Public Relations und Fundraising – eine (un-)heilige Allianz?

Von Selma Reese

Selma ReeseSelma ReeseSind Öffentlichkeitsarbeit oder Fundraising zwei Seiten einer Medaille? Brauchen beide Bereiche einander und wie wichtig ist das Zusammenspiel für erfolgreiches Spendensammeln? Vier Thesen zum Thema PR und Fundraising versuchen eine Antwort.
 
 
These 1: Public Relations und Fundraising sind Aufgaben der Geschäftsführung
 
„Wie viel Zeit können oder wollen Sie für Fundraising/PR aufwenden?“ Diese Frage sollte sich jede/r Geschäftsführer/in einer Nonprofit-Organisation (NPO) stellen bevor er/sie einen Fundraiser einstellt.
 
Die Bedeutung, die dem Fundraising und/oder der Öffentlichkeitsarbeit beigemessen wird, muss sich in der Organisationsstruktur widerspiegeln. Wenn eine Organisation auf Fundraising ausgerichtet ist und Spendeneinnahmen integraler Bestandteil des Haushalts sind, muss Fundraising direkt bei der Geschäftsführung angesiedelt sein und dann ist PR eine Funktion des Fundraising (siehe These 3).
 
Geht es hauptsächlich darum, leitungsspezifisches Denken und Handeln im Sinne der Unternehmensphilosophie in der Öffentlichkeit darzustellen, die Glaubwürdigkeit und den Grad der Bekanntheit zu erhöhen, ist der Fokus auf PR ausgerichtet. Dann sind Spenden zwar willkommen, aber nicht essentiell notwendig. Spielt das Fundraising also eine untergeordnete Rolle, mag die Position eines Fundraisers oder eine Fundraisingabteilung der Öffentlichkeitsarbeit untergeordnet sein. Diese Positionierung kann übrigens auch Bewerbern einen deutlichen Hinweis auf den jeweiligen Stellenwert der Aufgabe geben.
 
Welcher Schwerpunkt auch gewählt wurde, für beide Bereiche gilt gleichermaßen, dass die diese Positionen bekleidenden Mitarbeiter den direkten Zugang zu strategischen Entscheidungen und Entscheidungsgremien brauchen. Der point of sale für den Verkäufer ist der point of information für den PR-Menschen oder Fundraiser. Wer – bildlich gesprochen – den Informationen hinterherlaufen muss, hat schon verloren. Dass dies in Krisenfällen erst recht stimmt, braucht nicht erwähnt zu werden. Umgekehrt können Mitarbeitende in Fundraising und PR-Positionen, weil sie das Ohr am Spender oder am Puls der Zeit haben, Stimmungen und Sichtweisen „von außen“ beitragen, die für Managemententscheidungen eine wichtige Rolle spielen können.
 
 
These 2: Ein hoher Bekanntheitsgrad führt nicht automatisch zu mehr Spenden
 
„Der Wille und nicht die Gabe macht den Geber“ formulierte einst Gotthold Ephraim Lessing und steht damit in guter christlicher Tradition, denn auch das Scherflein der armen Witwe lehrt uns die Bedeutung des Gebens an sich. Und es ehrt viele Nonprofit-Organisationen, dass sie diese Haltung auch ihrer Danksystematik zugrunde legen. Allen Gebenden gebührt Anerkennung und Würdigung. Vor einer Bewertung sollten sich Fundraiser hüten, wenngleich eine Kategorisierung und Klassifizierung der Spender zum Marketing-Know-how gehört. Eine Gratwanderung, denn die andere Wahrheit stimmt auch: am Ende ist entscheidend, wie viele Mittel aus Fundraising zur Verfügung stehen, um das jeweilige Ziel der Nonprofit-Organisation verwirklichen zu können. Dennoch bleibt ein unkalkulierbarer Rest, denn schon mancher „Kleinspender“ hat für Überraschung gesorgt, wenn er oder sie einer NPO unverhofften Geldsegen bescherte.
 
Es ist das Los der Fundraiser, sich in diesem Spannungsfeld zu bewegen. Und viele Organisationen stecken in einem weiteren Dilemma. Im Wettbewerb um Spender und Spenden ist der Grad der Bekanntheit entscheidend. Nur wer sich in der Wahrnehmung von Spendern einen Platz verschaffen kann und deren Vertrauen genießt, darf auf Spenden hoffen. Doch dieser Satz lässt sich nicht einfach umkehren, denn ein hoher Bekanntheitsgrad oder Sympathiewert führt nicht automatisch zu höheren Spendeneinnahmen. Ein Zusammenwirken mit gemeinsamer Ausrichtung wäre wünschenswert.
 
 
These 3: Public Relations sind eine Funktion des Fundraising
 
Public Relations und Fundraising finden sich in Organisationen meistens als Stabsstellen direkt bei der Geschäftsführung angesiedelt oder bilden zwei Abteilungen in einer Linienfunktion. Dabei ist es nicht selten, dass die Mitarbeitenden der jeweils auf Kommunikation ausgerichteten und auf sie angewiesenen Bereiche nicht oder zu wenig miteinander reden. Häufig ist zu beobachten, dass die Art ihres Wirkens nicht von einer konstruktiven und interdependenten Kooperation geprägt ist, sondern sich eher eine Zusammenarbeit auf der Basis friedlicher Koexistenz ausmachen lässt oder gar Rivalität und Konkurrenzdenken das Mit- bzw. Gegeneinander prägen. Das mag vielfältige Gründe haben: allen voran der jährliche Kampf um Budgets, die unterschiedliche Form der Erfolgsmessung oder schlicht die Vorliebe von Vorständen, die je nach Neigung einen der Bereiche bevorzugen, um nur einige Gründe zu nennen. Kurzum, dies führt allzu oft zu hohen Reibungsverlusten, die PR-Leute und Fundraiser enervieren und zermürben können.
 
