Die Perspektiven von „Cause-related“ Marketing

Von Jennifer Odyja

Jennifer OdyjaJennifer Odyja, Mitarbeiterin mit Schwerpunkt Fundraising im DiakonieZentrum Pirmasens. © Jennifer OdyjaDer Wettbewerbs­druck unter den Nonprofit-Organisa­tionen (NPO) hat sich in den vergangenen Jahren verschärft. Nicht nur der Wett­bewerb um Gelder, auch der um neue Spender und die Veränderungen im Spender­verhalten verdeut­licht die Dring­lich­keit neuer Beschaf­fungs­instru­mente. Eine bedeu­tende Möglich­keit, um diesen Heraus­forderungen ent­gegen­zuwirken, ist Cause-related Marketing (CrM).

CrM besteht in einer Partnerschaft zwischen einer Profit-Organisation (PO) und einer Nonprofit-Organisation (NPO), bei der Konsumenten durch den Kauf eines Produkts eine unmittelbare Spende für einen gemeinnützigen Zweck oder eine NPO auslösen. Das Prinzip von CrM geht mit der wachsenden Bedeutung von Corporate Social Responsibility (CSR) beziehungsweise dem Drängen der Konsumenten hinsichtlich der Übernahme von sozialer Verantwortung einher.

Cause-related Marketing ist eine bedeutende Möglichkeit, einerseits das Zuwendungsaufkommen zu erhöhen und andererseits neue Spenderzielgruppen zu erschließen. Zusätzlich kann die öffentliche Wahrnehmung einer NPO durch CrM erhöht werden, um sich dadurch vom Wettbewerb zu differenzieren. Im Rahmen von CSR übernimmt dieser Bereich eine entscheidende Rolle bei der Marktkommunikation mit den diversen Anspruchsgruppen eines Unternehmens.

Es gibt verschiedene Instrumente und Formen, mit deren Hilfe Unternehmen CSR realisieren, Cause-related Marketing ist eine verbreitete. Im Zusammenhang mit CrM wird vielfach von einem Triadischen-Beziehungsgefüge zwischen PO, NPO und Konsumenten gesprochen. Mit Hilfe von CrM sollen ökonomische Ziele und gesellschaftliche Verantwortung miteinander in Einklang gebracht werden. Während Unternehmen CrM im Rahmen der gesellschaftlichen Verantwortung verankern, ist es für NPOs eine Möglichkeit, das Zuwendungsaufkommen zu erhöhen. Insofern kann CrM dem Fundraising zugeordnet werden.

CrM ist in den meisten Fällen an eine Kaufhandlung gebunden. Doch es gibt auch transaktionsunabhängige Formen (kommerzieller) Zusammenarbeit zwischen einer NPO und PO, um zum Beispiel ein bestimmtes Image zu vermarkten. Bei CrM handelt es sich grundsätzlich um eine geschäftliche Beziehung zwischen einer NPO und PO, von der beide Kooperationspartner profitieren. Im Mittelpunkt steht der Konsument – als Auslöser der CrM-Spende. Es gibt verschiedene Formen des CrM:

  • Die Transaction-Based Promotion bezeichnet die Spende eines bestimmten monetären oder nicht-monetären Betrags in direkter Relation zu den Umsätzen an eine oder mehrere NPOs. Ein Beispiel hierfür ist die Aktion „Jede Tube hilft“ von Procter & Gamble. Das Unternehmen spendet für jede verkaufte Tube blend-a-med in einem dreimonatigen Zeitraum einen Cent für die Errichtung eines Gesundheits-Zentrums für SOS-Kinderdörfer in Brasilien.
  • Im Rahmen einer Joint Issue Promotion wollen eine PO und eine NPO gemeinsam auf ein soziales Problem aufmerksam machen. Seit 2008 initiiert die US-Marke Häagen-Dazs die Kampagne „The Honey Bees“, um auf das weltweite Bienensterben aufmerksam zu machen.
  • Der Erwerb einer gebührenpflichtigen Lizenz für die Verwendung des Namens und/oder Logo der NPO wird als Licensing bezeichnet. Der Spielwarenhersteller PLAYMOBIL ist eine solche Lizenzkooperation mit dem World Wide Fund for Nature (WWF) Deutschland und Österreich eingegangen. Im Rahmen dieser Kooperation wurden verschiedene Spiele-Sets, die acht bedrohte Tierarten in ihrem jeweiligen Lebensbereich präsentieren, herausgebracht.
  • Corporate Philanthropy dient der Unterstützung einer NPO sowie deren Mission durch eine monetäre Zuwendung einer PO, wobei die PO bestimmen kann, für welche Zwecke die Spende gezahlt wird. Daimler spendet zum Beispiel 500.000 Euro für die Auslandshilfe „Philippinen“ des Deutschen Roten Kreuzes (DRK).
  • Mit Corporate Foundation ist die Gründung einer Stiftung durch ein Unternehmen gemeint (zum Beispiel die Robert Bosch oder die Bertelsmann Stiftung), die in der Regel NPOs unterstützt, deren Missionen dem Stiftungszweck entsprechen.
  • Während bei Lizenzvereinbarungen Gebühren von der PO an die NPO für die Nutzung des Logos in der Kommunikation der PO (WWF Logo auf einer Verpackung) gezahlt werden, werden beim Sponsoring Gebühren dafür gezahlt, dass eine NPO die PO-Marke mit in die Kommunikationsmaßnahmen einbindet (zum Beispiel WWF-Polar Bear Tracking Programme).
  • Die Gründung einer neuen, nicht auf Gewinn ausgerichteten Einheit zwischen einer PO und NPO wird als Joint Venture bezeichnet. Mit den Kernkompetenzen der jeweiligen Partner sollen gemeinsam Ziele verfolgt und erreicht werden. Unilever und der WWF entwickelten beispielsweise gemeinsam ein Zertifikationssystem zur Identifizierung von nachhaltig produzierten Fischprodukten.

