„Die wenigsten Stellen werden über Jobausschreibungen vergeben“ – Personalberatung im Non-Profit-Bereich

Von Claudia Wohlert

Carola von PeinenWelche Voraussetzungen sind gefragt, um einen Job im Non-Profit-Sektor zu erhalten? Carola von Peinen sagt es Ihnen. © Margarete Redl-von PeinenDer Dritte Sektor ist vielfältig und thematisch breit aufgestellt. Über 2,6 Millionen Menschen sind in gemeinnützigen Genossenschaften und Vereinen, in Wohlfahrtsverbänden sowie Stiftungen beschäftigt. Aufgrund hoher Identifikation und intrinsischer Motivation empfinden die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Arbeitsbedingungen positiv. Und immer mehr Menschen wollen in diesem Sektor arbeiten. Wichtige Einstiegsmotivationen sind neben Spaß an der Arbeit und der Verbundenheit durch eine gemeinsame Sache der Einsatz für andere Menschen und gesellschaftliche Anliegen. Wie Menschen erfolgreich aus der Wirtschaft in den Non-Profit-Bereich wechseln können und Fundraiser die Anstellung ihres Herzens finden, erklärt Carola von Peinen, Mitbegründerin der Personalberatung Talents4Good, im Gespräch mit Claudia Wohlert.

Fundraising-Echo: Frau von Peinen, Sie haben lange bei der Zeitarbeitsfirma Randstad gearbeitet, bevor Sie 2012 gemeinsam mit anderen Talents4Good gründeten. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Personaldienstleister-Portal für den Non-Profit-Bereich ins Leben zu rufen?

Carola von Peinen: Ich war an einem Punkt angelangt, wo ich mich fragte: Wie und wohin entwickele ich mich weiter? Die Themen Nachhaltigkeit und Soziales standen ganz oben auf der Agenda. Sehr wichtig war ethisch korrektes Arbeiten. Bei meiner Recherche fand ich keinen Personaldienstleister, der sich auf solche Vermittlungen spezialisiert hatte. Ich selbst hatte sehr lange bei Randstad Personaldienstleistungen auf bestimmte Branchen und bestimmte Berufsfelder angepasst. Warum nicht selbst etwas gründen? So entstand Talents4Good, ein Personaldienstleister für Organisationen mit gesellschaftlichem Mehrwert in den Bereichen Nachhaltigkeit, Ökologie oder Soziales. Unsere Kunden sind unter anderem Sozialunternehmer, NGOs, Wohlfahrtsunternehmen oder Stiftungen. Unternehmen, bei denen nicht der Profit an erster Stelle steht, sondern es darum geht, ein gesellschaftliches Problem zu lösen.

Fundraising-Echo: Der Arbeitsmarkt für den Dritten Sektor wächst stetig. Für Sie ist es wichtig, die sozialen Herausforderungen mit wirtschaftlichen Ansätzen zu lösen. Suchen Sie somit Kandidaten aus der freien Wirtschaft für gemeinnützige Organisationen?

Carola von Peinen: Nicht nur, aber auch. In vielerlei Positionen ist es notwendig, Wissen aus der klassischen Wirtschaft mitzubringen. Gerade im Bereich Corporate Fundraising sind Menschen, die aus der Wirtschaft kommen, interessant. Sie haben Einsichten in den Aufbau von Unternehmen und wie sie funktionieren. Dadurch fällt es diesen Fundraisern leichter, Sponsoren oder Förderer zu akquirieren. In den Bereichen Finanzen, Business-Development und Unternehmensstrategien werden immer Quereinsteiger gesucht.

Fundraising-Echo: Gestaltet sich die Suche nach geeigneten Kandidaten für eine sinnstiftende Tätigkeit schwieriger als für den klassischen Profit-Bereich?

Carola von Peinen: Anders. Schwieriger würde ich nicht sagen. Die Anforderungen sind andere. Wesentlich ist die Motivation des Bewerbers. Der Kunde will jemanden, der die Mission der Organisation authentisch unterstützen kann. Das in einem Interview herauszufinden, ist etwas anderes, als was ich früher gemacht habe. Wichtig ist herauszuarbeiten, was den Bewerber antreibt. Ist die Basis, ist der Motivationskick so groß, wie es sich das Unternehmen wünscht?

Fundraising-Echo: Nehmen wir an, eine Organisation sucht einen neuen Fundraiser. Welche Kriterien muss die Bewerberin beziehungsweise der Bewerber auf jeden Fall erfüllen?

Carola von Peinen: Sie oder er muss sich hundertprozentig mit der Organisation identifizieren. Hinzu kommen Kenntnisse über den jeweiligen Fundraisingbereich. Zusätzlich ist Kontaktfreudigkeit ein wesentlicher Faktor. Die Fundraiserin oder der Fundraiser muss Menschen begeistern und überzeugen können, damit sie Geld geben. Netzwerke aufbauen zu können, die einem helfen, an finanzstarke Personen heranzukommen, ist eine wichtige Voraussetzung. Dafür ist eine starke kommunikative Seite nötig.

