„Wir unterstützen alle Menschen, die sich engagieren wollen“

Interview mit dem Stifter Jürgen Grenz

Jürgen GrenzJürgen GrenzEhrenamtlich tätig sein wollen viele Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Wie kommt man zu einem sozialen Engagement? Bei einer bekannten Non-Profit-Organisation spontan anrufen und nachfragen, schreckt viele Menschen ab. Die Unsicherheit, was einen dort erwartet, ist groß. Schnell fragt sich der Interessierte auch: Was passiert, wenn es mir nicht gefällt? Das größte Problem bleibt aber die Frage: Wie finde ich die richtige Organisation?
 
Um potentiellen Ehrenamtlichen bei der Suche nach der sozialen Einrichtung behilflich zu sein, gründete Jürgen Grenz im Jahr 2000 die Stiftung Gute-Tat.de in Berlin. Ziel war es, eine komfortable Internetplattform zur Verfügung zu stellen. Hier sollten Organisationen, die Ehrenamtliche suchen, sich und die zu unterstützenden Bereiche vorstellen. Da die Bereitschaft, sich langfristig zu binden, geringer geworden war, rief man die Initiative „Engel für einen Tag“ ins Leben. Das Konzept ging auf. Die Stiftung Gute-Tat.de begrüßte Ende 2013 ihren 11.860sten Engel, ein Zuwachs von über 2.000 neuen Anmeldungen im letzten Jahr. Gute-Tat.de vermittelte Ehrenamtliche in über 2.300 neue Engagements in Berlin, Hamburg und München. Und die öffentliche Anerkennung blieb auch nicht aus. Die Stiftung Gute-Tat.de wurde für den Engagementpreis nominiert. Claudia Wohlert sprach mit dem Stifter.
 
Fundraising Echo: Herr Grenz, im Jahr 2000 gründeten Sie Ihre Stiftung Gute-Tat.de. War das mutig oder naiv?
 
Jürgen Grenz: Im Nachgang war es sicherlich etwas von beidem. Schon mutig, weil es meiner Art entspricht, in Dinge reinzugehen und zu versuchen, Ideen umzusetzen.
 
Etwas naiv, weil ich unterschätzt habe, wie viel Verwaltungsaufwand bei der Errichtung entsteht und wie viel für die laufende Organisation notwendig ist. Im Nachgang hat beides mitgeschwungen, aber wenn man zu viel nachdenkt, unterlässt man auch manche Sachen.
 
Fundraising Echo: Eine Stiftung für eine Internetplattform zu gründen, ist ungewöhnlich. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
 
Grenz: Beruflich arbeite ich viel mit dem Internet und so kam der Gedanke auf, ein soziales Projekt in diesem Bereich umzusetzen. Hatte zur damaligen Zeit jemand die Idee, sich sozial zu engagieren, war es relativ schwer, etwas Passendes zu finden. Es gab viele soziale Einrichtungen, aber keine Transparenz darüber, wer was macht, wer Unterstützung braucht, wer Ehrenamtliche sucht. Die Arbeit der Freiwilligenagenturen war mehr auf Einzelberatung ausgerichtet. Man hatte nicht das Gefühl, einen Überblick zu haben.
 
Die Vorteile des Internets, viele Dinge transparent zu machen, wollte ich auf die Arbeit mit Ehrenamtlichen übertragen. Das war die Ursprungsidee: Eine Internetplattform ins Leben zu rufen, die Projekte von sozialen Organisationen enthält.
 
Fundraising Echo: Neben der Internetplattform gibt es in der Stiftung inzwischen die Initiative „Engel für einen Tag“ – ist das überhaupt sinnvoll?
 
Grenz: Die Idee ist abgeleitet von New York Cares, einer Organisation in Amerika, die seit 1987 Kurzzeitprojekte vermittelt. Es geht darum, sich einen Abend, ein Wochenende oder eine bestimmte Anzahl von Terminen zu engagieren. Der Ehrenamtliche weiß genau, worauf er sich einlässt.
 
Vor der Einführung des Projektes „Engel für einen Tag“ fragten wir in unserem Bekanntenkreis nach, ob das Interesse am sozialen Engagement vorhanden sei. Generell war die Bereitschaft da, aber einmal die Woche in eine Organisation zu gehen, war den meisten zu viel. Fragte man aber: Hast du an einem Wochenende Zeit oder an zwei festen Terminen?“, stieg die Hilfsbereitschaft enorm an. Viele der Befragten hatten zudem noch keine Erfahrung mit dem Ehrenamt.
 
Also fingen wir ganz klein an. Zuerst haben wir einen Workshop mit sozialen Organisationen gemacht. Dort gab es zunächst Widerstand. Ehrenamtliche, die einen Tag kommen und dann nicht wieder, das war ihnen fremd. Trotzdem wurde das Projekt gestartet. Der Erfolg war grandios. Das Ganze entwickelte eine Eigendynamik und ist heute unser Referenzprojekt. Wir bieten Angebote mit unterschiedlichen Zeitfenstern an: Es kann nur ein Tag sein, aber auch 10 Termine sind möglich, zum Beispiel für Nachhilfe. Zusätzlich bieten wir weitere Angebote an, in denen sich Ehrenamtliche auch dauerhaft engagieren können.
 
Fundraising Echo: Welche Personengruppe nimmt überwiegend Ihr Angebot wahr?
 
Grenz: Wir unterstützen alle Menschen, die sich engagieren wollen. Besonders für junge Menschen ist das Angebot attraktiv, da sie bei Gute-Tat.de einen niedrigschwelligen Einstieg ins Engagement finden. Der Altersdurchschnitt in unserer Datenbank liegt bei 37 Jahren. Rechnet man die neuen „Engel“ aus dem letzten Jahr hinzu, wird sich das Durchschnittsalter bei 33 bzw. 34 einpendeln. Mit unserem Angebot schaffen wir es, die Zugangshürde zum sozialen Engagement zu reduzieren.
 
Neben den beiden bereits genannten Bereichen bietet die Stiftung Gute-Tat.de auch Firmen an, sich kurzfristig zu engagieren. Das Interesse von Unternehmen an sozialen Projekten steigt ständig. Wir organisieren Ehrenamtstage für Firmen in jeder Größe. Unser größtes Projekt war bisher für 450 Mitarbeiter zusammengestellt.

 

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