Ziele und Motive der Akteure

Mit CrM-Kampagnen sollen in der Regel drei Ziele erreicht werden:

  1. Imageförderung (PO/NPO-Image, Markenimage, Produktmarkenimage),
  2. Umsatzsteigerung (Kaufverhalten beeinflussen, Abverkauf fördern) und
  3. Spendengenerierung (Spendenaufkommen maximieren, Spendenzweck bekannter machen).

CrM verfolgt aus Unternehmenssicht jedoch in der Regel zwei Absichten:

  1. Die Steigerung des Unternehmenserfolgs.
  2. Die Unterstützung eines sozialen Zweckes beziehungsweise einer NPO. Die Sichtweise der NPO ist nicht- monetär geprägt und fokussiert hauptsächlich auf das Einwerben zusätzlicher Ressourcen und Steigerung der Bekanntheit sowie die Verbreitung der Mission durch eine höhere mediale Präsenz.

Ursprung und Verbreitung

CrM lässt sich auf eine Kampagne von American Express Anfang der 1980er-Jahre zurückführen, bei der Kreditkartenzahlungen an eine Abgabe für ein soziales Projekt gekoppelt wurden. Im Rahmen der dreimonatigen nationalen CrM-Kampagne „When Did You First Fall in Love With Her?“ aus dem Jahr 1983 wurde von jeder Kreditkartenzahlung eine Spende von einem Cent für die Restauration der Freiheitsstatue an die „Statue of Liberty-Ellis Island Foundation“ gespendet. Insgesamt kamen dabei 1,7 Millionen US-Dollar zusammen.

Das „Krombacher Regenwald-Projekt“ wird häufig als „Urmutter“ aller deutschen CrM-Kampagnen hervorgehoben. Im Jahr 2002 engagierten sich die Krombacher Brauerei und der WWF gemeinsam für den Schutz des Regenwaldes in Zentralafrika. Die Brauerei warb in diesem Zeitraum mit dem Slogan „1 Kasten = 1m²“, das heißt, dass Kunden mit dem Kauf eines Bierkastens einen Quadratmeter des Regenwaldes schützen konnten. Krombacher übergab dem WWF im Anschluss an die Kampagne ca. 1 Million Euro für den Schutz von 15.129.378 Quadratmetern Regenwald.

Im Ursprungsland USA ist CrM stark verbreitet und fest in den Marketingstrategien verankert. Seit der 1990er Jahre sind die Ausgaben für CrM von 0,12 Milliarden Dollar auf 1,85 Milliarden Dollar im Jahr 2014 gestiegen. Für das Jahr 2015 prognostiziert die International Events Group (IEG) einen weiteren Anstieg der CrM-Ausgaben um 3,7 Prozent auf 1,92 Milliarden Dollar.

Auch in Deutschland konnte sich CrM über die Jahre entwickeln und seit 2002 gibt es in Deutschland mehr als 150 Unternehmen, die eine CrM-Kampagne durchgeführt haben. Trotz der Entwicklungen in den vergangenen Jahren hat das Konzept bis dato aber nicht den prominenten Status wie beispielsweise in den USA erreicht. Im Zuge des veränderten Käuferbewusstseins erscheint dies allerdings verwunderlich. Hierfür können verschiedene Erklärungsansätze herangezogen werden. Zum einen stellt die Koordination zweier Partner mit grundsätzlich konträren Zielausrichtungen (Gewinn- trifft auf Sachzielorientierung) eine besondere Herausforderung dar. Zum anderen werfen die zeitliche Planung und die operative Ausgestaltung von Kommunikationsmaßnahmen Fragen (zum Beispiel Übernahme der grafischen Gestaltung) auf, die noch nicht zufriedenstellend beantwortet wurden.