Fundraising-Echo: Was raten Sie Kandidaten aus dem Profit-Bereich, die sich verändern wollen?

Carola von Peinen: Zum einen bieten wir Karriere-Workshops an. Die Teilnehmer erhalten einen Überblick, was der Non-Profit-Sektor ist. Dabei werden die Werte, die Unternehmenskultur, welche Positionen es gibt und wie die Gehälter sind, vermittelt. Ein besonderer Punkt ist das Bewerbungsverfahren. Die wenigsten Stellen werden über Jobausschreibungen vergeben. Entweder stehen die Stellenausschreibungen in internen Newslettern oder aber sie werden im direkten Kontakt kreiert. Die Stelle erhält dann jemand aus dem eigenen Netzwerk. Es ist sehr divers, wie Stellen in dem Sektor entstehen.

Sich nur online auf die Suche von einer Arbeitsstelle zu machen, ist deutlich zu kurz gegriffen. Die Kandidaten müssen in die Netzwerke reingehen. Ich empfehle immer, sich zu überlegen, was treibt mich an? Warum möchte ich mich verändern? Welches Anliegen möchte ich unterstützen?

Als erstes sollte man sich gut informieren. Wen gibt es überhaupt? Wer macht da was? Gibt es eine Veranstaltung, auf die ich gehen kann, um die Systeme kennenzulernen und Zugang zu Informationen zu bekommen?

Ganz wichtig ist zu beachten, dass es eine andere Kultur ist. In der Bewerbung muss herauskommen, dass die Kandidatin beziehungsweise der Kandidat verstanden hat, was die Organisation macht, was für sie wichtig ist. Viele schreiben, nach 20 Jahren im Profitbereich möchte ich meine Fähigkeiten für das Gute in der Welt einsetzen. Das ist zwar gut gemeint, aber solche Bewerbungen bekommen NGOs zuhauf.

Diese Motivation ist schwach. Sie ist sehr auf sich bezogen. Der Bewerber hat sich wenig Gedanken darüber gemacht, warum die andere Seite von ihm profitieren kann. Eine Sinnkrise als Hauptargument zu nehmen, sich irgendwo zu bewerben, ist zu wenig. Damit wird man schnell aussortiert.

Fundraising-Echo: Und was raten Sie Fundraisern, die sich neu orientieren möchten?

Carola von Peinen: Ganz wichtig ist, das Netzwerk zu aktivieren und Informationen zu streuen, dass man auf der Suche ist. In diesem Sektor läuft viel über die Mund-zu-Mund-Propaganda. Ansonsten sollte man auf den einschlägigen Seiten gucken, zum Beispiel The Changer, bei der Fundraising Akademie, dem Deutschen Fundraising Verband und auch auf stiftungen.org. Zusätzlich sollten Bewerber überlegen, wo können noch Fundraising-Qualitäten gesucht werden?

Fundraising-Echo: Was haben Sie persönlich bei der Vermittlung in den Dritten Sektor gelernt?

Carola von Peinen: Die Anforderungen im Non-Profit-Bereich sind sehr anders. Der soziale Sektor arbeitet mit anderen Werten. Das finde ich nach wie vor sehr beeindruckend. Werte sind die Basis für Entscheidungen und führen tatsächlich auch zu Entscheidungen. Außerdem sind die Organisationen wesentlich offener für Diversität. Ob es ältere Menschen sind, die Genderfrage, Menschen mit Behinderungen oder Migrationshintergrund, es besteht eine größere ernstgemeinte Offenheit. In vielen sozialen Organisationen ist heute eine Arbeitskultur zu finden, die in Zukunft in Großkonzernen eingeführt werden muss, damit die Mitarbeiter sich langfristig wohlfühlen. Die Unterschiede zwischen Führung von Mitarbeitern und Führung von Ehrenamtlichen, wo man völlig andere Führungsansätze leben und initiieren muss, ist ein gutes Beispiel dafür, welche Führungskultur wir in Zukunft brauchen. Die Arbeit sollte über Motivation und Wertschätzung als nur über Abhängigkeiten gehen.

 

Carola von Peinen, Geschäftsführerin der Personalberatung Talents4Good, studierte Betriebs­wirtschafts­lehre mit Schwerpunkt Tourismus­management und arbeitete neun Jahre bei einem klassischen Personal­dienstleister. Ende 2012 gründete sie zusammen mit drei Mitstreitern die erste Personal­beratung für den Non-Profit-Bereich. Schwerpunkt­mäßig betreut sie die Bereiche Strategie, Vertrieb und Kunden­betreuung.
Kontakt: carola.vonpeinen@talents4good.org, www.talents4good.org

 

Publikation: 
Rubrik: