Investitionen ins Gemeinwohl am Kolleg St. Blasien

Von Wolfgang Mayer

Das Kolleg St. Blasien ist ein international ausgerichtetes Jesuitengymnasium mit Internat für Jungen und Mädchen. Ziel des  Jesuiten-Kollegs ist es, Schülerinnen und Schüler auf ein aktives Mitgestalten der Gesellschaft vorzubereiten: Verantwortungsübernahme für Andere, für das gesellschaftliche Gemeinwohl und die Kirche. Im Jahr 2016 übernahmen Schüler des Kollegs die Hausaufgabenbetreuung für schulpflichtige Flüchtlingskinder in der St. Blasier Flüchtlingsunterkunft.

Schüler der Kursstufe 11 absolvieren jedes Jahr ein zweiwöchiges Sozialpraktikum in gemeinnützigen Einsatzstellen der Region wie zum Beispiel in Behindertenheimen, Hospizen, Sozialstationen, Krankenhäusern etc. Dieses Sozialpraktikum ist ein zentrales Projekt sozialen Lernens im Rahmen des Sozialcurriculums am Kolleg. Neben dem formellen, curricularen Lernen in der Schule sind hierfür auch außerunterrichtliche, außerschulische informelle Lernorte für diesen breiten Bildungsansatz von großer Bedeutung.

Wolfgang MayerWolfgang Mayer ist Leiter für Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit beim Kolleg. Foto: © St. BlasienDas Gemeinwohl steht als zentrales Förderfeld bei Corporate Social Responsibility-Aktivitäten beziehungsweise gemeinwohlorientierten Engagementformen von Unternehmen im Mittelpunkt. Zentral ist die Übernahme von sozialer Mitverantwortung und die Lösung von gesellschaftlichen Aufgaben am Firmensitz und an den Unternehmensstandorten. Das Zweite Vatikanische Konzil definierte diesen zentralen Schlüsselbegriff des Gemeinwohls (bonum commune) in der Pastoralkonstitution Gaudium es spes (Freude und Hoffnung) mit einem breiten Ansatz des menschlichen Daseins: „Die Gesamtheit jener Bedingungen des gesellschaftlichen Lebens, die sowohl den Gruppen als auch deren einzelnen Gliedern ein volleres und leichteres Erreichen der eigenen Vollendung ermöglichen.“

Anerkennung, Beziehung, Dankbarkeit und Gemeinschaft

Die Logik des Gemeinwohls ist die Gabe und das Prinzip der Unentgeltlichkeit in Abgrenzung zur modernen Ökonomie. Vielmehr geht es um die zwischenmenschlichen Kategorien von Anerkennung, Beziehung, Dankbarkeit und Gemeinschaft. Die neutestamentliche Gabenwundererzählung von der Speisung der Fünftausend im Matthäusevangelium kann in dieser Sphäre mit der Tugend der Großherzigkeit im gegenseitigen Brot-Geben/Teilen (nicht Kaufen!) der eigenen (mitgebrachten) Vorräte gedeutet werden.

Diese Sehnsucht nach alternativen Schenk- und Share Economy-Konzepten ist derzeit auch bei den innovativen Pionieren im Silicon Valley zu erkennen. Alljährlich feiert die große Kreativszene das Festival „Burning Man“ in der Wüste im Bundesstaat Nevada, ein Leben ohne Geld nach dem Prinzip der Schenkökonomie. Diese Gaben-Tauschbeziehungen ohne Preise ist viel tiefer in archaischen Gemeinschaften und vorstaatlichen Gesellschaften verankert als die Kauf- und Verkauf-Transaktionen von Waren in der modernen Ökonomie.

Unternehmen übernehmen verstärkt gesellschaftliche Verantwortung

Neben der sozialen Verantwortung des Staates übernehmen auch immer mehr Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung im Gemeinwesen. Vorreiter waren die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) vor Ort, die dies als gesellschaftliche Verpflichtung betrachten und mit dem Firmensitz eng verbunden und verankert sind. Oftmals handeln auch sie lokal im Status von vorbildlichen Bürgern und gute Nachbarn am Standort, in dem sie gesellschaftliche, gemeinwohlorientierte Verantwortung übernehmen jenseits ihres eigenen Geschäftsdenkens.

Der „Erste Engagementbericht 2012“ der Bundesregierung macht als Schwerpunkt das bürgerschaftliche Engagement der Unternehmen deutlich: Der Bereich Erziehung, Kindergarten und Schule gilt mit 75,3 Prozent sogar als bedeutendstes Tätigkeitsfeld und nimmt den Spitzenplatz ein. Damit tragen Unternehmen neben dem Staat und der Zivilgesellschaft wesentlich zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen bei.

In den vergangenen Jahren haben sich viele Projekte und Bildungspartnerschaften mit Wirtschaftsunternehmen etabliert. Unternehmensengagement wird in vielfältigen Erscheinungsformen durchgeführt: freie Kapazitäten, Personalressourcen, Produkten/Sachleistungen, Expertise/Know-how, Geldmittel etc. werden für die gute Sache im Gemeinwohl pro bono oder in einer legitimen Mischform von eigener Gewinnabsicht und gemeinwohlorientiertem Engagement investiert. Kritisch ist reine, verdeckte Public Relations in Gestalt von CSR-Programmen in Hochglanz zu sehen: CSR-Fake.

Im CSR-Kontext wird die Arbeitgeberattraktivität (Employer Branding), Mitarbeitermotivation und Bindung der eigenen Mitarbeiter auf Seiten der Unternehmen immer wichtiger. Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung positionieren sich Firmen als attraktive Arbeitgeber für Jugendliche. Das intensive Werben um die begehrten jungen Absolventen hat begonnen und die Firmen drängen mit neuen Kooperationsformaten an die Schulen.