Einer Studie zufolge ist die Akzeptanz von CrM in Deutschland jedoch sowohl bei NPOs als auch bei POs hoch. Konsumenten fragen verstärkt Produkte von Unternehmen nach, die sich ihrer sozialen Verantwortung und dem Nachhaltigkeitsgedanken bewusst sind. Der Goodpurpose Report, für den über 8.000 Personen aus 16 Ländern befragt wurden, konnte beispielsweise für Deutschland feststellen, dass Konsumenten bevorzugt Produkte von Unternehmen kaufen, die sich gesellschaftlich engagieren. Bei qualitativ und preislich vergleichbaren Produkten ist der „gute Zweck“ sogar ein ausschlaggebendes Kaufargument. Ähnliche Ergebnisse zeigt der CSR-Report der Nielsen Company.

Glaubwürdigkeit ist einer der zentralen Erfolgsfaktoren und gleichzeitig ein häufig kritisierter Aspekt bei der Betrachtung von CrM-Kampagnen. Ein Unternehmen muss zeigen, dass bei einer solchen Kampagne nicht ausschließlich ökonomische Ziele verfolgt werden, sondern uneigennützige beziehungsweise altruistische Motive im Vordergrund stehen. Aus Konsumentensicht gibt es drei elementare Faktoren, die Glaubwürdigkeit bedingen:

  1. Dauer der Kampagne: CrM-Aktivitäten sind effektiver, je öfter der Konsument/Spender über einen langfristigen Zeitraum über die Beziehung informiert wird.
  2. Transparenz der Kampagne: Je transparenter die Hintergründe und Wirkung der Maßnahme kommuniziert werden, desto glaubwürdiger wird die Maßnahme bewertet. Folgende Aspekte sollten klar kommuniziert werden: Aktionszeitraum, Erklärung der Partnerwahl, Nennung des genauen Spendenbetrags pro verkaufter Einheit, konkrete Angaben über die Verwendung der Spendengelder, kontinuierliche Berichterstattung sowie Produktinformationen zu Eigenschaften und Herstellung.
  3. Auswahl der NPO/PO beziehungsweise die Marken-Themen-Passung: Der PO-NPO-Fit ist maßgeblich für eine glaubwürdige Positionierung der Kooperation. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass der gewählte Partner auch aus Konsumenten- beziehungsweise Spendersicht als passend empfunden wird, das bedeutet die Wertevorstellungen und Missionen sollten grundsätzlich übereinstimmen. Widersprüchliche Werte können als negativ von den Verbrauchern/Spendern empfunden werden und hinderlich für die Kooperation sein.

Integrität ist der vierte Erfolgsfaktor, bei dem ebenfalls ein hoher Fit zwischen dem gemeinnützigen Zweck und der Marke im Vordergrund steht. Dieser Fit sollte aus der Unternehmens- beziehungsweise Organisationsidentität entwickelt werden. Es sollte erkennbar sein, dass die Entscheidung für eine CrM-Kampagne aus einer klaren Strategie abgeleitet ist. Eine thematische Verbindung zwischen dem Kerngeschäft des Unternehmens/der Organisation und der CrM-Kampagne ist grundsätzlich glaubwürdiger.

Fazit

Die langjährige Praxis in den USA, aber auch die Studien aus Deutschland verdeutlichen, dass das Potential von CrM nicht zu verkennen ist. Die partnerschaftliche Kooperation ist für beide Seiten gleichermaßen lukrativ. Einerseits können kurzfristig Absätze gesteigert werden und andererseits zusätzliche finanzielle Ressourcen für NPOs eingeworben werden. Auch lässt sich eine große mediale Aufmerksamkeit für gesellschaftliche Probleme generieren.

Unternehmen können mit CrM der Forderung der Gesellschaft nach sozialer Verantwortung gerecht werden und sich dadurch am Markt von den Wettbewerbern abgrenzen. NPOs können CrM auch zur Wettbewerbsabgrenzung nutzen und gleichzeitig neue Zielgruppen akquirieren. Aber auch positive Auswirkungen auf die Markenbewertung, der Zugang zu neuen Netzwerken oder betriebswirtschaftliche Vorteile sind Chancen, die sich entsprechend für beide Parteien ergeben können.

Genau wie bei jedem anderen Marketing- beziehungsweise Fundraising-Instrument kann CrM jedoch auch Risiken bergen. Beispielsweise können sowohl Konsumenten als auch Spender den sozialen Motiven eines Unternehmens/einer Organisation bei einer solchen Kampagne kritisch gegenüberstehen. Hieraus können eine Ablehnungshaltung und/oder negative Assoziationen mit dem Unternehmen/der Organisation resultieren. Um solche Risiken zu vermeiden, ist es wichtig bei der Planung einer CrM-Aktion oder -Kampagne solche erfolgsbestimmenden Determinanten mit einzubeziehen, die das Vertrauen der Konsumenten/der Spender zu gewinnen vermögen.

 

Die Autorin: Dipl.-Oec. Jennifer Odyja M.A. ist Mitarbeiterin im Marketing mit dem Schwerpunkt Fundraising im DiakonieZentrum Pirmasens. Zuvor war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Lehrstuhl für Kommunikations- und Medienmanagement an der Universität Kassel tätig. Als Assistenz der Studienleitung unterstützt sie die Organisation des Studiengangs „Fundraising-Manager“ an der Fundraising Akademie gGmbH, Frankfurt.

 

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