Mein Einsatz für Obdachlose: Ein langer Abend im Monat!

Mitternachtsbus


Der Mitternachtsbus fährt täglich 25 Stationen in Hamburg an, um dort Obdachlose zu versorgen.
Foto: © Markus Scholz, Diakonisches Werk Hamburg

Von Roland Schellwald

Seit Jahren nimmt die Zahl der Obdachlosen in Deutschland stetig zu. Gerade in Großstädten wie Hamburg leben immer mehr Menschen, die eingehüllt in Schlafsäcken auf Parkbänken, unter Brücken oder auf dem blanken Beton schlafen. Seit 22 Jahren hilft der Mitternachtsbus wohnungslosen Menschen in der Hansestadt an der Elbe. Über das erfolgreiche Projekt und ein gelungenes Zusammenspiel von Ehrenamtlichen und Spendern sprach das Filantro Fundraising-Echo mit Niclas Rabe, der für den Bereich Stiften und Spenden bei der Diakonie Hamburg zuständig ist.

Fundraising-Echo: Können Sie uns das Projekt „Mitternachtsbus“ kurz beschreiben?

Niclas Rabe Niclas Rabe kümmert sich um das Fundraising.
Foto: © Diakonisches Werk Hamburg
Niclas Rabe: Der Mitternachtsbus fährt täglich – 365 Mal im Jahr – eine feste Route in Hamburg ab und versorgt Obdachlose. Es gibt 25 klar definierte Haltepunkte. 130 Ehrenamtliche sind in vierköpfige Teams eingeteilt und jedes Team ist einmal im Monat im Einsatz, um Brühe, Brot, andere Lebensmittel, Kleidung, Decken und Isomatten zu verteilen. Neben der Notlinderung ist es für uns aber auch sehr wichtig, menschliche Wärme auszustrahlen und zu zeigen, dass wir den Menschen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Oft können wir auch weiterhelfen, zum Beispiel wenn Obdachlose nicht wissen, wo sie sich ärztlich behandeln lassen können oder wissen wollen, wo sie duschen können, wo sie eine soziale Beratung bekommen oder eine Postadresse einrichten können.

Fundraising-Echo: Wie viele Obdachlose gibt es in Hamburg?

Niclas Rabe: Schätzungen gehen von etwa 2.000 Obdachlosen aus, die Dunkelziffer könnte aber deutlich höher liegen. Davon versorgen wir im Sommer täglich bis zu 200 Menschen, im Winter sind es etwa 100. Im Sommer leben deutlich mehr Leute auf der Straße als im Winter.

Fundraising-Echo: Warum gibt es gerade in Hamburg viele Obdachlose?

Obdachloser 130 Ehrenamtliche sind jeweils einen Tag im Monat im Einsatz, um wohnungslosen
Menschen zu helfen. Foto: © Markus Scholz, Diakonisches Werk Hamburg
Niclas Rabe: Die Großstadt zieht diese Menschen an. In einer Kleinstadt fallen sie schneller auf. In der Großstadt gibt es mehr Hilfsangebote. Durch die EU-Erweiterung sind viele Osteuropäer zum Arbeiten nach Hamburg gekommen, hauptsächlich Bulgaren und Rumänen. Manche scheitern und landen dann auf der Straße.

Fundraising-Echo: Ist es nicht sehr schwer, 130 Ehrenamtliche zu gewinnen?

Niclas Rabe: Wir erhalten zum Glück großen Zuspruch. Das Projekt ist attraktiv für Menschen, die ehrenamtlich helfen wollen, auch wenn sie nur wenig Zeit haben: Ihr Einsatz ist ein langer Abend im Monat, der ungefähr um 19 Uhr beginnt und um 0:30 Uhr endet. Viele sagen sich: Das kriege ich hin, das ist auch mit meiner Arbeit vereinbar. Manche Ehrenamtliche sind übrigens schon seit der Gründungszeit vor 22 Jahren mit dabei. Zweimal im Jahr machen wir einen Kennenlern-Tag, bei dem wir den Bus Interessenten vorstellen. Nach einer Schnuppertour und gegenseitiger Sympathie werden die Ehrenamtlich in bestehende Teams integriert.

Fundraising-Echo: Wie finanzieren Sie Ihre Hilfsleistungen?

Niclas Rabe: Wir benötigen im Jahr rund 150.000 Euro, unter anderem für Benzin, Reparaturen, den Kauf von Schlafsäcken, Isomatten und Kaffeebechern und zum Bezahlen von Telefon, Porto und Büromaterial. Um Spenden zu sammeln, verschicken wir Mailings und laden die potenziellen Förderer zu Veranstaltungen ein, zum Beispiel zu einem Spenderessen. Unser Projekt hat einen hohen Regionalbezug, es handelt sich um ein Projekt mit Herz, da ist die mediale Aufmerksamkeit groß. Wir haben das Glück, dass der Mitternachtsbus in der Öffentlichkeit bekannt ist, das ist ein großer Vorteil beim Spendensammeln. Viele Förderer sind uns seit vielen Jahren sehr treu.
 

Weitere Infos über den Mitternachtsbus finden Sie hier.

 

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