Bei einem Blick auf die Ziele beider Bereiche, lässt sich unschwer eine unterschiedliche Ausrichtung ausmachen. Während Fundraising dem Ziel dient, Spender zu gewinnen und zu binden, den Ertrag zu sichern und einer Erlössteigerung zu dienen, werden PR-Aktivitäten unternommen, um den Bekanntheitsgrad von Organisationen zu erhöhen, das Image zu verbessern, eine gute Pressearbeit zu machen und die verschiedenen Beziehungen zur Öffentlichkeit zu pflegen. Die Arbeit der einen lässt sich durch quantifizierbare monetäre Ziele beschreiben, die erforderlichen Budgets errechnen und der Erfolg der Arbeit daran messen. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Arbeit der PR‘ler immer noch ausgeweitet werden könnte, weitere Maßnahmen sinnvoll und damit auch höhere Budgets gerechtfertigt wären, doch mit der Messbarkeit ist das so eine Sache. Berechtigungsnachweise lassen sich zwar durch die Zahl von Clippings/Abdrucken in Zeitungen oder der Medienberichterstattung sowie mit Marktforschung (die wiederum kostet) führen. Doch für spendensammelnde Organisationen ist nun mal entscheidend, was am Ende übrig bleibt. Dafür haben die Öffentlichkeitsarbeiter/innen das Plus auf ihrer Seite, dass sie informieren, für Transparenz sorgen und sensible und wichtige Beziehungen pflegen, während die Fundraiser/innen sich letztlich der Methoden des Marketings und der Werbung bedienen, die wiederum von PR-Leuten argwöhnisch betrachtet und gerne manipulativer Interessen bezichtigt werden. So zieht sich das Spannungsverhältnis zwischen sachlichem Informationsgehalt und emotionaler Werbung bis hinein in die Niederungen jeglicher Kommunikation mit den Spendern und beschäftigt darüber hinaus Buchhalter, Finanzbeamte und Aufsichtsbehörden.
 
Manch „garstiger Graben“ zwischen PR-Fachleuten und Fundraisern ist nur durch klare Ziele zu überwinden. Ist eine Organisation darauf ausgerichtet, Spenden zu sammeln, bleibt das vorrangige Ziel, Einnahmen in Form von Spenden zu erwirtschaften – oft verbunden mit Wachstumserwartungen. Wird aber Profitmaximierung – um das unter Vertretern von Nonprofit-Organisationen verpönte Wort zu gebrauchen – angestrebt, muss PR dem Fundraising dienen und dieses Ziel mit geeigneten Methoden und Maßnahmen unterstützen. Und im Grunde sind beide gar nicht so weit voneinander entfernt, denn es geht beiden um Beziehungen: die einen pflegen public relations und die anderen donor relations.
 
 
These 4: Nur integrierte Kampagnen führen zum Fundraising-Erfolg
 
Wer die Fundraising-Szene beobachtet, kann immer wieder Trends und Strömungen ausmachen, als suchten alle nach einem methodischen Erfolgsrezept. Jahrelang waren Spendenmailings das Mittel der Wahl (und nach wie vor spielen sie eine wichtige Rolle), dann kam ein regelrechter Hype und ohne Internet und Social Media ging nichts mehr. Bis auch da die Ernüchterung eintrat, dass Online-Spenden im Katastrophenfall zwar funktionieren, das Generieren von Spendern und Spenden sich ohne solche Anlässe jedoch schwierig gestaltet. Crowdfunding lautet ein neues Zauberwort und auch hierfür lassen sich erfolgreiche und skurrile Beispiele finden. Wurden einst Firmenspenden noch mit Argwohn betrachtet, folgte der Boom und CSR war in aller Munde, wenngleich unter Corporate Social Responsibility unterschiedlichste Vorstellungen subsumiert wurden. In Zeiten stärkeren Konkurrenzdrucks geraten nun die Marketing-Methoden wieder stärker in den Fokus und die Ausbildung einer NPO als Marke, Markenbildung und -führung sind Trumpf. Nicht zu vergessen – der Run auf die Großspender. Und die Frage, „Haben Sie nicht eine Liste mit Großspendern, die man fragen kann?“, als würden diese nur darauf warten, endlich Geld für ein Projekt ausgeben zu können, ist kein Scherz, sondern durchaus zu hören.
 
Fundraising ist komplex und es gibt kein „Allheilmittel“. Wer zu kurz denkt und zu eher auf kurzfristige Ergebnisse und Spendeneinnahmen setzt, wird langfristig keinen Erfolg haben. Es ist Zeit für einen Paradigmenwechsel: nicht vom Fundraising her zu denken, sondern einerseits die Ziele mehr ins Bewusstsein zu rücken, sei es die Lösung eines Missstandes und die Schaffung von Werten und andererseits den Spender/Geber, der aus Menschenfreundlichkeit handelt und an der Verwirklichung eines Ziele mitwirken will, stärker in den Blick zu nehmen. Eine integrierte Kommunikation mit einer klaren Ausrichtung auf ein Ziel (einer „starke Marke“), einer fokussierten Strategie und systematisch aufgebauten und aufeinander abgestimmten PR- und Fundraising-Maßnahmen, führt zur Veränderung im Denken und Handeln und ist Philanthropie im besten Sinne.

 

Über die Autorin: Selma Reese, Dipl. Coach, Trainerin und Kommunikationswirtin mit langjähriger Erfahrung in PR, Fundraising und Sozialmarketing, s.reese@nexgo.de

 

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