verschiedene Beweggründe für die Förderung

Warum engagieren sich private Personen und Institutionen für die Studenten? Petra Bölling erklärt die Beweggründe: „Unternehmer versprechen sich durch die Förderung junger Stipendiaten Vorteile bei der späteren Personalsuche, denn so erhalten sie Kontakt zu den besten Studierenden. Alumni freuen sich, durch ihren Beitrag Einblicke in das heutige Studentenleben zu bekommen und junge Leute kennenzulernen. Und viele Stiftungen erfüllen ihren Stiftungszweck, indem sie Stipendien unterstützen.“

So entstehen wichtige Kontakte – und für die Universitäten ergeben sich diverse Möglichkeiten, Förderer zu binden. Dafür gilt es, die Beziehung zu vertiefen und Großspender-Fundraising zu betreiben. „Der Weg führt beispielsweise über die Pflege von Netzwerken, Einladungen zu Veranstaltungen bis zur Vermittlung von Patenschaften für wissenschaftliche Sammlungen“, erklärt Petra Bölling. Die direkte Ansprache ist in diesem Bereich sehr wichtig. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Professoren, die oft als Türöffner fungieren. Sie können ihre fachlichen Themen und den Finanzierungsbedarf authentisch und überzeugend vermitteln.

Neben der Großspender-Betreuung spielt auch das Alumni-Fundraising eine wichtige Rolle. Die emotionale Bindung deutscher Studenten zu ihrer Universität ist längst nicht so hoch wie beispielsweise in den USA. „Immer noch werden in Deutschland Examenszeugnisse manchmal per Post verschickt, anstatt sie feierlich zu überreichen und so den Bezug zur Universität zu steigern“, sagt Petra Bölling. Aber auch dabei hat schon ein Umdenken stattgefunden und es werden neue Wege beschritten. „Heute versuchen wir, die jungen Menschen bereits während des Studiums für uns zu gewinnen und eine langfristige Bindung herzustellen“, macht Bölling klar. In Münster können die Alumni über den Alumni-Club WWU Münster in Kontakt mit der Universität bleiben. Sie erhalten Informationen über die Hochschule, werden zu Veranstaltungen eingeladen und profitieren von Serviceangeboten.

Mit Briefen wirbt der Alumni-Club auch um Spenden, zum Beispiel für das Deutschlandstipendium. „Es dauert aber meist ein paar Jahre, bis wir von den früheren Studenten Spenden erhalten, denn diese müssen ja zunächst beruflich Fuß fassen und selbst genügend Geld verdienen, bevor sie zum Spender werden“, fügt Petra Bölling hinzu.

Quo vadis, Hochschulfundraising?

Wie wird sich das Hochschulfundraising in Deutschland weiterentwickeln? „Es bewegt sich sicher weiter in Richtung Legatswerbung, da werden zum Beispiel Veranstaltungen angeboten, um Spender für den Bereich der Krebsforschung zu gewinnen. Auch die Großspenderbetreuung wird sicher weiter ausgebaut, darüber hinaus nehmen die Stiftungsgründungen zu“, blickt Petra Bölling voraus.

Nach der Meinung von Experten liegt Deutschland beim Hochschulfundraising im Vergleich zu Amerika und England noch immer viele Jahre zurück. Noch sind die Universitäten in Deutschland weit davon entfernt, 400 bis 800 Fundraiser anzustellen, wie zum Beispiel die amerikanischen Elite-Universitäten Harvard und Stanford, die eindrucksvolle Summen einwerben. Aber seit der Einführung des Deutschlandstipendiums ist auch hierzulande deutlich zu spüren, dass sich etwas entwickelt.
 

Als Pioniere im deutschen Hochschulfundraising gelten die private Universität Witten-Herdecke und die öffentliche Technische Universität München, die bereits in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren Millionenbeträge sammelten. Die größte Förderung für eine deutsche Hochschule leistete der inzwischen verstorbene Klaus Jakobs, der über seine Stiftung 200 Millionen Euro an die International University Bremen spendete, die heute Jakobs University heißt.
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