Wirtschaftsunternehmen als willkommene Partner und Impulsgeber

Beim Fundraising für Schulen geht es zunächst einmal um eine Öffnung der Schulen für das Umfeld, mit dem Ziel, sich im Bewusstsein des jeweiligen Stadtteils oder der Region zu verankern. So können neue Partnerschaften und Kooperationen entstehen. Wirtschaftsunternehmen sind willkommene Partner und Impulsgeber im aktuellen Schuldiskurs, nicht jedoch als dominante Akteure im inhaltlichen Unterrichtsgeschehen.

Im ersten Schritt der Kontaktaufnahme geht es nicht primär um Geldmittel, sondern vielmehr um ein gegenseitiges Kennenlernen, einen Vertrauensaufbau und das sogenannte „Friendraising“ – erst danach kann die Ressourcengewinnung erfolgen. Wenn die Schule einen MINT-Schwerpunkt (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) hat, kann sie von einem technisch orientierten Unternehmen profitieren. Das reicht dann von Sachmitteln wie Messgeräten und technischer Ausstattung der Fachräume bis zu Praxisbesuchen im Unternehmen oder Workshop-Angeboten der Unternehmen an der Schule. Es ist heute auf jeden Fall mehr als eine zeremonielle Scheckübergabe für die Öffentlichkeitsarbeit.

Das Jesuitenkolleg im Südschwarzwald unterhält beispielsweise langjährige Kooperationen mit großen Top-Unternehmen aus der Region, die international aufgestellt sind. Für die Schüler am Kolleg, die Chinesisch als dritte Fremdsprache lernen, organisieren wir zweimonatige Aufenthalte in den Partnerschulen in Jiangyin oder Shanghai. Auch die Unternehmen haben dort Werke und fördern das besondere China-Projekt als Aushängeschild beispielsweise mit einem außergewöhnlichen Abitur-Preis. Im Rahmen der Bildungspartnerschaft zwischen der Testo AG (Lenzkirch) und dem Kolleg St. Blasien vergibt der Messgerätehersteller einen Abiturpreis für hervorragende Leistungen in den naturwissenschaftlichen Fächern. Der Preis besteht aus einem vierwöchigen Auslandspraktikum in der Testo-Niederlassung in Shenzen bei Hongkong (China) und umfasst die fachliche Betreuung vor Ort, die Kosten für Flug und Unterkunft.

St. BlasienDie Internatsschule versteht sich als Ort, in dem auf gute Bildung und
ganzheitliche Erziehung zur Verantwortung für die Kirche und für das gesellschaftliche
Allgemeinwohl Wert gelegt wird.   Foto: © St. Blasien
Ehemalige Schüler können übrigens wiederum gute Botschafter und Türöffner in Unternehmen sein, um neue Partnerschaften anzubahnen. Grundsätzlich unterstützen Firmen gerne gute Schulbildung vor Ort in Form von förderungswürdigen Projekten. Schulen, die erfolgreich Probleme lösen und gute pädagogische Kernarbeit leisten. Schulen sind immer mehr auch harte Standortfaktoren in Stadtteilen oder auch im ländlichen Raum. In ihrem Umkreis siedeln sich Familien an, Unternehmen werden durch ihre Nähe zu einer guten Schule attraktiv für potenzielle Führungskräfte und die Infrastruktur gewinnt. Die Identifikation und Verbundenheit ist oftmals sehr hoch.

Das Kollegsfernsehen (KFS) ist so ein besonderes Leuchtturmprojekt und medienpädagogisches Angebot am Kolleg St. Blasien, das aktive und kreative Medienarbeit mit digitalen Kommunikationstechniken in einem modernen Fernsehstudio ermöglicht. Es wurde 1981 ins Leben gerufen und ist eines der ersten Schülerfernsehen in Deutschland. Ziel ist die Vermittlung von Medienkompetenzen.

Das regelmäßige Nachrichtenformat „Kolleg im Blick“ präsentiert aktuelle Themen, wichtige Ereignisse und Menschen des Schullebens. Die neue Sendung wird immer vor den Schulferien auf großen Monitoren im Schulgebäude, im Fernsehkabelnetz auf den Internatsgruppen und oftmals in der großen Schülerversammlung in der Pater-Delp-Halle präsentiert. Ziel ist die mediale Begleitung des Schullebens, die Stärkung des Gemeinschaftsgeists und die Identifikation mit dem Kolleg. Darüber hinaus eröffnet das Projekt auch Vernetzungs- und Kooperationschancen mit außerschulischen Partnern, zum Beispiel Berufs-/Studienorientierung mit Wirtschafts- und Ausbildungsstätten. Unternehmen aus der Region fördern das KFS finanziell mit Jahrespartnerschaften für alle Sendungen.
 

Das internationale Jesuiten-Kolleg St. Blasius wurde 1934 vom Jesuitenorden gegründet und ist eingebunden in das weltweite Netz der Jesuitenschulen. Das Kolleg ist eine staatlich anerkannte, freie katholische Schule und nimmt Schüler aller Glaubensrichtungen von der 5. Klasse bis zum Abitur auf. Weitere Informationen: www.kolleg-st-blasien.de

Autor Wolfgang Mayer ist Leiter für Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising am Jesuiten-Kolleg St. Blasien im Schwarzwald; davor arbeitete er bereits mehrere Jahre in der Jugendbildung.
Weitere Informationen: www.wolfgang-mayer.de

 

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