Ehrlichkeit als Chance für NPOs

Von Michael Busch

Der folgende Beitrag möchte dazu anregen, über Ehrlichkeit im Umgang mit engagierten Großspendern und Stiftern nachzudenken. Der Autor sieht in Ehrlichkeit eine Ressource, die Non-Profit Organisationen (NPOs) noch mehr nutzen können.

Michael BuschAutor Michael Busch plädiert für absolute Offenheit im Umgang mit Spendern. © Michael Busch „Ehrlichkeit“, werden Sie wahrscheinlich sagen, „ist im Verhältnis einer NPO zu ihren Gebern doch ganz selbstverständlich“. Sind Sie wirklich sicher? Vielleicht ist es aufschlussreich und anregend, sich einmal die folgenden Fragen zu stellen:

  • Werden bei der Vorstellung von Förderprojekten auch die Risiken explizit benannt?
  • Wird die Komplexität einer Problemlage so dargestellt, dass die Beschränkung des Lösungsansatzes deutlich wird?
  • Werden andere Lösungsansätze vorgestellt und findet eine Abwägung statt?
  • Werden auch Fehlschläge mit Gebern besprochen und analysiert?
  • Räumen NPOs ihr Unwissen zu zukünftigen Entwicklungen ein?

Möglicherweise machen diese Frage eine zunächst etwas zugespitzt klingende These plausibel: In den Beziehungen zwischen NPOs und Gebern sind wir von Ehrlichkeit in diesem Sinne oft noch weit entfernt. Dazu trägt bei, dass es in der Tätigkeit von NPOs in der Regel keine Marktkriterien für den Erfolg ihrer Arbeit gibt. Gleichzeitig empfinden sie sich in einer Wettbewerbssituation gegenüber anderweitigen Möglichkeiten des Engagements oder des Konsums. Auch wenn sie die Wirkung ihrer Arbeit inzwischen stärker thematisieren, drückt sich dies im Verhältnis zu Gebern doch oft eher einseitig im Sinne von „Erfolgsmeldungen“ aus. Zwei Gründe könnte es dafür geben:

  • Der Blick von NPOs auf sich selbst: Der idealistische Kontext veranlasst NPOs, problematische Aspekte zurückzudrängen. Unzulänglichkeiten werden als Widerspruch zum Ideal empfunden. Es kann als unsolidarisch gelten, Probleme anzusprechen.
  • Der Blick von NPOs auf Geber: NPOs möchten Geber nicht abschrecken; sie befürchten, die Geber zu überfordern; sie trauen ihnen nicht zu, mit den Informationen umgehen zu können. 

Auch wer der ersten These nicht zustimmen mochte, kann vielleicht dennoch der zweiten These folgen: Ehrlichkeit kann noch mehr genutzt werden, um Vertrauen und nachhaltige Beziehungen zu engagierten Großspendern und Stiftern zu begründen. Partnerschaften mit Großspendern und Stiftern bieten die Möglichkeit der individuellen und differenzierten Kommunikation. Entsprechend dem jeweiligen Reifegrad des Gebers können daher auch komplexe und problematische Aspekte in die Partnerschaft einbezogen werden. Eine solche Einbeziehung wirkt in beide Richtungen:

  • Ehrlichkeit der NPO gegenüber sich selbst: Die idealistische Motivation der NPO wird durch die Anerkennung von Unzulänglichkeiten nicht geschwächt. Die Fähigkeit und Kompetenz zur Problemlösung wird gestärkt.
  • Ehrlichkeit gegenüber den Gebern: Geber erleben einen Vertrauensbeweis, den sie in aller Regel erwidern. Sie sehen sich als kompetent und belastbar behandelt. Es entsteht die Chance der Ausweitung und Verstetigung des Engagements im Angesicht der Herausforderungen.

Ein Geberzitat soll abschließend die Chancen verdeutlichen, die in einer ausgiebigen Nutzung der Ressource Ehrlichkeit liegen: „Wir kennen heute die tieferen Bedürfnisse der Organisation und können gezielt auf diese eingehen. Früher haben wir beispielsweise das Essen für die Kinder finanziert; wenn die sich gefreut haben, war das auch unser Glücksgefühl. Jetzt sehen wir noch viel stärker die Zusammenhänge. Wenn irgendwo ein Mitarbeiter fehlt oder eine Weiterbildung hilfreich wäre, dann finanzieren wir auch dies gerne. An diesen Punkt kommt man nur, wenn man nicht nur die Erfolge, sondern auch die Schwachpunkte miteinander teilt.“

 

Michael Busch leitet seit 2009 das Frankfurter Büro der Haus des Stiftens gGmbH. In dieser Funktion ist er beratend sowohl für Stifter und Förderer, als auch für Vermögensberater und gemeinnützige Organisationen tätig. Er ist Studienleiter der Fortbildung zum Engagement-Berater, die gemeinsam von der Fundraisingakademie, der PHINEO gAG und der Haus des Stiftens gGmbH durchgeführt wird.
michael.busch@haus-des-stiftens.org

 

Publikation: