Spenden für eine Idee: Crowdfunding-Kampagne für THE HOUSE OF ONE

Von Selma Reese

Selma ReeseSelma ReeseMitten in Berlin soll das weltweit erste Haus für drei Religionen THE HOUSE OF ONE - ein Sakralbau mit Synagoge, Kirche und Moschee - entstehen. Am 3. Juni 2014 startete die ambitionierte Crowdfunding-Kampagne mit dem Ziel, 43,5 Millionen Euro zu sammeln.

Weltweite Aufmerksamkeit
„Die Medienresonanz ist wunderbar“, sagt Pressesprecherin Anna Poeschel, „wir sind sehr zufrieden mit der Resonanz, die Mitteilung über den Start der Kampagne ist um die Welt gegangen. Die Medien berichten in Australien, Brasilien, China, Griechenland, Hongkong, Israel, Kolumbien, Kuwait, Malaysia, Marokko, Russland, Türkei. Natürlich haben wir viel Pressearbeit gemacht, doch wir konnten auch beobachten, wie es fast von selbst geht, wenn die Botschaft erst einmal bei einigen führenden Medien angekommen ist.“

Spenden für eine Idee
Der geplante Bau des Hauses für drei Religionen soll mit Spendengeldern finanziert werden. Im Wert von 10 Euro kann ein Ziegelstein gespendet werden. 4,35 Millionen dieser Steine werden benötigt, um das Projekt zu realisieren. Jeder ist aufgerufen, mitzumachen. Investiert wird zunächst in eine Idee. „Wir sind natürlich davon überzeugt, dass wir dieses Projekt realisieren können und viele von dieser Idee begeistern können. Die Aufgabe für die kommenden Wochen und Monate wird sein, die positive Resonanz in Spenden zu verwandeln“, meint Anna Poeschel. Wenn sich ihre Hoffnung erfüllt und ein Spendenstand von zehn Millionen Euro erreicht ist, soll mit dem ersten Bauabschnitt begonnen werden, voraussichtlich Ende 2015.

HOUSE OF ONEDas geplante Bethaus „HOUSE OF ONE“ ist Moschee, Synagoge, Kirche und Begegnungszentrum zugleich. FOTO: KUEHN/MALVEZZI

Aktueller Spendenstand
Bisher wurden 0,16% des Kampagnenziels erreicht. 68.750 Euro von 777 Spendern (Stand 19. September 2014) sind inzwischen eingegangen. Gleich unterhalb der Navigationsleiste auf der Homepage wird der aktuelle Stand angezeigt und daneben der Spendenbutton. Transparenz wird groß geschrieben. Eine ausführliche Liste häufig gestellter Fragen mit Angaben über die Mittelverwendung gibt erschöpfend Auskunft. Viel Idealismus, großes persönliches Engagement aller Akteure und erhebliche pro bono Leistungen führen dazu, die Kosten für Verwaltung, Programm, Unterhalt und Fundraising mit acht Prozent zu kalkulieren.

Warum eine Crowdfunding-Kampagne?
„Natürlich haben wir uns vorher in Sachen Fundraising beraten lassen“, erläutert Anna Poeschel, „doch wir wollten keine Kapitalkampagne, die erst einmal im Stillen abläuft. Wir wollen von Anfang an viele Leute beteiligen, das entspricht unserer Idee auch viel mehr. Wir fördern den interreligiösen Dialog und jeder kann teilhaben und spenden. Da stellt nicht jemand ein paar Millionen zur Verfügung, sondern die Idee wird von vielen Menschen geteilt - das ist ihr Haus, sie haben dazu beigetragen, dass es entsteht.“

Von langer Hand geplant
Die Idee für das THE HOUSE OF ONE entstand 2009 nach der Fertigstellung der archäologischen Grabungen am südlichen Ende der Museumsinsel. „Wir waren uns schnell einig, dass an einem solch geschichtsträchtigen Ort wie dem Petriplatz, dem Gründungsort Berlins, etwas Zukunftsgewandtes, etwas Visionäres entstehen muss“, erklärt Gregor Hoberg, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde St. Petri - St. Marien. Er fand in Rabbiner Tonia Ben-Chorin und Imam Kadir Sanci Partner, die mit ihm dem Vorstand des eigens gegründeten Bet- und Lehrhauses Petriplatz Berlin e.V. angehören. „Mit unserem Bau wollen wir bewusst den gewaltfreien und offenen Dialog der Religionen und Kulturen fördern. Jeder ist willkommen und eingeladen, ihm bislang unbekannte Seiten der fremden Religion zu entdecken“ beschreibt der Imam das gemeinsame Ziel. „Die Grundidee des THE HOUSE OF ONE ist es, Menschen zusammenzubringen, die wenig voneinander wissen. Denn: Unwissen ist häufig die Basis für Ablehnung“, bekräftigt Ben-Chorin.

Auch einen Plan B
Die Initiatoren der Kampagne sind von ihrer Vision überzeugt und gleichzeitig verantwortungsbewusst genug, um für den Fall des Scheiterns einen Plan B zu haben. Wenn eine Spendensumme von zehn Millionen nicht erreicht wird, sieht die Satzung vor, die eingegangenen Spenden „zum gegenseitigen Verständnis der Religionen durch friedensfördernde, sozial gerechte und die Schöpfung erhaltene Formen des Zusammenlebens beizutragen“ (§ 2 der Satzung). „Der interreligiöse Austausch findet auch jetzt schon statt“, meint Anna Poeschel und verweist auf die zahlreichen Veranstaltungen, Seminare, Gespräche über den Glauben, Friedensgebete etc.

Erste Erfahrungen
„Knapp 70.000 Euro in den ersten Monaten sind ja schon gar nicht schlecht“, resümiert Anna Poeschel, „davon kommt rund die Hälfte aus Deutschland.“ Die Möglichkeit, eine eigene Spendenaktion zu starten, wie auf der Website vom HOUSE OF ONE angeboten, wird noch nicht so richtig genutzt. „Das funktioniert am besten bei Anlässen wie Eheschließungen oder durch Zuwendungen von Trauergemeinden. Da werden wir in Zukunft gezielte Social Media Aktionen starten“, kündigt Anna Poeschel an, will aber noch nichts verraten. Mit Bewunderung erwähnt sie die Ice Bucket Kampagne, die doch zeige, dass auch Millionen in kurzer Zeit zusammenkommen können. „So ein Erfolg wäre zwar schön, doch andererseits ist uns der menschliche Kontakt wichtig. Wir wollen überzeugen und Botschafter für das Projekt gewinnen. Mit jeder Veranstaltung, mit jedem Kontakt über das Internet treten wir mit Menschen in einen Dialog und bauen eine internationale Community auf.“ Demnächst soll die Website in insgesamt sieben Sprachen zur Verfügung stehen. Die Kampagne steht erst am Anfang und wird sicher noch manche Überraschung bereithalten.

 

Weitere Informationen zum HOUSE OF ONE unter www.house-of-one.org

 

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